-6- Alle schönen Männer schwul...

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Okay, dass kommt jetzt SEHR überraschend! Was hat er nochmal gesagt? 'Schon nen hübscher Typ dieser Alex'? Was ist denn mit dem los?!

Auf einmal bricht er in schallendes Gelächter aus.

"Hahaha..., dein Gesicht gerade! Einfach zu göttlich!"

Und wie soll ich das denn jetzt bitte verstehen? Hat er nur einen Scherz gemacht oder wie?! Naja, wenn es einer war, dann ein verdammt Unwitziger!

Er wird ziemlich schnell ernst und schaut mich komisch an. Wahrscheinlich, weil ich gerade ziemlich irritiert schaue, aber seien wir mal ganz ehrlich: Wer würde nicht so reagieren, wenn der kleine Bruder so einen raushaut.

"Sag mal Finn, hast du deinen Humor im Zimmer vergessen oder was?! Das war nur ein Scherz!"

Na also, wie ich's gedacht habe...

"Und jetzt hör auf mich so komisch anzugucken, du machst einem ja regelrecht Angst!"

Er dreht sich schnell weg und ich bin irgendwie nicht weniger irritiert als vorher. Mich beschleicht das Gefühl, dass der vermeintliche Scherz gar keiner war. Genau, und er hat damit überprüfen wollen, wie ich zum Thema schwul sein stehe! OH GOTT, werden jetzt alle um mich rum schwul oder was?! Ich habe wirklich gar kein Problem damit, aber ich meine man muss sich mal in meine heutige Lage versetzen! Erst bequatscht mich Lilly mit dem Schwulsein, dann benimmt sich Alex so komisch mirgegenüber und jetzt auch noch der kleine Satan hier zu Hause. Ich bin echt ein wenig überfordert.

'Ding, Dang, Dong'

Das wird wohl der Pizzabote sein. Ich gehe zur Tür und mache auf. Falsch! Es ist eine PizzabotIN! Eine ausnehmend gutaussehende Pizzabotin sogar. Wieso macht die überhaupt diesen Job? Die könnte doch auch glatt Modeln gehen?

"Guten Abend. Sie haben eine Pizza Salami und eine Pizza Thunfisch bestellt?"

"Ja, was bekommen Sie?"

"13,98€ und deine Telefonnummer."

"Wie bitte, was wollen Sie?"

Die hat doch jetzt nicht ernsthaft nach meiner Nummer gefragt oder? Ist das ein schlechter Scherz?! Sitzt irgendwo jemand draußen im Busch und lacht sich ins Fäustchen?

"13,98€ für die Pizza. Und deine Nummer für's Vergnügen."

Auffällig unauffällig schaue ich an ihr vorbei, ob da noch wer ist. Ich sehe aber keinen.

Die Situation ist mir sichtlich unangenehm und ich drehe mich nach Sascha um und schaue ihn flehend an, nach dem Motto: 'Bitte, bitte komm und hilf mir'

Sascha grinst und kommt nickend auf mich zu. Er tritt, mit dem Geldschein unserer Mutter in der Hand, vor mich und gibt ihn der Pizzabotin.

"Machen Sie bitte 15 und was die Nummer angeht...", er legt einen Arm um meine Hüfte, "...muss ich Sie leider enttäuschen. Die bekommen werden Sie nicht bekommen."

WHAT THE FUCK GEHT DENN MIT DEM AB?!

"Ach schade, alle schönen Männer schwul... Naja was soll's, noch einen schönen Abend euch zwei.", sagte sie, wackelte mit den Augenbrauen und verschwand.

"Na, da haben wir das Kind aber gut geschaukelt nicht wahr mein Schatz?", meinte auf einmal Sascha von der Seite und ließ mich los.

Ja, er hat mich aus einer peinlichen Situation manövriert, aber das hat er auch nur geschafft, indem er eine noch peinlichere kreiert hat.

"Ja, aber komm, lass uns essen sonst werden die Pizzen kalt", sagte ich und ging mit den beiden Kartons in der Hand ins Wohnzimmer und ließ mich auf dem Sofa nieder.

Sascha setzt sich neben mich. Er wirkt auf einmal total schüchtern und ängstlich...

"Du Finn, du bist doch mein geoßer Bruder, kann ich dich mal was fragen?"

"War das schon die Frage oder kommt da noch eine?"

"Jetzt sei doch mal ernst. Das fällt mir hier grade nicht wirklich leicht!"

"Okay, okay, sorry. Frag ruhig."

"Okay... Also... Ich... Ich glaube ich... Ich glaube ich hab mich verliebt."

Während er die ersten Wörter in einer unfassbaren Lahmarschigkeit rausgebracht hatte, schoß er den eigentlichen Inhalt raus, wie aus einer Pistole. Verliebt also, und wo ist das Problem? Wobei... Er geht auf eine reine Jungsschule... Er hat noch nie eine Freundin mit nach Hause gebracht, weder eine beste Freundin, noch eine feste Freundin. Das, und die Aktion von eben machen mich jetzt fast sicher, dass er hier grade so etwas wie ein Coming-Out hinter sich bringt. Ich beschließe einen Vorstoß zu wagen...

"Das ist doch schön, bring ihn doch mal mit nach Hause."

Sascha neben mir erleidet gerade einen Hustenanfall, welcher vermutlich durch meine Aussage in Verbindung mit dem Stück Pizza, was er gerade verdrücken wollte, provoziert wurde. Ich klopfe ihm leicht auf den Rücken. Als er sich wieder einigermaßen gefangen hat, schaut er mich fassungslos an.

"Woher...woher weißt du, dass es ein Junge ist?"

"Ganz ehrlich? Viele sagen ja in solchen Momenten, sie hätten es ja schon immer geahnt. Ich muss sagen: Dass ich überhaupt auf die Idee gekommen bin liegt nur daran, wie du dich heute hier zuhause verhalten hast. Erst machst du diesen Scheinwitz. Da hab ich noch nicht wirklich Verdacht geschöpft, aber als du dich dann so schnell von mir weggedreht hast, würde ich stutzig. Dann diese Aktion mit der Pizzabotin... Und richtig ernsthaft habe ich erst eben daran gedacht, als du meintest, dass das hier nicht leicht für dich sei."

"Okay... Hast du ein Problem damit, also ich meine ist der Gedanke schlimm für dich?"

"Wenn du eine ehrliche Antwort von mir hören willst, ich weiß es nicht. Ich muss mich erst daran gewöhnen, aber eins ist sicher: Ich werde dich dafür niemals hassen! Und du wirst immer mein Bruder bleiben. Ich weiß, wie abgedroschen dieser Satz klingt, aber ich meine es total ernst."

Der kleine Sascha neben mir lächelt mich ganz herzlich an, sodass mir ganz warm ums Herz wird.

"Danke Finn. Vielen, vielen Dank!"

"Ist doch gar kein Problem Großer! aber jetzt iss mal auf, sonst verhungerst du mir noch."

Als wir beide mit dem Essen fertig waren, haben wir uns noch lange unterhalten. Er hatte mir dann auch noch gesagt, wie der Junge eigentlich hieß, in den er sich verguckt hatte und wie er hieß. Also Geschmack hatte er, das muss man ihm lassen! auf die Frage hin, ob er denn auch schwul sei, wirkte Sascha ein wenig bedrückt. Er meinte, dass er es nicht wisse und er ihn noch nicht gefragt habe. Er traut sich wohl nicht richtig.

Jedenfalls habe ich Sascha auf seine Frage hin zugesichert, dass ich ihn mir mal anschaue.

Als wir fertig waren, war es kurz nach Zehn und ich verabschiedete mich ins Bett.

Im Bett dann, muss ich erstmal lachen. Es ist der erste Schultag nach den Ferien gewesen und ich habe heute mehr erlebt, als in den letzten sechs Wochen.

Ich schaltete noch mein iPhone mit meiner Lieblingsplaylist an und schlummerte zu den Klängen von 'Pocketfull Of Sunshine' langsam dahin...

So oder andersrum (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt