-2- Platzprobleme - In vielerlei Hinsicht

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Noch bevor sich die Bustüren geöffnet haben, sehe ich dass der Bus heillos überfüllt ist. Was solls, wenn ich heute noch in meiner Schule ankommen will, sollte ich in den Bus einsteigen. Dies stellt mich aber vor ein recht großes Problem. Ich hasse es zwischen schwitzenden Menschen eingeklemmt zu sein. Ach was tut man nicht Alles um sich in die Schule zu begeben.

Nachdem sich nun auch endlich die Türen geöffnet haben und nur eine einzige Person aussteigt heißt es: Auf ins Gewühl! Der Blondie, der immernoch stirnrunzelnd drein blickt, quetscht sich direkt hinter mir in den Bus und drängt mich immer weiter in die Masse hinein. Ich will mich schon empört umdrehen und ihn zurechtweisen, als ich merke, dass das beim besten Willen nicht funktionieren wird. Es ist SO eng, dass ich überhaupt keine Bewegung mehr tätigen kann.

Sich mit der Tatsache der absoluten Machtlosigkeit abfindet warte ich bis sich die Türen schließen. Aber die Türen schließen sich nicht. Und wie jeder weiß, müssen sich die Türen erst schließen, bevor es weitergehen kann. Und speziell in Berlin weiß jeder, dass die Busfahrer recht schnell recht grantig werden können. Ich zähle langsam in Gedanken rückwärts: "3.....,2......"

"Also wenn ihr da hinten nisch gleisch die Tür freemacht, könnta in die Schule loofen."

Und wer hätte es gedacht, der Busfahrer bittet uns in einer unverwechselbar freundlichen Art Platz zu schaffen. Lange Rede, kurzer Sinn, Irgendwann fährt der Bus, selbstverständlich mit geschlossenen Türen, weiter und nach ungefähr tausend Jahren kommen wir an der Haltestelle in der Nähe meiner Schule an. Der Blondie nickt mir noch einmal zu und grinst mich an. Ich nicke zurück, bin aber leicht irritiert auf Grund seines doch recht gruseligen Grinsens. Ich zucke die Schultern und mache mich direkt auf den Weg zum Schulgelände.

Vor der Schule wartet schon sein bester Freund Timo auf ihn.

"Moin Finn, was geht altes Haus?"

Ich gebe ihm einen, wie ich finde, ziemlich männlichen Handschlag und antworte ihm, dass bei mir alles klar ist und frage ihn zurück.

"Jo, also bei mir ist alles super. Ich hab gestern Jessica flachgelegt. Alta, die war nur am labern von wegen, dass sie mich liebt und so und iwann hat's mich richtig genervt und ich hab ihr gesagt, dass sie abhauen soll. Ey, die hat rumgenervt, wie sonst was. Und geflennt hat die! Ey, nie wieder nehm ich eine schnalle mit zu mir, is mir viel zu anstrengend."

Je mehr er redet, desto weniger höre ich ihm zu. Klar, die Vorstellung, dass er Jessica, eines der hübscheren Mädchen unserer Schule, rumgekriegt hat, ist nicht schlecht, aber mir geht es gehörig auf den Wecker mit welcher Prahlerei und Gefühllosigkeit er das ganze berichtet.

Timo ist einer, der alles nagelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Ich hingegen Suche nach der großen Liebe, klingt kitschig, ich weiß, ist aber so. Ich hatte bisher nur mit einem Mädchen geschlafen. Das war vor zwei Jahren, als ich gerade 14 geworden war und mal ein bisschen rumprobieren wollte. Ich meine, ich sehe jetzt nicht unbedingt aus wie ein Troll und könnte, wenn ich wollte, bestimmt ebenso viele Aufrisse haben wie Timo, aber mir ist so gar nicht danach.

So gesehen ist es schon ein bisschen verwunderlich, dass Timo und ich beste Freunde sind. Wir haben uns bereits in der Grundschule kennengelernt und nachdem wir uns um ein Pausenbrot gekloppt haben, sind wir beste Freunde.

Immer mal wieder überlege ich, warum genau ich eigentlich noch mit ihm befreundet bin. Während des letzten halben Jahres hat er sich sehr stark verändert.

"...HALLO?! JEMAND ZU HAUSE?!"

Timo schaut mich mit einem irritierten Gesichtsausdruck an und fuchtelt wild vor meiner Rübe rum. Jetzt habe ich wieder vor lauter Grübelei die Wirklichkeit aus den Augen verloren.

"Na komm jetzt endlich. Der Ebling wartet nicht Jahre auf uns und wenn wir gleich am ersten Tag zu spät kommen, können wir gute Noten bei dem sowieso vergessen."

Nickend mache ich mich auf den Weg in den Raum. Erdkunde Leistungskurs bei Herrn Ebling, es gibt Schöneres am Morgen.

"Ach die Herren bequemen sich auch mal zu meinem Unterricht. Setzen Sie sich möglichst zügig hin, wir haben viel Organisatorisches zu besprechen. Heute herrscht freie Platzwahl."

Gesagt getan, ich drehe mich vom Pult Weg und will mich auf meinen angestammten Platz in der zweiten Reihe auf der rechten Seite gehen, doch da sitzt ein mir unbekannter Junge, beziehungsweise ein junger Gott. Na schon wieder so ein männlicher Gedanke heute, denke ich mir und gehe auf den Typen zu.

"Entschuldige, ich glaube auf diesem Platz sitzen wir.", ich deute auf Timo und mich.

Er schaut mich aus blauen Augen ziemlich irritiert an.

"Oh, ich wusste nicht, dass das euer Platz ist. Ich kann mich auch woanders hinsetz..."

Etwas veranlasst mich ihn zu unterbrechen.

"Schon okay, dann setz ich mich einfach neben dich, wenn das okay ist..." und mit einem Blick zu Timo "...du wirst es wohl ohne mich aushalten oder?"

"Klar kann ich das."

"Schön, da Sie sich ja nun einig sind, würde ich meine Bitte erneuern und Sie jetzt dazu auffordern sich schnell hinzusetzen.", meint Ebling.

Langsam lasse ich mich auf den Stuhl neben dem neuen Jungen nieder und er beobachtet mich interessiert.

"Hi, ich bin Alex"

"Ich bin Finn."

Welch unspektakulärer Auftakt.

So oder andersrum (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt