-13- Was alle sagen...

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Mit schnellen Schritten ging ich um die Ecke und auf die Bushaltestelle zu. Ich hatte mich nachdem Fabi und ich kurz geschrieben hatten ziemlich beeilt ein bisschen früher als sonst aus dem Haus zu kommen, um vielleicht mal vor ihm an der Haltestelle aufzutauchen. Und ich muss sagen: Es gelang mir, ich war der Einzige der in dem Haltestellenhäuschen, bei dem die Scheiben notdürftig mit rot-weißem Flatterband abgesperrt waren, weil wahrscheinlich wieder ziemlich intelligente Menschen eben diese Scheiben zum zersplittern gebracht haben. Im Sommer ist das nicht so schlimm, im Prinzip sogar eigentlich egal, aber im Winter ist es immer ätzend, wenn man noch nichtmal windgeschützt in der Kälte auf den Bus warten kann. Apropos auf den Bus warten: Ein Blick auf die Anzeige zeigt mir an, dass ich noch 13 Minuten hatte um auf den Bus zu warten. Ich stöpselte also meine Kopfhörer rein und hörte "Boom Clap". Ich schließe die Augen während ich gleichzeitig meinen Mund stumm zu den Lyrics bewege und ich mit meinen Händen auf meinen Oberschenkeln den Beat nachklopfe. <- Ganz schlechte Idee!

Ich bewege mich voll zur Musik und auf einmal höre ich schallendes Gelächter und ich frage mich erst, seit wann denn in dem Lied eine Passage mit Lachen ist, bis ich auf die geniale Idee komme, dass das Lachen von einem anderen Menschen an der Haltestelle kommt und ich ruckartig meine Augen auf mache und aufhöre mich zu bewegen um geradewegs auf Fabian zu gucken, der jetzt, wo er sich sicher war, dass ich ihn angucke, mich total übertrieben nachmachte.

Ich schnaube und drehe mich von ihm weg, verschränke die Arme vor meiner Brust und schiebe meine Unterlippe vor. Dieser Blödmann! Zu allem Überfluss werde ich auch noch rot! Na toll!

"Haha Prinzessin bist du etwa beleidigt?", lachte mich der Blödmann an. Ich reagierte nicht, was in anscheinend irritierte, denn auf einmal ging er in die Hocke vor mein Gesicht und brachte mich dazu ihn anzusehen, indem er seine Hände an meinen Kopf legte und diesen leicht hochzog, sodass ich gar nicht anders konnte als ihn anzugucken. Für einen Moment blieben wir so und schauten uns in die Augen. Aber nicht weil der Moment morgens an der Bushaltestelle so unfassbar romantisch war und wir uns gleich unsere Liebe gestehen und übereinander herfallen, sondern weil ich einfach so perplex war, dass er mich einfach so anfässt...

Irgendwann kann ich mich dann doch befreien und schüttele meinen Kopf wie ein nasser Hund, damit er loslässt was er auch augenblicklich tut.

"Sorry, ich hab das instinktiv gemacht.", meinte er und ich schaue ihn wieder an, aber diesmal ungezwungen.

"Egal, war nicht so schlimm. und jetzt schau nicht wie ein begossener Pudel."

"Okay okay, sag mal: Du meintest vorhin du willst dich mit mir verabreden... Immer noch Interesse?"

"Joa klar, warum nicht.", ich tat auf lässig, obwohl ich das gar nicht war. So ganz wohl war mir bei der Sache nämlich immer noch nicht.

"Na dann, worauf hast du Lust?", fragte er und wackelte mit dem Augenbrauen.

"Darauf jedenfalls noch nicht."

Shit! Ich hatte gerade ernsthaft NOCH nicht gesagt. Auch wenn er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, sah ich wie ein triumphierendes Lächeln über sein Gesicht huschte, wohlwissend was meine Formulierung zu bedeuten hatte... Dass ich unterbewusst dem was er mir unmissverständlich mit seinen Augenbrauen zu verstehen gab, nicht absolut unversöhnlich gegenüberstehe...

"Naja, was nicht ist, kann noch werden.", sagte er und setzte sich schwungvoll neben mich. Als er saß berührten sich, auf Grund der Nähe der beiden Sitze zueinander, unsere beiden Oberschenkel und ich spürte sehr deutlich wie er seinen immer weiter gegen meinen drückt.
Daraufhin schaute ich neben mich und damit ihn an und setzte meinen abschätzigsten Blick auf, den ich parat hatte.

"Lass das, ich bin nicht schwul!"

"Das glaubst aber auch nur du! Haha"

"Ich finde das echt wesentlich weniger witzig als du! Alle um mich herum meinen, dass ich schwul sei, aber ich bin es nicht! Die Betonung liegt auf NICHT! Das nervt!"

So sicher und selbstbewusst das auch rauskam, so unsicherer war ich mir innerlich.
Mein kurzer, kleiner Ausraster hat Fabian zum schweigen gebracht und auch sein Oberschenkel hat sich zurückgezogen, was ich sehr gut finde.

"Der Bus kommt.", sagte Fabi und stand auf. Als ich den Bus selbst sah stand auch ich auf und ging zum Haltestellenschild und versuchte Blickkontakt mit Fabi herzustellen, aber er schaute demonstrativ nicht in mein Gesicht.

"Ach Mensch, jetzt sei mir doch nicht böse! Ich find dich ja total nett und..."

"Nett ist die kleine Schwester von scheiße.", unterbrach er mich trocken.

"Man Junge, ich mag dich irgendwie, frag mich nicht warum, aber es ist so. Und ich wollte dich auch eben nicht angreifen, aber weißt du: Erst meine beste Freundin, jetzt du, ihr beide meint ich wäre schwul, aber man wird doch nicht so von jetzt auf gleich schwul!"

"Ja ich verstehe dich ja, bei manchen braucht das halt ein bisschen länger bis sie es verstehen, war bei mir auch so."

"Siehst du, jetzt meinst du wieder dass ich schwul wäre und mich halt irgendwann outen werde! Ich gebs auf! Glaub doch was du willst!"

Wir waren während des Dialogs in den Bus eingestiegen und haben die letzten beiden Sitzplätze für uns beanspruchen können. Jetzt sitzen wir schweigend nebeneinander und als ich im Begriff bin, auszusteigen, fragt er mich:

"Steht die Verabredung noch?"

"Muss gucken, ich schreib dir..."

"Okay bis dann. "

Und schon war ich aus dem Bus ausgestiegen und atmete einmal tief durch. Und der Tag hatte erst begonnen, na das kann ja heiter werden...

So oder andersrum (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt