Kapitel 27

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Das dunkelhaarige Mädchen, das ich mit Tom zusammen gesehen hatte, starrte mich an. "Das bezweifele ich stark", meinte ich ausweichend und fügte ein "was kann ich dir bringen?" hinzu. "Informationen", grinste sie und setzte sich elegant auf einen der Barhocker. Dabei funkelten ihre großen Ohrringe im schummrigen Licht der Beleuchtung.

Ich lachte einmal kurz auf: "Sorry, aber das ist eine normale Bar, kein geheimer Mafia-Club." Bei meinen Worten musste sie ebenfalls Lachen und entblößte eine Reihe nahezu perfekter Zähne. Was genau fand Tom an mir, wenn er mit jemandem wie ihr abhang. "Schon klar. Nein, ernsthaft, du warst das Mädchen, mit dem Tom vor ein paar Tagen verschwunden ist."

Das klang als hätten wir sonst etwas gemacht. Genau dies sagte ich ihr jetzt auf. Ihr Lachen verschwand nicht. "Alles gut, ich weiß, dass ihr nur über irgendwelche privaten Themen geredet habt. Was, bekomme ich aus Tom nicht raus und auch nicht, wie es bei euch gerade weiter läuft." Was genau wollte sie eigentlich von mir?

War sie so etwas wie Toms Psychostalker, die sich als Freundin ausgab? Mit einem Blick nach rechts sah ich Bert und sendete ihm einen hilfesuchenden Blick, den er aber geflissentlich übersah. "Wer genau bist du eigentlich und was willst du von mir wissen?" Die Brünette schloss den Mund und fuhr sich einmal durch ihre Locken. "Okay, mein Name ist Zendaya, kannst mich aber auch nur Z nennen und ich bin eine Freundin von Tom, die versucht, eine Freundin für ihn zu finden."

Verwirrt nickte ich und fragte dann ein weiteres Mal: "Warum bist du nicht mit ihm zusammen?"-"Ew. Wir sind wie Bruder und Schwester, das wäre praktisch psychische Inzucht." Ich glaube, ich hatte selten eine Person getroffen, die mich so verwirrte wie Z. "Lässt du mich weiter arbeiten, wenn ihr dir sage, dass wir morgen ein Date haben?", meinte ich nur, während ich die Augen verdrehte und ein Glas mit einem Handtuch trocken rubbelte.

"Oh ja, danke. Das war genau das, was ich wollte." Sie hüpfte vom Barhocker und ging fast schon Catwalk-artig zum Tisch der Drei zurück, den ich allerdings vom Tresen aus nicht sehen konnte. Auch wenn ich sie jetzt vielleicht als ein wenig seltsam erachtete, war ich vermutlich nicht anders- nur dass bei meiner Persönlichkeit wohl noch eine kleine Prise von ungewollter Dramatik hineingestreut worden war. Danke an die höhere Macht, die das entschieden hatte.

Ob Tom mich gesehen hatte? Die Frage stellte ich mir jetzt seit mindestens zehn Minuten. Entweder er hatte es, und wollte nicht mit mir sprechen oder, was mir deutlich lieber wäre, er hatte mich nicht gesehen. Vermutlich wollte er aber einfach bei seinen Freunden sein, ich war schließlich nicht seine erste Priorität und das wollte ich auch nicht.

"Ary, wolltest du deine Freunde jetzt bedienen, oder stehst du lieber hier wie ein Fisch herum?", unterbrach mich Bert, während ich gedankenversunken auf die Holzplatte des Tresens starrte. "Kannst du das nicht bitte machen? Ich muss hier leider...Gläser schrubben", redete ich mich heraus und lächelte ihn dann gewinnend an. Bert nickte mit einem spöttischen Grinsen auf den Lippen und schüttelte den Kopf. "Du bist so seltsam." Ich hob eine Augenbraue und zog ein Glas aus der Spülmaschine. "Das habe ich gehört. Dankeschön."

Schnaubend schnappte der Brite sich einen der Zettelblöcke und stolzierte zu den hinteren Tischen. Währenddessen bediente ich die Gäste am Tresen weiter und kümmerte mich um das ganze Geschirr, das sich im Laufe des Abends angesammelt hatte. Bert kam wieder und warf mir als erstes den Block an den Kopf, auf dem die Bestellungen standen.

‘tisch 23, 1x diht coke, 2x cola’ hatte er notiert, worüber ich nur den Kopf schütteln konnte. Bert war noch nie der intelligenteste Mensch gewesen, was aber in diesem Businness auch nicht besonders schlimm war. Er lag, was die Menschen in dieser Bar anging, definitiv im oberen Durchschnitt, wenn man vom IQ ausging.

Was das über den Rest der Kundschaft aussagte, konnte man sich ja bereits denken. Schnell bereitete ich die Getränke auf einem Tablett vor und stellte dies an die Ecke des Tresens, damit Bert es gleich ausliefern konnte. Selbst wollte ich es eigentlich nicht gerne machen, da dies wieder einmal zu einer unangenehmen Situation führen würde, die ich zu gerne vermeiden würde.

Die Stunden vergingen und die Bar lehrte sich mit der Zeit immer weiter. Z, Tom und der andere Mann waren noch immer nicht gegangen, allerdings hörte ich hin und wieder ein Lachen des anderen Jungen, den ich nicht kannte, aus der Ecke, in der sie saßen. Bert und ich begannen langsam damit, aufzuräumen. Ich kümmerte mich um den Tresen, indem ich verschüttete Flüssigkeiten aufwischte und ein weiteres Mal die Spülmaschine einräumte. Bert sammelte verstreute Flaschen und Gläser ein und schaltete die große Beleuchtung aus der improvisierten Tanzfläche aus. Der Wischlappen, mit dem ich das Bier wegwischte, war bereits vollgesogen und stank gewaltig nach Alkohol. Da ich keine Handschuhe hatte, rochen auch meine Hände jetzt bereits entsprechend. Wie schön doch Desinfektionsmittel war.

Als mir eine Strähne ins Gesicht rutschte, wischte ich sie mit dem Handrücken wieder hinter mein Ohr und fuhr dann fort. Manchmal war mein Job doch echt undankbar. Immerhin war heute ein relativ ertragreicher Tag gewesen, da vergleichsweise viele Gäste gekommen waren.

Plötzlich ertönte eine lauter werdende, mir vertraute Stimme: "Kein schöner Stadtteil, ich bin wirklich froh, nicht für immer hier-"-"Tom?", wurde er jetzt von dem Anderen unterbrochen und ich sah, wie alle drei gerade hinter einem Pfeiler herausgetreten waren und mich allesamt anschauten. Toms Gesichtszüge entgleisten ihm kurz, dann gewann er die Fassung aber wieder zurück.

"Hi", grüßte ich verlegen und wollte eine Hand heben, erinnerte mich dann aber daran, dass ich einen vollgesogenen Lappen mit müffelndem Bier in der Hand hielt. Stattdessen nickte ich ihnen nur mit dem Kopf zu. "Hallo", erwiderte Z und starrte die Übrigen an, welche mich nur perplex ansahen. Genau genommen tat dies nur Tom, der Andere starrte auf den Boden und grüßte dann ebenfalls mit einem breiten Grinsen. "Ich bin übrigens Jacob, ich glaube wir kennen uns noch nicht."
Tom sah sehr erleichtert aus, als er mich mit einem "Hi auch von mir" grüßte. Ich verstand nichts von seinen plötzlich umschwankenden Mimiken und blickte daher nur stumm auf den Tresen vor mir. Es herrschte eine seltsame Stille, die niemand so wirklich brechen konnte.

Alle sahen Jacob fast schon froh an, als dieser auf Z deutete. "Kommst du?" Sie nickte und Tom trat ein wenig näher, vermutlich um mit mir zu sprechen. "Sorry-", begann ich, während er im gleichen Moment ein "Ich-" sagte. "Du zuerst", lächelte ich und er fuhr mit seinem Gesagten fort: "Ich wusste nicht, dass du hier arbeitest, also sorry, dass ich hier so erschienen bin, das sollte nicht aufdringlich sein oder so." Verwirrt starrte ich ihn an. Daran hatte ich eigentlich jetzt nicht gedacht. "Alles gut, kannst du ja nicht wissen." Für eine Sekunde sagte wieder niemand etwas, dann hob er den Arm und fuhr sich durch den Nacken. "Dann also bis morgen, schätze ich." Ich nickte und hob einen Mundwinkel. "Dann also bis morgen."

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Ich fahre heute auf eine Sprachreise nach England und muss mal sehen wie das Internet dort ist. Uploads werden aber sicher irgendwie kommen, ich finde da schon eine Möglichkeit.

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(19.07.2019)

undercover; tom hollandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt