Kapitel 70

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Ich hatte es zwar sicher schon oft erwähnt, aber ich war einfach glücklich, endlich mein Leben so führen zu können, wie ich es gerade tat.

Es war mir nie in den Sinn gekommen, dass das, was zwischen Tom und mir war, wirklich so stark war, dass es trotz der ganzen Streitigkeiten nicht zerbrochen war. Rückblickend war es wohl auch die beste Entscheidung meines Lebens gewesen, Harrison zu antworten- denn so hatte ich Tom helfen können und irgendwo auch mir selbst. Dieser kleine Teil in meinem Herzen, der immer an ihn gedacht hatte, war nun einmal nicht verschwunden, auch wenn er mich so sehr verletzt hatte.

Mittlerweile war mir auch klar wie falsch mein Gedankengang früher immer gewesen war. Für mich gab es immer eine Linie, die zwischen Schmerz und Liebe gezogen wurde und ja, vielleicht bestand genau diese Linie auch, aber sie war eben nur eine dünne Linie, ein kleiner Strich auf einem riesigen Papier. Die viel größeren Verbindungen musste man zwischen Liebe und Glück, oder Liebe und Freude ziehen und hier war nicht einmal ein Edding ausreichend.

Mein Fehler am Anfang war es immer gewesen, die großen Linien auszublenden und mich nur auf das Negative zu fokussieren und als Folge davon habe ich mich, als ich Tom kennengelernt habe, ausschließlich auf das Positive konzentriert und nicht bemerkt, dass ich alle Eigenschaften nicht ausblenden muss, sondern einen.

Dies war mir nun gelungen, dachte ich. Die Akzeptanz, dass es negative Stimmungen gab, musste man entwickeln, aber man durfte nie vergessen, dass immer das Positive überdauern würde. Streite gingen in den meisten Fällen vorbei und wenn nicht, dann sollte die Beziehung einfach nicht sein. So war es auch bei Tom und mir gewesen.

Es war zwar nie ein wirklicher Streit, mehr Enttäuschung, Trauer und ein wenig Hass, aber trotzdem war es nur etwas temporäres, eine kurze Dauer, bis wir dieses klärende Gespräch hatten und alles ins Lot gerückt hatten. Manchmal musste man sich einfach auf das Gute an einer Sache fokussieren, auch wenn die Menschheit dazu neigte, immer an das Schlechte zu denken.

Die Geschichten die man nachher erzählt, sind immer die, in denen etwas schief gelaufen ist. Vielleicht sollten wir alle genau diese Gedanken loslassen und ein wenig mehr daran denken, was uns doch tagtäglich alles schönes wiederfährt.

Plötzlich schob sich ein weiterer Gedankenblitz vor mein geistiges Auge und ich drehte mich zu Tom, der gerade ausgeparkt hatte. "Wir müssen über noch eine Sache reden. Das Geld." Tom lachte, was jedoch eher einem Schnauben nah kam.

"Welches Geld?", fragte er dann und sah mich schnell unschuldig an, während er zurück auf die Straße schaute, damit wir nicht eine unschuldige Katze mitnahmen. Dass er jetzt so tat, als wüsste er nicht, wovon ich rede, verwunderte mich kein Stück. Immerhin hatte er es mir nie offiziell erzählt, dass diese 50’000 Dollar, die von jetzt auf gleich auf Moms Konto waren von ihm waren, aber durch meine ‘Recherchearbeit’ hatte ich es schließlich herausgefunden.

"Tu nicht so, als wüsstest du nicht wovon ich rede, ich habe es auf deinem Twitter-Account gesehen." Toms verzog seine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen: "Du kleiner Stalker." Empört öffnete ich den Mund zu einer Antwort, schloss ihn dann aber wieder, weil mir keine einfiel. Keine Antwort war bekanntlich auch eine Antwort.

"Ich musste mich ja informieren", rechtfertigte ich mich dann und winkte mit der Hand ab, "Wir schweifen ab. Das Geld. Ich muss dir wohl erstmal danken und ich weiß nicht genau wie, aber das hat Mom und mir extrem geholfen. Also Danke."

Tom blickte in den Rückspiegel und legte den Rückwärtsgang ein, vermutlich um einzuparken und sagte dabei: "Das Geld kam ja schließlich nicht von mir, sondern von meinen Followern. Falls es dich interessiert, ich habe auch geguckt, dass es nicht möglich ist, dass jemand mehr als 10 Dollar spendet, also ist es für jeden auch nicht lebensverändert gewesen. Also, nichts zu danken, man muss seine Reichweite ja auch nutzen."

Während der ganzen Zeit hatte ich ihn nur angestarrt und war fasziniert davon wie locker er all das nahm. Es handelte sich schließlich um eine Menge Geld, die man auch sicher besser hätte investieren oder spenden können. "Jaa, und die Hälfte war von dir", begann ich dann nach einer kurzen Pause, "Jedenfalls, ich zahle es dir zurück. In der Ausbildung bekomme ich ein wenig Geld und da ich davon immer spare, werde ich dir deine Summe nach und nach zurückgeben."

Tom schaltete das Auto aus und drehte sich nun endlich zu mir. Ein warmes Lächeln hatte sich auf seinem Gesicht breit gemacht, während er sich zu mir rüber beugte, um mich zu küssen. "Brauchst du nicht", murmelte er dann, während er seinen Sicherheitsgurt löste und aus dem Auto ausstieg. "Mache ich trotzdem", rief ich ihm hinterher, während ich das gleiche tat und ebenfalls ausstieg. Ich hörte ein leises Lachen als das Auto klickte, da es abgeschlossen wurde und ging dann schulternzuckend zur Haustür, die Tom gerade aufgeschlossen hatte.

Als ich das Haus betrat, sah ich Tom bereits im Türrahmen zum Wohnzimmer lehnen. "Willst du noch einen Film sehen oder so?", fragte er, während er den Rahmen vor sich fokussierte. Ich zog meine Schuhe aus und stellte mich gegenüber von ihm, um dann schnell ein: "Weiß nicht, schlag du was vor" zu antworten. Er veränderte seinen starren Blick nicht, aber da ich jetzt an der Stelle des Holzes stand, blickte er mich durchdringend an. "Ich bleibe so lange hier stehen, bis du etwas vorschlägst", meinte er mit Miene.

Einige Sekunden später zuckte ein Mundwinkel nach oben und er grinste mich an. Ohne etwas zu erwiedern, lehnte ich mich nur nach vorne und küsste ihn. Er hatte wohl die gleich Idee, denn wir trafen und genau in der Mitte. Dieser Kuss war anders, irgendwie leidenschaftlicher als das, was die vorher immer waren.

Wir küssten uns, als wäre es das letzte was wir tun, als wäre es das einzige, was uns vor dem Ertrinken retten würde. Auch wenn er gesagt hatte, dass er sich nicht aus dem Türrahmen bewegen würde, bis ich ihm sage, was ich maachen wollte, trugen uns unsere Schritte doch langsam, aber sehr bestimmt, in Richtung des Schlafzimmers.

noch zwei Minuten bis zum neuen Jahr..Ende der 2010er und das letzte Kapitel für das Jahr. Nächstes Jahr dann neue!
Danke für alles❤❤

undercover; tom hollandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt