Kapitel 53

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"Ich bereue es. Das alles. Ich hatte gewusst, dass mich so etwas nur noch weiter kaputt machen würde", sagte ich nur und wandte mich ab, um zu gehen. Das war also das Ende. Mein Herz lag in Scherben unter dieser mit Grafitti besprühten Platte,wobei ich keine Kraft mehr fand, es aufzuheben und neuzusammenzusetzen. Ich war fertig mit allem, das mit Liebe zusammenhängt.

Das alles war nur toxisch und gefährlich, was mir eigentlich schon nach Mom und Richard hätte 100 Prozent klar sein sollen. "Stop", unterbrach mich jetzt die Stimme der Person, die für das ganze Schlamassel überhaupt verantwortlich war.
Ich drehte mich mit einem flehenden Blick in den Augen zu ihm um:

"Bitte, lass mich einfach in Ruhe."

Er schüttelte jedoch nur kurz den Kopf und wandte dabei seine Augen nicht von mir ab. Als er begann zu sprechen, tat er das deutlich lauter als zuvor. "Du hast absolut keine Ahnung wie es ist, ich zu sein. Ich stehe zwischen einem Vollzeitjob als Schauspieler, den ich perfekt machen muss, und muss gleichzeitig noch den Schein eines perfekten Teenagers wahren, der ich aber faktisch einfach nicht bin. Für mich ist das auch nicht so einfach wie es aussieht. Ich habe hier in Amerika nichtmal eine Wohnung, sondern lebe regulär in einem Hotel, also bitte, bitte beschwer dich einfach nicht."

Während er sprach bemerkte ich den fehlenden Akzent aus New York, er sprach jetzt ziemlich deutlich mit einem britischen Akzent, vermutlich London.

"Das verleiht dir trotzdem nicht das Recht, so etwas zu tun. Du wusstest genau wie ich mich fühle und du hast mir das trotzdem angetan."-"Weil es keinen anderen Weg gab", entgegnete er, ein verzweifelter Gesichtsausdruck zierte sein Gesicht, dass nur einige Zentimeter von meinem entfernt war. "Es tut mir so leid", fügte er hinzu und wollte nach meiner Hand greifen, die ich jedoch wegzog.
Ich durfte mich jetzt nicht erweichen lassen, sondern musste stark bleiben, für mich und meinem Verstand, der gerade stark dagegenankämpfte, mich nicht einfach umzudrehen und zu gehen.

"Es gibti mmer einen anderen Weg." Kopfschüttelnd sah ich ihm in die Augen und presste die Lippen zusammen. "Leb wohl, Tom", wisperte ich, während ich bereits die Tränen spürte, die über mein Gesicht liefen.

Dann drehte ich mich um und rannte über dieStraße, ohne mich umzudrehen und ihm einen letzten Blick zuschenken. Ich weiß nicht, ob ich es bereuen würde, aber es war das einzige, was rational gesehen sinnvoll wäre. Es musste wohl so enden.

Vielleicht hätte ich mir gewünscht, dass er mir hinterherläuft, mich in den Arm nimmt und mir sagt, dass alles wieder gut wird, denn das hätte ich ihm sicher, naiv wie ich war, ohne zu zögern abgenommen. Aber kam mir nicht nachgelaufen, nicht nach einem Schritt, nicht nach einer Sekunde und nicht nach einer Minute. Das Leb Wohl war eine wirkliche Verabschiedung von all dem gewesen, was ich mit ihm erlebt hatte, egal ob Gutes oder Schlechtes. Ich musste neu anfangen, all diese Lügen vergessen und mich auf die wirklich wichtigen Dinge im Hier und Jetzt konzentrieren.

Die Kontrolle über meine Tränen gewann ich erst an der Haustür zurück, während ich darauf wartete, dass Mom mir aufmachte. Als sie nach einigen Sekunden öffnete, warf ich mich mir in die Arme und begann erneut zu schluchzen. Ich war für sie dagewesen, als Richard starb und sie war für mich da, als meine Beziehung zu Tom starb. Dafür war Familie schließlich gut: Die volle Unterstützung, egal ob in schlechten oder guten Zeiten. Mom fragte nicht einmal, was genau passiert war, sie hielt mich einfach nur fest und das war genau das, was ich in diesem Moment brauchte.

Später, als ich mich ein wenig beruhigt hatte und mit dickem Pullover und Schokoladeneis auf dem Bett saß, beschloss ich, dass ich das alles vergessen würde. Einfach so tun, als wäre all das in den letzten sechs Monaten nicht passiert. Als könnte Richard jeden Moment hineinkommen und mich anschreien. Vielleicht würde ich es sogar genießen, endlich wieder diesen routinierten, unabwechslungsreichen Tag zu haben. Die kleine Glocke, die mich in die Bar läutete, brachte mich von meinen Gedanken ab. Während ich die Treppen hinunter lief, stellte ich mir vor, dass Tom dort untensaß, die Arme aufgestützt und die Hände in den Locken, während er reflektierte, was ich gesagt hatte. Was er wohl gerade machte?

In Gedanken ermahnte ich mich, nicht an ihn zu denken. Er hat dich über Monate hinweg angelogen, schrie eine Stimme in meinem Inneren mich an, vielleicht ist er ein Mörder oder Psychopath. Irgendwo hatte Tom mit seiner Behauptung schon Recht gehabt. So seltsam es auch klang: Ich kannte ihn, auch wenn ich nichts von seiner wahren Identität gewusst hatte.

"Ary, was ist los bei dir?" Bert, der Barkeeper drehte sich mit einem besorgten Blick zu mir um, während er einen Drink zusammenmixte. Warscheinlich hatten ihn die Gläser stutzig gemacht, die ich lustlos in das Regal hinter mir knallte. Mit jedem lauten Klirren stellte ich mir vor, dass mein Herz in weitere kleine Stücke zerbrach. "Mir geht es hervorragend. Wirklich, ganz super", meinte ich und setzte ein falsches Lächeln auf. Bert nickte nur, entgegnete: "Klar, sicher doch." und drehte sich dann wieder um, um den Drink weiter zu mixen.

Ich wusste nicht genau wie ich mich fühlte. Es war eine seltsame Mischung aus gebrochenem Herzen, Hass auf Tom und mich selbst, Hoffnung, Liebe und Trauer, dass ich angelogen wurde. Vielleicht war das, was alle als Liebeskummer betitelten, auch wenn diese Gefühle weitaus stärker waren, als es ein Wort je beschreiben könnte.

Es fühlte sich an als stände ich in Flammen und würde gleichzeitig mit jedem Schritt weiter zusammenbrechen. Fakt war jedoch, dass dieses Gefühl nicht von Dauer sein durfte, da ich sonst meine gesamte Energie in diese Gedanken verschwenden würde. Das Leben ging weiter, wie man so schön sagte und genau das stand jetzt bei mir auf dem Plan. Nach vorne sehen und weitermachen.

Die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen und die Gegenwart, in der Tom für mich nicht mehr existiert, leben.



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Nein,auch wenn es eventuell so aussieht- es ist noch nicht vorbei, es kommen noch einige Kapitel :D

undercover; tom hollandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt