Kapitel 38

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Niall's Sicht

Anna und ich sind noch eine halbe Stunde in dem Park gewesen und sitzen jetzt im Auto auf dem Weg zu ihrer Wohnung.

,,Du wohnst alleine?" frage ich ungläubig, da sie erst zwanzig ist und eine Ausbildung macht. ,,Ja, ich habe mir vor einem Jahr die Wohnung gekauft, weil meine Grandma gestorben ist und ich alles geerbt habe." - ,,Das mit deiner Grandma tut mir leid." - ,,Muss es nicht." lächelt Sie traurig und versucht zu überspielen, wie nah ihr das Ganze geht. ,,Wenn du reden willst, kannst du mir jederzeit schreiben und ich bin in zwanzig Minuten da." sage ich sanft und schaue sie kurz an, ehe ich mich wieder aus die Straße konzentriere.

,,Danke. Ehrlich." - ,,Dafür nicht. Ich habe zwar noch nie jemanden verloren, der mir so nah steht, aber ich denke, dass ich ein ganz guter Zuhörer bin."

Nach ein paar Minuten kommen wir bei ihr an und steigen aus. Sie holt die Schlüssel raus und schließt die Tür auf. Sie wohnt in einem schönen Mehrfamilienhaus und ihre Wohnung ist im zweiten Stock.

,,Hereinspaziert." sagt sie und macht eine einladende Handbewegung. Ich ziehe meine Jacke und meine Schuhe aus und sie tut es mir gleich. Der Flur ist in einem hellen Ton gestrichen und es steht eine kleine Kommode neben der Garderobe. Wir gehen den kleinen Flur entlang und stehen direkt im Wohnzimmer. Links steht ein Sofa mit Fernseher und einem großen Bücherregal und rechts ist die offene Küche. Es ist ordentlich und alles ist freundlich und hell.

,,Schön hast du's hier." sage ich und sie geht auf das Bücherregal zu. Sie nimmt eins heraus und wir setzen uns auf ihr hellgraues Sofa. ,,Das ist The Soul. Ich habe es vor ungefähr zwei Monaten beendet."

Sie reicht mir das Buch und ich fahre über das Cover. ,,Ich konnte nur ein einziges drucken lassen, da der Verlag mein Buch nicht veröffentlichen wollte. Aber gegen Bezahlung durfte ich ein Exemplar drucken lassen."

Die verschnörkelte Schrift passt perfekt zu dem Bild, das auf dem Cover ist. Ich drehe es um und lese den Klappentext. Während ich mich auf den Text konzentriere, schiele ich einmal kurz zu Anna rüber und merke, dass auch sie mich anschaut. Lächelnd lese ich weiter und werde förmlich in den Bann gezogen von Eliza und Toby.

,,Wow, das ist unglaublich." staune ich, als ich fertig bin. ,,Danke." lächelt sie verlegen. ,,Du kannst es gerne ausleihen und lesen, wenn du möchtest." - ,,Ja, ich würde das sehr gerne lesen."

,,Möchtest du etwas trinken? Ich habe alkoholfreies Bier und einen Rotwein." - ,,Ein alkoholfreies Bier wäre toll."

Sie holt uns beiden eins und setzt sich wieder neben mich, dieses Mal deutlich näher.

,,Willst du einen Film gucken?" fragt sie nach einer Weile, in der wir uns noch über die Tour unterhalten haben. ,,Ja, welche hast du denn?" frage ich und sie steht auf. Es ist mittlerweile schon 20 Uhr und es dämmert. Die letzten Sonnenstrahlen verblassen am Himmel.

,,Bridget Jones, Titanic, Fluch der Karibik, Grease, Sex Pact, Briefe an Julia, Bohemain Rhapsody,... Such dir was aus."

Sie zeigt auf die oberste Spalte Ihres Bücherregals und ich stehe ebenfalls auf. ,,Fluch der Karibik?" schlage ich vor und sie nickt lächelnd. ,,Ich hatte gehofft, dass du diesen Film nimmst."

Sie legt den Film ein und wir setzen uns wieder nebeneinander. Ich kann mich kaum auf den Film konzentrieren und lege irgendwann einen Arm um sie. Ich glaube, sie lächelt.

Wir trinken zwischendurch immer wieder unser Bier, aber mein Arm liegt die ganze Zeit an ihren Schultern und meine linke Hand liegt an ihrem Arm. Irgendwann fange ich unbewusst an, kleine Kreise zu malen.

,,Ich habe noch nie verstanden, wieso Jack Sparrow irgendwie bei jedem Schulden hat. Und wie kann man jemanden bei einer Hinrichtung bitte Glück wünschen?" fragt sie nach einer Weile und ich muss lachen.

,,Ich schätze, das weiß nur er höchstpersönlich." - ,,Die Geschichte ist brilliant. Ich würde so gerne die Charaktere treffen." sagt sie und seufzt. Sie hat so etwas Magisches an sich. Sie ist etwas ganz Besonderes.

Der Film geht über drei Stunden, aber irgendwann wird sie müde. Es ist mittlerweile schon fast 23 Uhr und ihr Kopf fällt gegen meinen Oberkörper. Anna ist eingeschlafen. Ich betrachte sie lächelnd und streiche wieder über ihren Arm. Mit der anderen Hand wickle ich mir eine ihrer blonden Strähnen um den Zeigefinger. Ihre Haare sind weich und riechen nach Kokosnuss.

Und ich merke nicht, wie auch ich in das Land der Träume abdrifte.

Am nächsten Morgen...

Ich werde von der Sonne wach, die durch das große Fenster scheint. Langsam öffne ich meine Augen und bemerke, dass ich liege. Und Anna liegt mit ihrem Kopf auf meiner Brust. Ich habe einen Arm um sie gelegt und realisiere erst kurz später, was gestern alles passiert ist.

Ich fahre mit meinen Fingern langsam durch ihre Haare und streiche ihr eine Strähne aus der Stirn. Sie murmelt irgendetwas und will sich drehen, merkt aber, dass ich sie festhalte.

,,Niall, was..." bringt sie überrascht hervor, als sie ihre Augen aufmacht. ,,Bin ich beim Film eingeschlafen?" - ,,Ja, ich auch." lache ich leise und meine Stimme ist tiefer, als sonst. Sie versteckt ihr Gesicht beschämt in ihren Händen und lässt ihren Kopf wieder gegen meine Brust fallen. Ich schmunzle nur und lege vorsichtig wieder einen Arm um sie.

,,Hast du wenigstens gut geschlafen?" frage ich sie nach ein paar Sekunden. ,,Ja, und du?"

Ich nicke grinsend und male wieder wirre Muster auf ihren Arm. Sie seufzt und legt eine Hand auf meine Brust. Es ist die Stelle über meinem Herzen.

,,Hast du Hunger?" fragt sie. ,,Es wäre komisch, wenn ich mal keinen hätte." lache ich und sie setzt sich auf. Ihre Haare sind zerzaust und ihre Mascara ist ein bisschen verschmiert und trotzdem sah sie noch nie so bezaubernd aus, wie an diesem Morgen.

,,Was ist?" fragt sie belustigt, als ich sie wohl etwas zu lange angeschaut habe. ,,Nichts, du siehst nur süß aus." sage ich und mein Mundwerk war mal wieder schneller als mein Gehirn.

,,Ähm.. Danke nehm ich an?" lacht sie und steht auf. ,,Ich hoffe, du magst Pancakes?" ruft sie aus der Küche, wo sie sich gerade an irgendeinem Schrank zu schaffen macht.

,,Pancakes sind das Beste, was es gibt." grinse ich und gehe ihr nach.

Sie steht am Herd und stellt die Platte unter der Pfanne auf Stufe sieben. Dann fängt sie an, irgendwelchen Kram aus allen möglichen Schubladen zu holen und ich kann kaum gucken, da ist der Teig fertig.

Vorsichtig lege ich meine Hände von hinten an ihre Taille und stelle mich so, dass ich über ihre Schulter schauen kann. ,,Kochst du oft?" frage ich. ,,Eigentlich jeden Abend. Und am Wochenende auch mittags für mich und meine Schwester, weil sie oft vorbeikommt." - ,,Ihr steht euch sehr nahe, oder?" - ,,Ja, sie ist meine beste Freundin. Ich liebe sie mehr als mein Leben." antwortet sie und lächelt.

Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und schlinge meine Arme um ihre Taille. Mein Kinn lege ich auf ihrer Schulter ab und sage leise: ,,Du bist so bewundernswert, Anna."

Sie dreht sich in meinen Armen um und schaut mich an. Eine Weile sagen wir beide nichts. Dann kommt sie mir plötzlich näher und ich lege behutsam eine Hand an ihre Wange. Es sind nur wenige Zentimeter zwischen unseren Gesichtern. Ich kann ihr Parfüm riechen und schaue kurz zu ihren Lippen runter. Als ich ihr wieder in die Augen schaue, weiß ich es einfach.

Ich überbrücke die letzte Entfernung zwischen uns und küsse ihre Lippen. Sie liegen sanft auf ihren und erst geschieht nicht viel. Nach ein paar Sekunden bewege ich meine und sie passt sich an. Es ist nur ein kurzer Kuss und wir lösen uns wieder voneinander.

,,Du bist auch bewundernswert, Niall." sagt sie und lächelt. Irgendwie hat sie es geschafft, in der kurzen Zeit sechs Pancakes herzuzaubern und legt sie auf zwei Teller. Wir setzen uns an ihren Tisch und essen. Dabei lächeln wir uns die ganze Zeit an und ich weiß, dass sie etwas ganz Besonderes ist.

forever loving you - Larry Stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt