35. Kapitel

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Mein erster Eindruck des Fotografen Matteo hat mich nicht getäuscht. Er ist herrisch, kommandiert herum und ist mit nichts zufrieden. Dauernd muss die Belichtung nachgebessert werden oder das Make-Up aufgefrischt. Olga und Andy stehen unter dauerhaften Stress und eilen ständig hin und her. Doch auch ich bekomme mein Fett weg. 

Nicht nur im sekundentakt neue Posen, ein neuer Winkel oder ein anderer Gesichtsausdruck. Ich muss von Stühlen springen, Blumen antanzen oder gummimenschenartige Verrenkungen abliefern, während mich Matteo mit widerlichen Blicken mustert und gerne auch mal selbst Hand anlegt und meine Arm, Beine oder meinen Kopf in die gewünschte Richtung dreht. Und auch wenn schon viele Fotografen dies getan haben, fühlen sich die Berührungen des Italieners immer eine Sekunde zu lang und zu unangenehm an. Das Shooting verlangt mir alles ab und ich verwünsche nicht nur einmal meine Agentur.

Wir haben mittlerweile späten Nachmittag und ich lege gerade eine kleine Pause ein, als Olga mit meinem angekündigten neuen Outfit ankommt. Während ich den ersten Teil des Shootings bodenlange, weite Kleider getragen habe, wobei ich mich ein bisschen wie eine schwebende Elfe fühlte, kommt nun das Gegenteil. 

Ein kurzes, enges, schwarzes Kleid, welches stark an der Grenze zur unangenehmen Freizügigkeit kratzt, aber noch genug verdeckt, um nicht schreiend Einspruch zu erheben. Das Kleid besitzt einen weiten V-Ausschnitt und wird nur durch zwei dünne Träger oben zusammengehalten. Nicht sehr begeistert, beiße ich ein letztes Mal die Zähne zusammen.

Zwei Stunden später sind wir tatsächlich fertig. Draußen ist es schon stockdunkel und meine Füße schmerzen von der langen Zeit in den hohen Schuhen. Auch Andy und Olga scheinen sehr erleichtert, dass das Shooting ohne weitere Zwischenfälle zu Ende gegangen ist. Während ich meine schmerzenden Füße massiere, höre ich plötzlich Matteo am anderen Ende des Raums, wo er schon fleißig auf seinem Computer herum tippt.

„Ciao Liza, möchtest du sehen schon ein paar der Shooting Ergebnisse?"

„Ja, klar", antworte ich ihm, teils aus Höflichkeit, teils aus Neugier. Ich gehe zu ihm herüber und schaue auf den Monitor und bin wirklich positiv überrascht. Verblüfft schaue ich dabei zu, wie der Fotograf durch die Ergebnisse klickt.

Förmlich jedes einzelne Bild scheint seinen ganz eigenen Touch zu haben. Die Bilder strotzen nur so vor Ästhetik, jedes Element scheint zu stimmen und ineinander überzugehen und ich verstehe zum ersten Mal, warum der Italiener international so erfolgreich ist.

„Und?", will dieser von der Seite wissen.

„Die Bilder sind wirklich der Hammer", rufe ich euphorisch, wobei ich spontan, überrascht von meiner eigenen Begeisterung, rot werde.

Daraufhin lacht der Fotograf lauthals. Allerdings nicht schmierig oder eklig, sondern das erste Mal echt und tatsächlich freundlich. Ich schaue wohl ziemlich überrascht, denn Matteo lacht erneut auf: „Ragazza, das hier ist Business. Und wir alle wollen sopravvivere – überleben". Bevor ich ihm aber darauf antworten kann, spricht mein Gegenüber  schon weiter.

„Soll ich per te ein paar Bilder ausdrucken? Für Mappe du wissen?"

Ich vermute, dass er mir in seinem brüchigen Englisch anbietet, ein paar der Bilder für meine Modelmappe auszudrucken und freudig stimme ich zu.

„nessun problema, ich haben spezial Drucker. Andy oder Olga helfen werden dir. Ich nämlich jetzt los. Immer wichtig, du weißt." Erklärt er mir augenzwinkernd und bringt mich tatsächlich zum Schmunzeln. Vielleicht ist er doch gar nicht so schlimm.

Mit Küsschen rechts und links verabschiedet er sich kurz darauf von mir. Ich sehe ihm noch kurz hinterher, bis die Tür endgültig ins Schloss fällt. Gut gelaunt drehe ich mich wieder zu Olga und Andy um, die in der Zwischenzeit das Atelier sauber gemacht haben, Während Andy noch die letzte Ausrüstung verstaut, steht Olga schon mit ihrem Mantel in der Hand vor mir.

„Kann ich schon gehen", fragt sie mich in ihrer schüchternen Art, während sie unruhig von rechts nach links tippelt. „ich hab noch einen Arzttermin und ich wusste nicht, dass ich so lange bleibe", stammelt sie.

„Na klar", versichere ich ihr. „Das Kleid bekomme ich auch alleine gewechselt und dann fahre ich auch gleich nach Hause". Dankbar lächelt sie mich an und mit einer festen Umarmung verabschiede ich mich von der netten Dame. Als auch sie die Wohnung verlassen hat, laufe ich zu meiner Tasche und beginne Shawn zu schreiben. Gerade habe ich den ersten Satz fertig, da höre ich Andy von oben meinen Namen rufen. „Liza, kommst du mal? Die Fotos sind fertig"

Achtlos lasse ich mein Handy fallen und eile voller Vorfreude die Treppe hinauf. Oben ist ein weiterer großer Raum, welcher aber nur von einer schummrigen Lampe beleuchtet wird. Die Atmosphäre wirkt etwas unheimlich und dadurch etwas langsamere tapse ich nun durch den Raum auf die schemenhafte Gestalt am anderen Ende zu. Dort steht Andy neben einem großen Drucker und hält mir vier Fotos entgegen. „Danke", spreche ich, während ich die Fotos entgegen nehme.

„Willst du ein bisschen Licht, um dir die Fotos anzugucken", fragt Andy nach. „Gerne", lächle ich ihn an. Er entzündet eine naheliegende kleine Lampe und ich halte die vier Fotos in den Lichtschein. Matteo hat wirklich vier tolle Fotografien gewählt, welche mich sofort in den Bann ziehen. Bestimm werden diese auch Shawn gefallen, denke ich mir.

„Und", will Andy wissen.

„Sie sind toll", freue ich mich  ehrlich. „Matteo ist einfach so talentiert."

„Findest du?", fragt Andy mit ungewohnt harscher Stimme nach. Sein Gesichtsausdruck wirkt seltsam, verkniffen und ich bin irritiert über den Umschwung seiner Laune. „ja, finde ich. Ich meine klar, er ist etwas eigen und ich hatte meine Differenzen mit ihm, aber die Ergebnisse sind brillant", verteidige ich meinen Standpunkt.

„Brillant also", spricht Andy mit seltsam leiser und verzerrter Stimme. Sein Gesicht wirkt maskenartig in dem dämmernden Licht und mir läuft ein eigenartiger Schauer über den Rücken. „Alles okay Andy?", will ich wissen.

„ich frage mich nur wie dieses Schwein, das immer macht", presst dieser angespannt hervor. „Er behandelt jeden wie den größten Dreck, ist unfreundlich und aufdringlich, aber am Ende lieben ihn alle."

„Naja...", will ich ihm ins Wort fallen, aber wie besessen und immter lauter werdend spricht der Assistent weiter.

„Jedes Mal funktioniert diese Masche und soll ich dir mal sagen, was da für mich übrig bleibt? Ich bin derjenige, der sich den Arsch aufreißt, aber am Ende bin ich immer der Trottel. Gut genug für die Drecksarbeit."

„Andy, es war ein langer Tag, wir sollten wirklich gehen", probiere ich die Situation zu entschärfen und gehe langsam rückwärts Richtung Treppe.

„Oh nein", faucht dieser plötzlich unglaublich aggressiv und mit einer fließenden Bewegung ist er bei mir und drückt mich gegen die Wand. Sein heißer Atem prallt in mein Gesicht, als er mir unangenehm nahe kommt.

„Seit drei Monaten mache ich diesen Scheiß mit und lasse mich, wie ein Fußabtreter behandeln. Jeden Tag steigt mein Hass auf diesen Mann und ich schwöre mir stündlich es ihm heimzuzahlen." Vor mir steht nicht mehr der nette Assistent von heute Morgen, sondern ein Schatten seiner selbst. Das Gesicht ist zu einer Fratze verzerrt und seine Arme halten mich wie Schraubstöcke fest. Ich bin wie gelähmt, die Angst schießt wie winzige Nadelstiche durch meinen Körper. Ich bin gefangen. Gefangen allein mit einem unberechenbaren Irren in einem dunklen, leeren Fabrikgebäude und mit keiner Faser meines Körpers wissend, was dieser Vorhat. 

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Drama people! Matteo also nicht, sondern der stille Andy?!  Stille Wasser sind wohl wirklich tief.

Lasst gerne Feedback da. xx 

Drama of love (Shawn Mendes fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt