Abendstimmung

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Als es bei Anbruch der Dämmerung schließlich darum ging, einen halbwegs geeigneten Platz für die Nacht zu suchen, waren wir uns erst einmal uneinig, wie genau wir das angehen sollten. Einerseits könnten wir uns auf die Suche nach dem nächsten größeren Ort machen und uns dort, wie wir es schon so oft gemacht hatten, als Kinder, die nach einem Rückzugsort für ihren überanstrengten, geistig behinderten großen Bruder suchten, ausgeben. Meist gab es irgendwelche netten Menschen, die uns für eine Nacht bei ihnen schlafen ließen. Blöd wurde es immer nur, wenn die Leute begannen, Fragen zu stellen, zum Beispiel über Tysons "Behinderung" oder was wir überhaupt hier machten und wo eigentlich unsere Eltern waren. Zum Glück war Debby durch ihre Erfahrungen als Straßenkind sehr kreativ, was diese Art von Geschichten anging. Doch diesmal hielt sie es für keine allzu gute Idee, da wir schließlich keine Ahnung hatten, wie weit man bis zur nächsten Ortschaft gehen musste und außerdem brauchten wir dringend Schlaf, da wir morgen schon wieder unsere Mission, die im Moment alles andere als gut lief, fortsetzen mussten. Bis jetzt hatten wir es lediglich geschafft, einen Kraken dazu zu überreden, mit seiner ganzen Familie (immerhin) auf unserer Seite zu kämpfen. Während wir unschlüssig dastanden, fiel Debby plötzlich etwas ein, weshalb sie mich aufgeregt am Ärmel zupfte. "Was ist denn los?", zischte ich gespielt genervt und ohne mich auch nur richtig ausreden zu lassen, meinte sie:"Der Zyklop! Wir könnten doch versuchen, ihn zum Kämpfen zu überreden. Ich meine, Tyson scheint sich mit ihm zu verstehen und Zyklopen haben auch für meinen Vater einen gewissen Wert. Falls er mich nicht sowieso schon komplett hasst, könnte ich dadurch bei ihm Pluspunkte sammeln." Fast genauso aufgeregt stimmte ich zu und fragte unseren treuen Kameraden sogleich, was er denn von dieser Idee halten würde. "Alle Zyklopen sowieso meinem Vater helfen. Auch Poliphemus." Enttäuscht nickten Debby und ich. Dann war mit "Uncle P" also der berühmt-berüchtigte Poliphemus gemeint gewesen. Unter normalen Umständen wäre ich nach so einer Erkenntnis wahrscheinlich ziemlich aufgeregt gewesen, Doch wir waren in den letzten Tagen schon so vielen Kreaturen, über die ich schon oft in Büchern gelesen hatte, begegnet, dass mich so etwas inzwischen nicht mehr allzu sehr vom Hocker haute. "Aber...ist Poliphemus nicht böse?", fragte ich an Tyson gewandt. Dieser antwortete nur in gleichgültigem Ton: "Ich und Percy ihn vor Jahren besucht haben um Grover den Satyr zu retten. Er seitdem nett." Da wollte ich dann auch nicht mehr länger nachfragen, da ich inzwischen mehr als genug von grammatikalisch eher "kreativen" Abenteuererzählungen hatte. "Wie wäre es, wenn wir einfach hier am Strand unser Nachtlager aufschlagen?", wechselte ich stattdessen das Thema, da dies immer noch eine ungeklärte Frage war. Da uns nun wirklich nichts besseres einfiel, stimmten auch die anderen beiden zu. Kurze Zeit später begannen wir auch schon, bei einer durch Palmen etwas geschützten Stelle, die etwa 20 Meter vom Meer entfernt war, mit unseren Jacken und Decken ein behelfsmäßiges, aber doch gemütliches Lager aufzuschlagen. Da ich wohl sowieso noch lange nicht einschlafen können würde, meldete ich mich zur ersten Nachwache. Während es sich die beiden anderen gemütlich machen, nahm ich eine Jacke und ging damit zum Meer, wo ich mich auf meine überraschend gemütliche Unterlage setzte und auf den rauschenden Ozean blickte, bis ich plötzlich Schritte hinter mir hörte...

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