Gegenwärtige Vergangenheit

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Laia's P.o.V.

Ich weiß nicht genau, was mit mir passiert war, als ich sie das erste Mal sah. Sie hatte blonde, schulterlange Locken und blaue Augen. Ich hatte zwar bis jetzt geglaubt, dass ich heterosexuell bin, aber bei ihrem Anblick wurde mir das Gegenteil bewiesen.

Als sie mich begrüßte, begannen eine Million Schmetterlinge wild in meinem Bauch zu flattern. Als ich mit ihr redete, versuchte ich so gelassen wie möglich zu wirken, doch ich weiß nicht, ob ich das auch geschafft hatte.

Nachdem wir beide uns ein bisschen über uns erzählt hatte, machten wir uns auf den Weg zu den Schlafhäusern, auch "Hütten" genannt.
Als wir schon fast dort waren, fragte mich Debby mit ihrer glockenhellen Stimme, von der man gar nicht erwartet hätte, dass ihr Besitzer 3 Jahre auf der Straße überlebt hat:"Was bedeutet eigentlich das Schullogo, also dieses 'Wo Vergangenheit Gegenwart ist'?"

Ich antwortete ihr, während ich versuchte, meine Nervosität zu unterdrücken, :"Spürst du diese alten Vibes nicht? So als ob man in dem Moment, in dem man dieses Schulareal betritt, in eine andere Zeit eintreten würde. Ich will das jetzt nicht richtig als Vergangenheit bezeichnen, aber Mr di Angelo fand damals, als die Schule gegründet wurde, dass sich dieser Spruch toll als Schullogo machen würde, also hat Dionysos, der eigentliche, mehr oder weniger freiwillige Direktor, eingewilligt und somit ist das nun unser Motto."

Sie nickte als würde sie das alles verstehen und ging dann weiter still neben mir her, was mich leicht beunruhigte, weshalb ich sie fragte, ob alles in Ordnung wäre. Sie meinte mit einem dünnen Lächeln auf den Lippen:"Ich bin nur etwas nervös, du weißt schon, die neue Schule und so, und dann habe ich auch noch erfahren, dass griechische Mythen real sind, das ist finde ich viel womit man klarkommen muss, selbst wenn man von seiner Vergangenheit einiges gewohnt ist", woraufhin ich lachend meinte:"Was glaubst du welcher Schock das erst für mich als spanische Normalbürgerin war!"

Daraufhin tendierte Debby dazu, immer lauter und herzhafter zu lachen, und nach nicht allzu langer Zeit musste ich mitlachen und es endete damit, dass wir uns an den Händen halten mussten, um nicht umzufallen , was in meinen Adern eine Art elektrischen Stromschlag auslöste, bei ihr aber keine Reaktion zu verursachen schien.

Ehe wir es uns versahen, waren wir auch schon bei der Hütte, in der wir dieses Schuljahr wohnen würden, angekommen. Unser 'Schlafplatz' war zwar nicht sehr zentral gelegen, aber dafür war unsere Hütte nahe an den Volleyballplätzen, was für mich als Leidenschaftliche Spielerin ein großes Plus war.

Letztes Jahr hatte ich in der Hütte, die gleich neben dem Esssaal war, gewohnt, was auch nicht gerade unangenehm gewesen war. Ziemlich arm waren die Schüler, die in einer Hütte in der Nähe des Waldes wohnten, wovon sie zu allem sehr weit gehen mussten (und mit "alles" waren auch die Toiletten gemeint).

Meist wohnten aber nur die älteren Schüler dort. Es gab insgesamt 12 Hütten, sechs für die Buben und sechs für die Mädchen. Jeweils die Hälfte davon war für fünft-und Sechstklässler, die andere für Siebt-und Achtklässler. Jede Hütte bestand aus drei Schlafsälen mit jeweils 10 Betten und einen Gemeinschaftsraum.

Als wir eintraten, begrüßte mich gleich Nora, meine Klassenkameradin, die auch schon immer gleich am Freitag der vorletzten Ferienwoche, dem ersten Tag, an dem man im neuen Schuljahr im Internat "Einchecken " konnte, da war. Sie war meine beste Freundin und wir haben uns unglaublich gefreut, als wir erfahren hatten, dass wir dieses Jahr in derselben Hütte untergebracht werden würden.

"Wer bist du?", fragte sie an Debby gewandt, die sich dann auch gleich vorstellte. Zusammen gingen wir drei in unser Zimmer (Unter den Hüttenmitgliedern darf man sich selbst aussuchen, in welcher der drei Schlafsäle man kommt, solange noch Betten frei sind). Während wir so nebeneinanderher gingen, beschlich mich das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte.

Als ich Nora fragte, ob alles in Ordnung sei, blieb sie abrupt stehen und meinte traurig: "Hast du es denn noch nicht gehört? Julian ist gestorben!" Mit diesen Worten drehte sie sich um und rannte zur Tür hinaus in Richtung Wald.

The Half Blood AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt