18. Die Anhörung

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„Und dann war da noch dieser Gang, aus dem der Griever kam. Den kannst du beim Zeichnen auch schon andeuten, von dem wissen wir immerhin, dass er existiert."
„Mir wäre lieber, wenn wir es nicht wüssten", murmelte Minho, zeichnete aber eine Abzweigung ein.
„So, das hätten wir. Ich bin wirklich gespannt, wie groß dieses Ding ist." Er legte den Stift zur Seite und sah mich an. „Ich bin froh, dass wir das zusammen machen. Ohne dich hätte ich mir da drinnen wahrscheinlich in die Hosen gemacht."
Ich musste lachen, auch wenn er es vollkommen ernst gemeint hatte. Oder vielleicht auch genau deswegen.
„Wie gut, dass ich da bin, um dir zur Not die Windeln zu wechseln."
„So ein beklonkter Stuss, den du da redest!"
Minho war aufgestanden und hatte den Stift nach mir geworfen, was mich nicht davon abhielt, weiter zu lachen.
„Was macht ihr denn hier? Krieg der Stifte?", fragte jemand und ich drehte mich um. Gally kam auf uns zu und er war nicht alleine – Newt war bei ihm.
Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich daraus las, dass die beiden sich versöhnt hatten. Ich stand auf und klopfte mir den Dreck von der Hose.
„War euer Vormittag gut?", fragte ich, als wir uns zu viert auf den Weg zum Mittagessen machten, wobei Newt mir einen Arm um die Schultern legte.
„Ich komme wirklich gut voran mit Newts Hütte. Es würde zwar helfen, wenn endlich mal jemand mit der Box hoch käme, der auch zum Baumeister geeignet wäre, aber vielleicht haben wir in einem Monat ja Glück. Dieses Mal waren ja nur so beklonkte Flitzer dabei."
Er zwinkerte mir zu, erntete für seine Bemerkung aber einen Hieb mit dem Ellenbogen.
Wir erreichten die Küche und holten uns jeder einen Teller mit Kartoffeln und etwas, das aussah wie Spinat.
„Sieht ja lecker aus, Fry", meinte Gally sarkastisch, als er den grünen Brei betrachtete. Der Koch ignorierte seine Bemerkung und verdrehte gespielt die Augen, als er mir eine Portion auftat.
Wir suchten uns einen Platz und setzten uns zu Winston und Clint. Die beiden unterhielten sich gerade darüber, wie sie glaubten, dass sich der Stich eines Grievers auf den Körper auswirkte, und verstummten, als sie mich sahen.
„Ihr müsst meinetwegen nicht aufhören, euch zu unterhalten. Ich komm' schon klar", sagte ich.
Sie zögerten kurz, schienen dann aber zu entscheiden, dass ich Recht hatte und redeten weiter. Es war zwar nicht sonderlich appetitlich und erinnerte mich wieder an gestern Nacht, aber es war okay. Das musste es ja schließlich auch, wie sollte ich sonst hier klarkommen? So etwas schien nicht selten zu sein.
Nachdem wir aufgegessen hatten, machten wir uns auf den Weg zum Versammlungsraum, so wie alle anderen. Ich war ein wenig aufgeregt, weil ich gleich noch einmal erzählen musste, was in der letzten Nacht passiert war, aber ich riss mich zusammen so gut es ging.
Als alle einen Platz hatten trat Nick in die Mitte des Raums und sah sich um.
„Herzlich Willkommen, Lichter. Wir sind heute hier, um darüber zu sprechen, was gestern zwischen Stan, unserem Hüter der Läufer, und Anna, unserem Frischling vorgefallen ist. Wie ihr alle wisst, wurde Stan vor zwei Tagen von einem Griever gestochen, weshalb er sich verwandelt hat, wie wir es nennen.
Ich bitte jetzt also Anna nach vorne, um zu erzählen, was passiert ist, als sie mit ihm alleine in der Sanihütte war."
Er nickte mir zu und ich stand auf. Meine Knie waren weich, aber ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich Angst hatte, das Ganze noch einmal Revue passieren zu lassen.
Ich stellte mich dahin, wo Nick eben noch gestanden hatte und sah mich um. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Als ich Newts Blick traf und er mir aufmunternd zunickte, machte sich in mir wieder dieses warme Gefühl breit und ich schluckte einmal, bevor ich begann, zu sprechen.
„Als Minho und ich gestern aus dem Labyrinth kamen, ging es mir nicht sonderlich gut. Meine Wunde an den Rippen war wieder aufgeplatzt und Clint musste sie nähen. Deshalb wurde ich danach in die Sanihütte gebracht, damit ich mich ausruhen konnte. Stan war auch da, er war an seine Liege gefesselt und bewusstlos. Newt war bei mir, aber als er angefangen hat, sich zu bewegen, ist er rausgelaufen, um Hilfe zu holen. Er hat Clint gesucht, damit er Stan helfen konnte, also war ich alleine mit ihm in der Hütte."
Ich machte eine kurze Pause, denn jetzt kam gleich das, vor dem ich solche Angst hatte.
„Ab dann ging alles so schnell, ich weiß gar nicht, ob ich es eins zu eins wiedergeben kann... Stan hat angefangen sich gegen seine Fesseln zu wehren und zu schreien und irgendwie hat er es geschafft sich ein Stück weit zu befreien. Ich wusste, dass ich da weg musste, also habe ich versucht, aufzustehen, aber mein Körper war so schwach von dem Sprint im Labyrinth, dass ich es nicht geschafft habe. Also habe ich mich auf den Boden fallen lassen und versucht, zur Tür zu kriechen, um Hilfe zu rufen, aber Stan hat mich am Fuß gepackt und mich festgehalten. Dann ist die Liege einfach zusammengebrochen und er war frei. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, ich -" Die Tränen stiegen mir in die Augen und ich musste einen Schluchzer unterdrücken.
„Auf einmal war er über mir und hat immer wieder irgendetwas gerufen von 'Wicked ist nicht gut' und dann hat er angefangen mich zu würgen, bis ich dachte, ich würde gleich wirklich das Bewusstsein verlieren. Ich wusste keinen Ausweg, ich wusste nur, dass wenn ich nicht bald etwas tat, dass ich dann gleich tot wäre..." - Wieder musste ich schluchzen. - „Da war diese Schere und ich wollte sie doch nicht benutzen, um ihn zu töten, ich... Ich wollte mich nur wehren. Ich muss irgendetwas getroffen haben, auf jeden Fall war da auf einmal so viel Blut und seine Augen... Sie waren für eine Sekunde wieder klar, einfach die Augen eines Jungen. Und dann ist er auf mir zusammengebrochen und hat sich nicht mehr bewegt. Ich... ich hab ihn umgebracht." Jetzt konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Ich brach in unkontrollierte Schluchzer aus und wünschte mich ganz weit weg, als plötzlich jemand da war und mich in den Arm nahm.
Ich erkannte sofort, wer es war, denn seinen Geruch würde ich immer wieder erkennen. Newt strich mir über den Rücken und drückte mich an sich, sodass ich mein Gesicht vor den anderen Lichtern verstecken konnte.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt