34. Entsetzen

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Newt legte mir einen Arm um die Schultern und ohne dass wir ein Wort wechseln mussten, liefen wir rüber zu seiner Hütte, wo ich mich gegen die Wand gelehnt auf sein Bett setzte und ihm von den Ereignissen im Labyrinth erzählte. Noch immer begann ich zu zittern, wenn ich daran dachte, wie knapp Minho mich vor dem Tod bewahrt hatte.
Während ich redete, hörte er mir stumm zu, ohne einen Mucks zu machen, sogar ohne einmal mit dem Kopf zu nicken oder ihn zu schütteln. Als ich geendet hatte und ihn erwartungsvoll ansah, weil ich doch so langsam mit einer Reaktion rechnete, pustete er laut die Luft aus und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„So ein Klonk", murmelte er. „Da draußen ist es einfach zu gefährlich. Und dann schickt Nick euch auch noch einzeln da rein. Vollkommen lebensmüde diese Idee. Ich werde mit ihm reden, heute noch."
Er wollte aufstehen, aber ich hielt ihn fest.
„Newt, das bringt doch nichts. So wie er in letzter Zeit drauf ist, kann nicht einmal Alby ihn zu irgendetwas umstimmen."
Er setzte sich wieder neben mich, aber ich wusste, dass für ihn das letzte Wort noch nicht gesprochen war.
„Dann muss ich halt zuerst mit Alby reden. Zusammen wird er uns schon zuhören."
Ich zuckte mit den Schultern. Sicher war ich mir nicht, aber so könnte es vielleicht funktionieren.
„Lass uns jetzt nicht mehr darüber sprechen, okay? Ich habe Kopfschmerzen. Und es wird nicht mehr lange dauern, bis wir uns alle am Tor einfinden müssen um Steve zu verbannen."
Ich sagte das, als wäre es etwas ganz normales, dabei machte es mich fertig und Newt wusste das. Steve war mein Läufer gewesen und ich seine Hüterin. Jeder, den wir verloren, war etwas Besonderes, ganz gleich, wie lange er bei uns war. Und jedes Mal haute es mich regelrecht aus den Schuhen, wenn es passierte.
Newt wollte mir einen Arm um die Schultern legen, aber ich schüttelte den Kopf und legte mich hin. Ich wollte ein wenig die Augen schließen, bevor es in ein paar Stunden so weit war. Er legte sich neben mich und ich kuschelte mich an ihn. Das half ein wenig gegen die Bilder, die erschienen, wenn ich die Augen schloss. Ich stellte mir die ganze Zeit vor, was passiert wäre, wenn Minho nicht da gewesen wäre. Auch wenn ich nicht wusste, wie ein Griever aussah, so hatte ich doch meine ganz eigene, schreckliche Vorstellung.

Ich spürte, wie jemand mich vorsichtig berührte, um mich zu wecken. Als ich meine Augen öffnete, sah ich Newt, der über mich gebeugt stand. Er musste aufgestanden sein, als ich eingeschlafen war – und ich konnte mir auch denken, wo er gewesen war.
Langsam setzte ich mich auf und bemerkte, dass wir nicht alleine im Raum waren. Minho lehnte mit verschränkten Armen an der Wand neben der Tür und sah mich mit müden Augen an. Ich stand auf und ging zu ihm herüber. Ohne ein Wort umarmte ich ihn. Ich war wohl die einzige, die ganz genau wusste, wie er sich fühlte. Zwar hatte mittlerweile schon jeder Hüter einen oder zwei seiner Arbeiter verloren, aber unter den Umständen, unter denen es uns immer wieder passierte, war es bei keinem gewesen.
Unsere Läufer starben nicht einfach – sie wurden ins Labyrinth verbannt und damit zum Tode verurteilt.
Wir verließen die Hütte und ich sah, wie Ben, Alex und Jackson nur wenige Meter entfernt auf die Füße sprangen. Sie schienen dort auf uns gewartet zu haben, wie lange wusste ich nicht.
Schweigend schlossen wir uns einigen anderen Lichtern, darunter Winston und Fry Pan, an und liefen zu dem noch immer offenen Tor, durch das wir vor wenigen Stunden erst Steve getragen hatten. Nick und Alby kamen mit den altbekannten Stäben, die sie an die Hüter verteilten. Nick sah Newt komisch an und mein Verdacht bestätigte sich, aber zu meinem Erstaunen sah es so aus, als hätte Newt sich durchgesetzt, denn jetzt beugte Minho sich zu mir herunter und flüsterte: „Ab morgen gehen wir wieder alle zusammen da rein. Wir sollten aber Jackson und Alex vielleicht mal einen Tag Pause gönnen, sonst sind die beiden bald weg."
Ich nickte zustimmend. Jetzt wandte Alby sich an uns.
„Es dauert nicht mehr lange. Holt ihr ihn?", fragte er, als wir die einzigen Hüter waren, die noch keine Stäbe bekommen hatten.
Also holten wir Steve. Unsere drei übrigen Läufer folgten uns zum Loch, wo Clint und Jeff schon auf uns warteten und sich dann selber auf den Weg zum Tor machten, um ihre Plätze einnehmen zu können.
Minho und ich lösten die Fesseln. Steve war noch immer bewusstlos, was nicht weiter merkwürdig war, das war schon einmal bei Mike vorgekommen. Er musste nur bald zu sich kommen.
Für den Moment weckten wir ihn aber noch nicht, sondern trugen ihn so wie noch vor ein paar Stunden. Ben, Jackson und Alex trotteten hinter uns her, wie bei einem Leichenzug – und so ähnlich war es ja auch, oder?
Wir erreichten die Lichter und legten Steve vor dem Tor ab. Minho kniete sich neben ihn und versuchte, ihn zu Bewusstsein zu bekommen, denn es war nur noch eine Frage von Minuten, bis das Tor beginnen würde, sich zu schließen. Vorsichtig klopfte er ihm gegen die Schulter und die Wange, aber es kam keine Reaktion. Erst, als ich an ihm rüttelte kam er zu sich – und war munterer als erwartet.
Er sprang auf und stand mit einem Satz auf den Füßen, wobei er mich umwarf, weil ich nur in der Hocke gesessen hatte. Die Stäbe der übrigen Hüter schnellten nach vorne um ihn von den anderen Lichtern fernzuhalten, aber uns halfen sie nicht im Geringsten.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt