58. Albys Erinnerung

780 47 0
                                    

Nachdem Thomas ein paar Minuten oben verschwunden und die meisten Lichter wieder gegangen waren, nachdem sie die Sachen aufgeräumt hatten, die das Mädchen nach uns geworfen hatte, standen Newt, Gally, Fry Pan, Winston, der noch immer sein Holzschild hielt, und ich als Einzige am Fuß des Turms. Nur Minho, Chuck, Zart, Clint und Jeff standen in einiger Entfernung da und beobachteten ebenfalls, was passierte.
„Was ist denn da oben los?", rief Newt und Thomas lugte über das Geländer zu uns herunter. „Kommt sie runter?"
„Ähm, hört zu, gebt uns einfach noch 'ne Sekunde, okay?"
Gally schüttelte ungläubig den Kopf, sagte aber nichts. In ihm brodelte es schon wieder, das konnte ich spüren.
„Na schön", sagte Newt und klopfte Gally gegen den Arm. „Gehen wir."
„Sind alle Mädchen so wie die?", fragte Fry Pan und ich boxte ihm in die Seite.
„Na ja, alle außer dir", lachte er.
Die Gruppe, die noch um uns herum gestanden hatte, löste sich auf und ich nahm Gally bei der Hand, der als Einziger noch immer zu den beiden hoch starrte. Widerwillig folgte er mir.
Auch als alle wieder an die Arbeit gingen, stand Gally bei seinen Baumeistern und starrte zu dem Aussichtsturm. Ich wusste nicht, was er dachte, aber ich konnte mir vorstellen, dass er weder Thomas, noch dem Mädchen traute. Ich fragte mich, ob er seine Meinung je ändern würde.
Irgendwann kamen die beiden dann doch herunter und Thomas lief schnurstracks auf Newt zu, der neben mir an einem Baumstamm lehnte und nachdachte, während er mit einer Strähne meiner Haare spielte.
„Newt! Kommt schon, wir müssen zu Alby, sofort!"
Ich hatte ein wenig an Newts Schulter gedöst, weil ich noch immer nicht geschlafen hatte, war aber sofort wieder hellwach, als Thomas Albys Namen sagte. War etwas mit ihm passiert? Aber woher sollte er das wissen, er war doch die ganze Zeit mit dem Mädchen auf dem Aussichtsturm gewesen.
„Was ist?", fragte Newt verwirrt und stand auf. Ich tat es ihm gleich.
Thomas hielt zwei Kanülen mit einer blauen Flüssigkeit hoch und erzählte, dass dieses Zeug Alby vielleicht heilen könnte und dass Teresa – so schien das Mädchen zu heißen – sie bei sich gehabt hatte, aber ich hörte nur mit halbem Ohr zu.
Während er redete, musterte ich das Mädchen. Sie hatte hellblaue, fast graue Augen und sah mich unverwandt an. Sie schien auch schon bemerkt zu haben, dass es außer mir kein anderes Mädchen auf der Lichtung gab und sah mich wohl gerade deshalb so interessiert an.
„Jetzt kommt schon, wir müssen es Alby geben."
Mit diesen Worten lief Thomas los und Teresa, die mich immer noch unverwandt ansah, folgte ihm.
„Hey, wartet!", rief Newt und lief den beiden nach, die auf dem Weg zur Sanihütte waren.
Auch ich lief ihnen hinterher, auf der einen Seite, weil ich selber wissen wollte, was passierte und auf der anderen Seite, weil ich bei Newt bleiben wollte. So langsam nahm die Müdigkeit Oberhand und ich wollte nur noch schlafen, aber vor allem wollte ich jetzt nicht alleine sein.
Wir erreichten die Hütte und Thomas ging sofort rein, auch als Newt ihn aufhalten wollte. Uns blieb also nichts anderes übrig, als ihm und Teresa zu folgen.
Thomas stand vor Albys Bett und betrachtete die Kanülen in seinen Händen, als Newt sie ihm aus der Hand nahm, wohl um zu verhindern, dass er sie unserem Anführer einfach so injizierte.
„Wir wissen ja nicht mal, was das für 'n Zeug ist! Wir wissen nicht, wer es geschickt hat oder warum es zusammen mit ihr angekommen ist. Ich meine, wir wissen es nicht, aber es könnte ihn umbringen", versuchte Newt Thomas zu erklären, warum wir es Alby nicht einfach so spritzen konnten.
Ich lehnte mich neben ihn an die Wand und hörte verschlafen zu, was sie redeten. Jeff, der auf einem Stuhl neben Albys Bett saß und Clint, der hinter ihm stand, warfen mir fragende Blicke zu, aber ich zuckte nur mit den Schultern. Ich wusste ja auch nicht, was gerade los war. Wahrscheinlich bekam ich wirklich nur die Hälfte mit, weil ich so lange nicht geschlafen hatte.
„Er ist doch schon fast tot! Sieh ihn dir an. Wie kann es denn da bitte noch schlimmer werden?", fragte Thomas und deutete auf den stöhnenden Alby. Wir alle folgten seiner Handbewegung und ich stellte fest, dass er wirklich schlimm aussah. Jemand hatte ihm das Oberteil ausgezogen und ich konnte dunkle Adern erkennen, die sich über seine Brust bis hoch in sein Gesicht zogen.
Ich sah an Newts Blick, dass er wusste, dass Thomas Recht hatte. Er versuchte nur, rational zu denken.
„Komm schon, es ist einen Versuch wert!"
„Okay. Tu es", sagte Newt nach einer kurzen Pause und hielt Thomas die Kanüle hin. Der ergriff sie sofort und hockte sich neben Alby, um sie ihm zu injizieren. Ich trat einen Schritt vor und nahm Newts Hand.
„Es ist das Richtige. Wir müssen es wenigstens versuchen", flüsterte ich und lehnte meinen Kopf gegen seinen Oberarm.
Teresa ging auf die andere Seite von Albys Liege und Jeff stand auf und stellte sich neben sie, während Clint hinter mich trat. Thomas zögerte kurz und schien zu überlegen, wo er Alby die Spritze geben sollte, als dieser plötzlich zu sich kam.
Er packte Thomas, der sich gerade noch einmal zu uns umgedreht hatte, um sich ein letztes Mal zu vergewissern, ob wirklich niemand etwas einzuwenden hatte, an seinem Oberteil und zog ihn zu sich herunter. Seine Augen waren fast völlig schwarz und sein Blick wild.
„Du solltest nicht hier sein!", schrie er immer wieder und zerrte immer stärker an ihm. Wir stürzten alle gleichzeitig los und versuchten, Albys Griff zu lösen, nur Teresa schnappte die Kanüle und zog sie Thomas aus der Hand, der wild um sich schlug und versuchte, Alby abzuschütteln.
„Passt auf!", rief Newt, als er Thomas so weit von Alby wegdrückte, dass dieser ihn loslassen musste. Jetzt versuchten Jeff und Thomas, den Jungen herunter zu drücken und seine Arme zu fixieren.
„Gib mir die Spritze!"
Thomas sah sich hilfesuchend um, aber anstatt sie ihm zu geben, holte Teresa aus und rammte sie Alby in die Brust. Der hörte sofort auf, sich zu wehren und entspannte sich, als er wieder bewusstlos wurde.
Wir traten alle einen Schritt zurück und sahen außer Atem auf unseren Anführer herunter. Teresa fuhr sich durch die Haare, als könnte sie gar nicht glauben, was gerade passiert war.
„Scheiße", stieß ich leise hervor und hielt mich an Newts linker Schulter fest, vollkommen geschockt.
„Whoa, das hat funktioniert", sagte Jeff und sah Alby erstaunt an.
„Okay, von jetzt an bleibt einer hier und beobachtet ihn rund um die Uhr", ordnete Newt an und klang dabei immer noch geschockt.
Teresa sah ihn an, als wolle sie etwas sagen, als wolle sie sich freiwillig melden, aber in diesem Moment kam Gally herein.
„Hey", sagte er und alle Köpfe schnellten zu ihm herum. „Sonnenuntergang, Frischling. Wird Zeit zu gehen."
Er sprach ruhig und ich hatte das Gefühl, dass er traurig war. Sofort hatte ich das Bedürfnis, ihn in den Arm zu nehmen, aber ich blieb neben Newt stehen und sah ihn einfach nur an.
Thomas sah noch einmal von Newt zu mir und verließ dann ohne ein Wort mit Gally die Hütte.
Wir Übrigen standen noch kurz um den bewusstlosen Alby herum, als Teresa zum ersten Mal zu sprechen begann.
„Also, wenn es für euch in Ordnung ist, würde ich bei ihm bleiben. Ihr seht alle ziemlich fertig aus. Legt euch schlafen."
Dabei sah sie mich an und ich fragte mich, ob man mir wirklich so sehr ansah, wie müde ich war.
Newt zögerte, willigte dann aber ein. „Du wirst ihn ja hoffentlich nicht umbringen – wenn es diese Spritze nicht schon gemacht hat", meinte er, bevor er mir einen Arm um die Schultern legte und mich aus der Hütte führte.
„Komm, gehen wir schlafen. Ihr wollt sicher morgen wieder früh raus und du brauchst Schlaf. Wie lange bist du wach? 40 Stunden?", schätzte er.
Ich zuckte mit den Schultern. „Kommt hin. Zumindest fühle ich mich, als wäre ich eine Woche auf den Beinen."
Wir sahen, wie Gally mit einer Fackel und Thomas im Schlepptau in Richtung Loch lief. Es tat mir leid, dass der Neue heute Nacht da drinnen sitzen würde, aber ich war zu müde, um mir wirklich Gedanken darüber zu machen. Ich wollte einfach nur noch schlafen.
Als wir Newts Hütte betraten, streifte ich nur meine Schuhe ab und ließ mich dann mit meiner Kleidung auf das Bett fallen, wo ich mich auf die Seite drehte und verschlafen zusah, wie mein Freund zuerst sich und dann auch mich auszog. Mein Oberteil ließ ich an, denn ich fühlte mich nicht einmal mehr im Stande, das T-Shirt, das er mir hinhielt, anzuziehen.
Jetzt legte er sich neben mich und ich kuschelte mich an ihn. Ich war sicher, dass es noch so viel zu sagen und zu besprechen gab, aber mein Mund war bereits eingeschlafen, wie ich feststellte und so spürte ich nur noch, wie Newt mir zärtlich durch die Haare streichelte und mir einen Kuss auf die Stirn gab, bevor ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt