39. Nicks Plan

922 55 0
                                    

„... und dann habe ich Alby geholfen, der wollte einen Plan für die Hackenhauer zeichnen, aber Nick hat ihn unterbrochen, weil er ihn dringend sprechen wollte, er hat gesagt er hat eine gute Idee gehabt, wie wir vielleicht hier herauskommen und war ganz aufgebracht, dass ihr noch nicht eher darauf gekommen seid. Ich durfte dann Newt helfen für den Rest des Nachmittags und er hat gesagt, ich habe das gut gemacht. Bald darf ich auch mal eine Machete benutzen, aber nur wenn ich mich die nächsten Tage weiter so gut auf den Feldern schlage. Zart hat gesagt, ich war eine große Hilfe und ich hatte das Gefühl, Newt war auch zufrieden."
Chuck – das war der Name des Jungen – stand mit großen, strahlenden Augen vor mir und machte ausholende Bewegungen mit seinen Armen, während er wie ein Wasserfall redete.
Neben mir stand Minho, denn wir waren gerade drei Schritte aus dem Labyrinth heraus gekommen, als Chuck uns schon abgefangen hatte.
„Das klingt doch toll, Chuck, ich freue mich total, dass du so einen schönen Tag hattest." Ich lächelte ihn an und ließ ihn mir Fünf geben. „Aber jetzt müssen Minho und ich uns ein wenig ausruhen bis zum Abendessen, okay?"
Der kleine Junge nickte aufgeregt und machte sich auf den Weg über die Lichtung, wahrscheinlich um Newt zu suchen.
„Nick hat also eine Idee gehabt? Was glaubst du, hat er sich ausgedacht?", fragte Minho mich, als wir rüber zu unserer Hütte liefen.
Ich zuckte mit den Schultern. „Das werden wir bald erfahren, richtig?"
Wir betraten unsere Hütte und ich streckte mich auf meinem Bett aus, während Minho unschlüssig im Raum stehen blieb.
„Was ist?", fragte ich und gähnte.
„Ich weiß nicht, irgendwie mache ich mir Sorgen wegen Nicks Plan. Was ist, wenn er irgendwen damit in Gefahr bringt? Stell dir vor, er kommt auf die Idee uns nachts da raus zu schicken, weil er meint, dann gäbe es einen Ausgang."
Ich setzte mich auf. „Das würde Alby nicht zulassen. Und wir würden es auch nicht machen. Er kann uns schließlich nicht zwingen. Mit einer Nacht im Loch kann ich leben."
Das Loch war eine Art Zelle, die Gally vor 2 ½ Jahren gebaut hatte und in das Lichter zur Strafe gesperrt wurden, wenn wir dies entschieden. Häufig waren dort Baumeister oder Schlitzer drinnen, die dazu neigten, sich miteinander anzulegen. Insgesamt gab es drei Zellen nebeneinander, die sich mit einem Gitter aus Bambus verschließen ließen.
„Hoffentlich hast du Recht." Er ließ sich nun ebenfalls auf seinem Bett nieder und streckte sich. Auch ich legte mich wieder hin und schloss die Augen für einen Moment.
Bei diesem Moment blieb es auch, denn plötzlich riss jemand die Tür auf und kam aufgeregt herein. Ich schreckte hoch und sah mich verwirrt um. Auch Minho saß kerzengerade auf seinem Bett.
Chuck stand mitten in unserer Hütte und sah uns mit großen Augen an, bevor er zu sprechen begann. „Nick schickt mich. Ich soll alle Hüter zusammen trommeln, es gibt eine Versammlung im Versammlungsraum."
Unschlüssig blieb er stehen.
„Ist gut, Chuck. Danke für's Bescheid sagen."
Ich ließ mich wieder zurück sinken und der Junge verließ die Hütte, wobei die Tür laut hinter ihm zu fiel.
„Na, dann bin ich mal gespannt, was er uns zu sagen hat." Minho stand auf und ich tat es ihm gleich, auch wenn ich am liebsten liegen geblieben wäre.
Wir machten uns langsam auf den Weg zum Versammlungsraum, wo wir die ersten waren und uns setzten. Es dauerte nicht lange und Gally ließ sich neben mir nieder, bevor Winston, Clint, Zart und zu guter Letzt Fry Pan, der völlig gestresst aussah, hereinkamen.
Ein Raunen ging durch den Raum, weil alle eine Idee hatten, was Nick von uns wollen könnte, wobei Minho und ich nur immer wieder besorgte Blicke wechselten. Fry Pan beschwerte sich lautstark, dass man ihn vom Zubereiten des Abendessens abgehalten hätte und nun Chuck in der Küche stand. Gally scherzte darüber, dass wir dann wohl heute Abend alle nichts zu essen bekämen, woraufhin der Koch nur noch verzweifelter aufschnaubte.
Als Nick, Alby und Newt den Raum betraten schwiegen alle sofort, gespannt auf das, was sie uns zu sagen hatten. Ich bemerkte Nicks triumphierenden und siegessicheren Blick und erkannte auf Albys Stirn eine tiefe Sorgenfalte, die man in letzter Zeit öfter bei ihm sehen konnte. Newt sah mich an und als unsere Blicke sich trafen, schüttelte er unmerklich mit dem Kopf.
Ich schluckte. Das konnte ja heiter werden. Trotz alle dem konnte ich mir nicht vorstellen, dass Minhos Befürchtung wahr werden würde, denn dann wäre Newt garantiert nicht so ruhig.
„Schön, dass ihr alle so schnell hergekommen seid", begann Nick und seine Stimme klang irgendwie eigenartig, ganz anders als früher. Zwar hatte ich ihn in letzter Zeit immer mal wieder sprechen hören, aber so war es mir noch nicht aufgefallen.
„Ich hoffe, du hast was wichtiges, ich musste nämlich Chuck die Küche überlassen um herzukommen und wir wissen alle, was beim letzten Mal passiert ist." Fry Pan klang fast schon verzweifelt.
„Keine Sorge, Pan, glaub mir, es wird sich lohnen. Bald brauchen wir die Küche nicht mehr."
Wieder ging ein Raunen durch die Reihe aus Hütern, aber Nick unterbrach uns. „Ich hatte DIE Idee, ihr werdet sehen, morgen sind wir hier raus."
Jetzt waren alle still und sahen ihn gebannt an. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Ich spürte, wie Gally sich neben mir anspannte und erinnerte mich an unser Gespräch am See vor einiger Zeit. Er wollte hier nicht weg und ich konnte mir vorstellen, was gerade in ihm vor sich ging.
„Unser Ausweg hat sich nie im Labyrinth befunden – er war immer hier bei uns, auf der Lichtung und ich weiß wirklich nicht, warum wir nicht viel eher darauf gekommen sind. All die Läufer, die wir verbannen mussten, weil sie da draußen von einem Griever gestochen wurden, sie könnten noch am Leben sein. Es tut mir leid, dass ich nicht eher daran gedacht habe."
Jetzt sah er Minho und mich direkt an und ich konnte das erste Mal seit langem erkennen, dass seine Augen klar waren. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass sie die ganze Zeit von einem Schleier bedeckt gewesen waren, einem Schleier des Wahnsinns, wie Gally bestimmt sagen würde.
„Würdest du bitte endlich mit der Sprache rausrücken?", fragte Gally nun wieder gelangweilt. Ich konnte mir denken, dass er mit einem vollkommen dummen Vorschlag rechnete, den wir innerhalb von wenigen Minuten abgetan hätten, so wie alle Hüter. Aber an Newts und Albys Blick konnte ich sehen, dass es dieses Mal anders war.
„Wenn die Box morgen wieder hoch kommt, werde ich in den Schacht steigen und hinunter klettern. Wir werden die Klappe einfach offen lassen und wenn der Aufzug wieder herunter gefahren ist, seilt ihr mich ab."
Eine angespannte Stille herrschte im Raum und man konnte förmlich fühlen, wie es in den Köpfen der Hüter ratterte. Jeder fragte sich, ob es vielleicht doch gar keine so schlechte Idee war, immerhin hatten wir etwas dergleichen noch nie versucht und natürlich konnte man in Erwägung ziehen, dass es klappen könnte.
Ich konnte auf Gallys Gesicht lesen, dass auch er daran zu glauben schien, aber anders als die Anderen sah er nicht so aus, als würde ihm der Gedanke gefallen, er wirkte eher bestürzt und starrte zu Boden. Minho hingegen entspannte sich wieder, schließlich waren wir dieses Mal nicht diejenigen, die irgendetwas tun sollten und seine Befürchtung hatte sich nicht bewahrheitet.
Einige begannen zu flüstern und sich über ihre Gedanken auszutauschen und ich war die Einzige, die regungslos da saß. Newts Blick hatte meinen wieder gefunden und dieses Mal hatte er viel offensichtlicher mit dem Kopf geschüttelt, als anfangs. Er schien mir etwas sagen zu wollen, als wollte er, dass ich etwas einwarf, aber ich wusste nicht, was. Was konnte ich schon gegen Nicks Entscheidung ausrichten, wenn nicht einmal er oder Alby etwas sagten?
Als er mich durchdringlich und fast schon flehend ansah, entschloss ich mich dennoch etwas zu sagen und hob die Hand, noch bevor Nick nach unserer Meinung fragen konnte.
„Ja, Anna?", fragte er und sah mich misstrauisch an. Unser Verhältnis war in letzter Zeit – eigentlich schon seit wir ihm und Alby gesagt hatten, dass es keinen Ausgang gab – nicht das Beste gewesen und ich konnte mir vorstellen, dass mein Blick nichts Gutes versprach.
Ich holte tief Luft, bevor ich zu sprechen begann und mir selber die Daumen drückte, dass ich die richtigen Worte fand. „Und wenn dort kein Ausgang ist, Nick? Was, wenn dich dort nichts Gutes, sondern etwas Schlimmes erwartet? Ich meine, alles, was wir wissen, ist, dass die Box jede Woche mit Sachen für uns hochkommt und dass es höchstwahrscheinlich die 'Schöpfer' sind, die sie hochschicken. Hast du jemals daran gedacht, dass sie es vielleicht nicht so gut mit uns meinen, wie wir anfangs geglaubt haben? Warum haben sie uns hier eingesperrt und warum sind da draußen diese Dinger, die uns töten wollen und uns verändern, wenn sie uns stechen? Hast du dir darüber jemals Gedanken gemacht?"
Gally hatte sich neben mir aufgerichtet und ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, dass er mich mit offenem Mund ansah. Er musste vollkommen perplex über meine Worte sein, schließlich war ich es gewesen, die ihm gesagt hatte, dass ich hier weg wollte, wenn sich mir die Möglichkeit bot.
„Das ist doch völliger Klonk den du da redest! Ich werde dort herunter steigen und einen Ausgang finden. Und wenn dort wirklich jemand auf mich wartet, werde ich ganz normal mit ihm reden." Er sah mich von oben herab an, als spräche er mit einem Kind, dass ihn sowieso nicht verstand.
„Und was ist mit denen, die hier gar nicht weg wollen? Willst du uns gar nicht abstimmen lassen, wie sonst immer?" Jetzt hatte Gally seine Stimme und seinen Mut wieder gefunden.
„Na schön, stimmen wir ab. Aber ich kenne das Ergebnis sowieso schon, schließlich sind die Anderen nicht solche Strünke wie ihr zwei." Nick sah uns vernichtend an und ein ganz mieses Gefühl machte sich in mir breit.
„Das werden wir ja sehen, stimmt's?" Gally war aufgestanden und baute sich vor Nick auf. Auch ich erhob mich und hielt ihn am Arm fest, um ihn davon abzuhalten noch weiter auf ihn zu zu gehen. Die Situation drohte zu eskalieren.
Die beiden Jungen funkelten sich an, bis Alby sich zum ersten Mal zu Wort meldete. Er sah sichtlich unglücklich in die Runde, bevor er fragte: „Na schön, wer ist dagegen, dass Nick da hinunter steigt?"
Gallys Hand schoss nach oben, ohne, dass er Nick auch nur einmal aus den Augen ließ. Auch ich meldete mich, eine Hand immer noch am Arm meines besten Freundes, für den Fall der Fälle.
Ich sah mich im Raum um und sah genau das, was ich befürchtet hatte. Meine Ansprache hatte rein gar nichts gebracht, denn niemand außer uns beiden meldete sich, nicht einmal Minho. Nur Newt hatte noch einen Arm gehoben, wofür er von Nick, der sich nun triumphierend von Gally abwandte, dessen Puls ich pochen spüren konnte, einen bösen Blick erntete.
Damit war es beschlossen, Nick würde morgen den Schacht hinunter steigen um nach einem Ausgang zu suchen. Ich sah Newt entschuldigend an, aber dieser schüttelte nur beschwichtigend den Kopf, immerhin hatte ich es versucht.
Als wir gerade alle die Hütte verlassen wollten, rief Nick uns noch einmal zurück. „Nicht so schnell, ihr beiden." Ohne, dass ich ihn ansah, wusste ich, dass er Gally und mich meinte.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt