22. Sonnenaufgang

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Am nächsten Morgen, nach meinem Geschmack viel zu früh, weckte Newt mich, indem er mich sanft an der Schulter berührte. Zuerst wollte ich mich einfach wieder umdrehen, aber dann wurde mir klar, dass ich mich nicht in meiner Hängematte, sondern im Gras befand und ich gleich wieder ins Labyrinth gehen würde.
Ich schlug die Augen auf und sah in seine braunen.
„Guten Morgen", lächelte er.
„Morgen", murmelte ich, während ich mich hinsetzte.
Es war noch etwas dunkel, die Sonne war noch nicht aufgegangen.
„Ich wollte dir etwas zeigen."
Mit diesen Worten stand er auf und zog mich dann auch hoch.
Ich war zu müde, um nachzufragen, also folgte ich ihm einfach, wobei mir auffiel, dass er sich wirklich Mühe gab, nicht allzu stark zu humpeln. Ich fragte mich, wie lange es noch dauern würde, bis es seinem Bein wieder völlig gut ging, rief mir dann aber ins Gedächtnis, dass sein Unfall noch gar nicht so lange her und der Verband mit der Schiene wahrscheinlich auch nicht so effektiv wie ein Gips war.
Wir erreichten die Lichtung und genau in diesem Moment ging die Sonne auf und die ersten Strahlen schienen über die Mauern.
„Das meinte ich. Ist das nicht wunderschön? Ich stehe oft so früh auf um das zu sehen. Der Sonnenauf- und -untergang ist das schönste, was man hier zu sehen bekommt, finde ich."
Ich konnte nur nicken, denn das Spektakel hatte mir förmlich die Sprache verschlagen. Ich war vollkommen baff, wie wunderschön die ersten Strahlen der Sonne aussehen konnten, wenn sie über die Mauern des Labyrinths schienen. Der Himmel war rot und orange und vollkommen klar, was bedeutete, dass heute wieder ein heißer Tag werden würde.
„Das ist wirklich wunderschön."
„Wenn dir das gefällt, dann solltet ihr heute etwas eher aus dem Labyrinth kommen, dann musst du dir mal den Sonnenuntergang anschauen. Dieser Moment, kurz bevor die Sonne hinter den Mauern verschwindet ist einfach unglaublich."
Wieder nickte ich. „Wir beeilen uns."
Gerade, als ich an ihn dachte, sah ich Minho, wie er die Lichtung überquerte und bereits auf dem Weg zur Küche war. Wir wollten los, wenn die Tore sich öffneten und das konnte nicht mehr lange dauern.
Das sagte ich auch Newt und gemeinsam machten wir uns ebenfalls auf den Weg zu Fry Pan, wobei wir an einem schlafenden Gally vorbei kamen, der immer noch auf dem Baumstamm lag. Ich stellte mir diese Position äußerst ungemütlich vor und war sicher, dass er heute überall Schmerzen haben würde.
Wir holten uns unser Frühstück und setzten uns zu Minho, der als Einziger schon da war und aß.
„Guten Morgen", begrüßte ich ihn.
„Morgen. Na, fit für's Labyrinth?", fragte er mich und grinste.
„Aber sicher. Heute renne ich nicht blind weg. Wenn wir noch einmal was hören, laufen wir nur so weit wie wir müssen und lauschen dann wieder. Einverstanden?"
„Klar. Gute Idee." Er nickte und wandte sich dann wieder seinem Essen zu.
Wir aßen auf und holten uns dann unsere Verpflegung von Fry Pan ab.
„Danke, Pan. Bis heute Abend", sagte ich und winkte ihm zum Abschied zu, während ich meinen Rucksack festschnallte.
„Passt auf euch auch", entgegnete er.
Newt begleitete uns bis zum Tor, das heute aufgehen würde – das dritte im Uhrzeigersinn seit ich hier war. Wir machten uns bereit, wobei wir ein wenig auf der Stelle liefen und uns dehnten, bevor die Mauer sich mit einem lauten Geräusch teilte.
Schnell küsste ich Newt noch einmal auf die Wange und joggte dann mit Minho durch das Tor, sah mich noch einmal um und winkte ihm über die Schulter zu, als wir um die erste Ecke bogen.
Wir erkundeten so viele Gänge wie möglich und machten erst eine Pause, als die Sonne ihren Zenit schon wieder verlassen hatte.
„Was glaubst du, wie groß ist dieses Ding?", fragte Minho, als wir unsere Brote aßen.
„Viel zu groß." Ja, das dachte ich.
„Bereit zum Weiterlaufen?", fragte er dann, als wir aufgegessen hatten.
Ich nickte.
„Dann mal los."
Wir liefen weiter Gang für Gang ab und ich war mir sicher, dass das die beste Methode war, um sich vorzuarbeiten.
Irgendwann, als ich Minho schon fragen wollte, ob wir uns langsam auf den Rückweg machen wollten, bog er um eine Ecke und blieb nur einen Meter vor mir wie angewurzelt stehen, weshalb ich in ihn rein lief.
„Hey, was zum-?", begann ich, verstummte dann aber, als ich sah, weshalb er so plötzlich angehalten hatte.
Vor uns lag kein weiterer Gang, sondern eine große Fläche, die mindestens eine Seitenlänge von 200 Metern hatte. Wie gesagt, ich war wirklich nicht gut darin, Entfernungen zu bestimmen, ich hätte mich also auch völlig irren können – aber was ich wusste war, dass das, was vor uns lag, ziemlich groß war.
In der Mitte waren Flügelartige Blechscheiben in mehreren Reihen angeordnet, die mindesten 4 Meter hoch waren. Auf der anderen Seite ging ein weiterer Gang ab, der aber schon nach wenigen Metern einfach zu enden schien. Eine Sackgasse?
Sprachlos standen wir da, bis mir ein Gedanke kam, den ich loswerden musste.
„Was, wenn es diese Tore sind, die wir nachts hören?" Ich deutete neben uns, wo offensichtlich normalerweise ein Tor wie an der Lichtung war.
„Möglich. Wir sollten das beobachten. Aber der Gang da hinten verwirrt mich. Warum endet er so plötzlich?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht einfach eine Sackgasse?"
„Meinst du wirklich? Sieht irgendwie auch so aus, als wäre dort ein Tor."
Er hatte Recht. Aber es war verschlossen, also konnten wir heute sowieso nicht mehr herausfinden, was dahinter war.
„Lass uns für heute Schluss machen, Minho. Wir können morgen wieder herkommen", schlug ich vor und er nickte.
Wir drehten also um und joggten den Weg, den wir gekommen waren, wieder zurück. Weit entfernt hörten wir den Schrei eines Grievers, weshalb wir unsere Schritte ein wenig beschleunigten, ohne dabei wieder in Panik zu geraten. So erreichten wir die Lichtung, dieses Mal unverletzt und nur ein wenig außer Atem, pünktlich bevor die Sonne unterging, wie ich es Newt versprochen hatte.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt