Der Rest des Lebens

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Sicht Kevin 

Ich lag wach im Bett und starte an die Decke. Pascal lag auf der Seite liegend da und hatte einen gleichmäßigen Atemrhytmus, was mir sagte, dass er schon ganz tief in seiner kleinen Traumwelt war. Ich hingegen konnte nicht an schlaf denken...

Alles in meinem Kopf kreiste um Jul, wo sie war, was sie tat, ob sie überhaupt noch lebte. Die Polizei suchte weiterhin, keine Leiche, keine Hinweise, die Hunde hatten am Kanal die Spur verloren. Man ging davon aus, dass sie sich in den eisigen Wasserkanal geworfen hatte und nun Richtung Meer trieb. 

Nichts was ich wünschen würde, aber vielleicht sollte es die letzte Erinnerung an sie sein. Anderseits wollte ich auch nicht dran denken, sollte man sie finden, mich von einer aufgeweichten Wasserleiche zu verabschieden. Auch wusste ich, wenn sie sich umgebracht hätte, dann mit mehr Stil.

Aber was ist schon Stil bei einem Selbstmord? Springen? 

Ich rieb über meine roten Augen, da mir schon wieder die Tränen kamen. Zum schlafen würde ich heute Nacht nicht mehr kommen, also griff ich zu meinem Handy und hoffte auf ein Lebenszeichen, aber nichts stand auf meiner Anzeige. 

Gezielt ging ich auf unseren Chat und las mir viele Nachrichten durch, hörte mir alte Memos an und sah all unsere Bilder durch. Ich musste oft lächeln, aber überwiegend schluchzte ich auf, da ich all das nurnoch im Kopf hatte und nie wieder erleben konnte. 

Stunden vergingen , in denen ich mich in ihrem Chat befand, als es plötzlich passierte... ihr Account wurde als online angegeben! Meine Augen wurden groß und ich rieb sie ungläubig. Sie war on! Sie lebte ! sofort schrieb ich eine Nachricht an sie 

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                                                                                      JUUL <3                        

                                                                                                                                                        Jul! Jul wo bist du !?

                                                                                                                                       Wir machen uns alle sorgen!

                                                                                                                                                    Bist du in Sicherheit!?

                                                                                                                                                                 Sag doch was !?

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Ich hoffte vergeblich auf eine Antwort, als plötzlich die onlineanzeige verschwand, dann das Profilbild und dann der Status. Mir stockte der Atem, hatte sie mich etwa blockiert?  Aber das war mir egal, ich wusste, dass sie lebt, nur musste ich herausfinden, wo sie war....

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Sicht Jul

Ich lehnte meinen Kopf müde an die kühle Fensterscheibe. Mein Handy steckte ich langsam in meine Tasche. Eine Träne tropfte von meiner Wange. Ich wollte ihm antworten, aber ich konnte nicht. Ich wollte nicht mehr, ich wollte mit Sebastian abschließen, was hieß, dass ich meine Jungs auch hinter mir lassen musste. 

Traurig fiel mein Blick von der Bordanzeige zum Fenster hinaus. Unter mir leuchteten die Lichter der Großstädte so unendlich hell als wir sie überflogen, genau so unendlich schienen sie auch weg zu sein. Alles schien unendlich weg zu sein... weit weg.

Mein Mann, meine Freunde, mein Kind, alles war unendlich weg... und es fühlte sich so an als ob meine Schultern nun endlich frei waren, dass ich hier hoch konnte, aber zeitgleich zog die Schuld sie einfach zu verlassen mich an den Beinen wieder herab.

Vorsichtig strich ich mit dem Finger über den Ehering und den Verlobungsring. "Ich dachte du bist mein größtes Glück..." hauchte ich leise, und hoffte er würde es hören, obwohl mir bewusst war, dass ich auf einem ganz anderen Kontinent war. 

Ich hatte all meine Hoffnung in ihn gesetzt, und alles was passiert war, war ein schlag in die Fresse. Nie wieder wollte ich auf jemanden reinfallen.... der Ring sollte die Mahnung an mich und eine Abwehr gegen andere sein. 

Als ich wieder hustete und nach Luft schnappre zog ich den kragen meines Pullis höher. Meine Hand umklammerte fest das Stück Papier, mein Todesurteil, dass ich kurz vor meinem Flug vom Arzt geholt hatte. Nun war ich mir sicher dass der Mann mich krank gemacht hatte. 

Jedes einzelne Körperstück dass er jemals berührt hatte trug nun Metastasen und Krebszellen, alles in mir starb, und er war für mich die schuld, wie die Ratten Pest übertragen hatten, hatte die kleine Ratte mir die Pest des 21. Jahrhunderts übertragen. 

Ich wusste ich hatte nicht mehr lange gehabt, hätte die zeit bei meinen liebsten verbringen können....aber er hatte es mir selbst da unerträglich gemacht.... und ich wollte nicht sterben mit den traurigen Gesichtern meiner Freunde als letzte Erinnerungen. Ich wollte ihren Stolzen Blick behalten, den sie hatten als ich wieder aus meinem Zimmer kam.

Mit diesen Erinnerungen wollte ich bei meiner Ziehfamilie sterben, in Amerika, bei Jacoby. Ich war dort sicher und konnte mich auf Hilfe verlassen... und einen schönen Tod. 

Als das Flugzeug gelandet war atmete ich tief die Luft der Nacht Los Angeles ein... mein letzter Abschnitt des Lebens hatte begonnen.... 

















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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 22, 2019 ⏰

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P!tch Blease (Eskimo Callboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt