Lebe ich noch?

1.5K 51 2
                                    

„ Miss Chen!", werde ich angeschrien. Ich schrecke auf, lasse meine Zeichnung fallen. Seit dem letzten Fall bin ich geistig total abwesend. Meine Psychologin hebt das Zeichenbuch auf und schaut in meine Bilder hinein. Chin zwang mich dazu, einmal an einer Sitzung teilzunehmen. Jetzt muss ich jede Woche einmal vorbei kommen. Angeblich wäre ich psychisch instabil. Miss Namela dreht das Buch um und sieht meine neue Zeichnung an: „ Miss Chen, was hat das zu bedeuten?" Sie betrachtet das Mädchen, welches glücklich über die Wellen läuft. Unter ihr jedoch sieht man einen Schwall aus misslungenen Träumen. Zerrissene Diplome, Geldscheine, gebrochene Herzen. Doch das wichtigste befindet sich hinter dem Mädchen. Ein Mann, sein Gesicht verdeckt, zielt mit einer Waffe auf sie. Ich bin noch nicht komplett fertig, daher nehme ich das Buch Miss Namela aus der Hand: „ Nichts! Ich zeichne nur. Nichts besonderes!" Der Timer klingelt und schneller als die Psychologin reagieren kann, sprinte ich aus dem Zimmer.

Mit hoher Geschwindigkeit rase ich durch die Straßen Honolulus. Tränen sind in meinen Augen. Diese durchgeknallte Lady meint ernsthaft, sie würde mich verstehen. Ohne es zu merken fahre ich zu meinem alten Haus. Einige Zeit stehe ich einfach davor. Ich setze den Helm ab und gehe zur Tür. Tief atme ich durch und klopfe an. Ein junges Mädchen öffnet mir die Tür: „ Hallo?" „ Ich bin Kima Tah Chen, ich habe früher hier gewohnt", antworte ich etwas perplex. „ Schatz, wer ist da?", eine Frau, wahrscheinlich die Mutter stellt sich hinter das Mädchen. Schnell erklärt das Mädchen ihrer Mutter, was los ist. „ Ach so! Wollen Sie vielleicht reinkommen und sich umsehen, was sich alles verändert hat?", bietet mir die Frau an. „ Anscheinend ist das einzige, dass sich hier verändert hat, die Familie", lehne ich ihr Angebot ab. Dann fällt mir die Dringlichkeit im Blick der Mutter auf: „ Ist bei ihnen alles in Ordnung?" „ Natürlich!", antwortet sie, schüttelt aber energisch ihren Kopf. Etwas stimmt hier ganz und gar nicht. Ich ziehe mein T-Shirt so hoch, dass meine Marke und meine Waffe sichtbar sind. Die Augen der Frau weitern sich. Plötzlich schreit das Mädchen und ich kriege einen Schlag in das Genick. Das einzige was ich noch mitbekomme ist, wie mein Kopf auf dem Boden aufschlägt. Dann ist alles schwarz.

Langsam komme ich wieder zu mir, mit den zweit schlimmsten Kopfschmerzen, die ich jemals hatte. Als ob ich einen ziemlich miesen Kater hätte, wie nach der Abschlussfeier am College. Eigentlich möchte ich wie gewöhnlich mit meinen Fingern meine Schläfe massieren, doch das Klebeband an meinen Handgelenken hindert mich daran. Mittlerweile kann ich wieder scharf sehen und schaue mich um. Ich sitze mitten in unserem alten Wohnzimmer, die Frau und ihre Tochter sind an zwei Stühle eher in der Küche gefesselt. „ Sie schlafen ganz schön lange, Miss Chen", höre ich eine Stimme hinter mir. Schritte nähern sich  von hinten und ein Mann an die dreißig läuft gelassen an mir vorbei und stellt sich vor mich. „ Tut mir leid, mein Wecker funktioniert nicht", kontere ich neckisch. Grinsend entsichert der Mann seine Waffe und sieht mir ins Gesicht: „ Der war gut! Darf ich mich vorstellen? Schließlich kenne ich Sie, doch Sie mich nicht." „ Soll ich etwa raten?" Wieder lacht der Mann: „ Sie haben einen guten Sinn für Humor. Mein Name ist Alexander Simons, Freund ihres Vaters. Er hat viel von Ihnen erzählt. Schön sie mal persönlich zu treffen." Die Erwähnung meines Vaters bringt mich aus dem Konzept: „ Sie kennen meinen Vater?" Triumphierend lächelt mich Alexander an. Ich löse meinen Blick von ihm und schaue zu der Familie. „ Ihnen wird nichts passieren. Sie kamen nur ein paar Tage zu früh von ihrem Urlaub nach Hause. Ich werde sie frei lassen, wenn Sie tun, was ich sage", erklärt mir der Mann. Demonstrativ spreize ich meine Finger: „ Tut mir leid, doch ich bin leider gerade etwas verhindert." „ Sie sollen einfach nur mit ihrem Vater reden", antwortet Mr Simons. „ Dafür schickt Sie Dominik Hellys in unser altes Haus, wo die Wahrscheinlichkeit, dass ich hier vorbei komme, ziemlich gering ist und Sie riskieren, verhaftet zu werden ?", frage ich den Mann. Ich analysiere meinen Gegenüber, braune Haare, muskulös, im Anzug, etwa 1,80 m groß. Anscheinend macht er seine Sache schon länger, denn er strahlt eine gewisse Professionalität aus, die ich bei Sang Ming nicht gesehen habe. „ Und wie? Ist Mr Hellys auch hier und versteckt sich hinter der Tür da, um eine gewisse Dramatik in sein Erscheinen zu bringen?", sage ich und hoffe, dass ich falsch liege. Der Typ grinst immer noch: „ Es tut mir leid Sie enttäuschen zu müssen, aber ihr werter Herr Vater konnte leider nicht zu unserem Treffen kommen." „ Und was soll das ganze Theater hier dann bewirken?", mittlerweile bin ich wirklich etwas verwirrt.

Dannys Sicht:
Nie wieder werde ich den Seal meinen Camero fahren lassen. Eigentlich sollte man dem Kerl gleich den Führerschein abnehmen. Etwas schwankend steige ich aus und McGarrett lacht laut los: „ Verdammt Danny, stellst du dich immer so an, wenn du mal über 100 km/h fährst?" Ich ignoriere ihn einfach und mache mich auf den Weg zu den Büros im Hauptquartier. Vor ungefähr einer halben Stunde hat Chin mich angerufen mit der Befürchtung, Kima Tah könnte etwas zugestoßen sein. Sie sollte nach dem Training zum Iloiani Palace kommen, wo sie aber nicht aufgetaucht ist. Mittlerweile hat sich der Navy Seal vor mich gedrängelt und betritt nun als erster die Büroetage. Der Typ hat doch echt einen Kontrollzwang. Ich schiebe mich an ihm vorbei und begrüße unsere Kollegen. Die Hawaiianer sehen sehr besorgt aus, was ich endlich verstehen kann. Seit dem Tod ihrer Mutter und den dazugehörigen Ereignissen, waren Kono und Chin wie eine Familie für Kima. Ich würde auch aufgewühlt sein, würde jemand meiner Tochter Grace etwas antun. Der ehemalige Detective läuft auf und ab, während seine Cousine schon auf dem Smarttable herumtippt. „ Und? Habt ihr schon was?" fragt McGarrett. „ Natürlich! Deswegen stehen wir auch hier rum und sind nicht schon längst auf dem Weg, dem jungen Officer zu helfen!", antworte ich sarkastisch an der Stelle meiner Kollegen. Dafür kassiere ich vom Seal eine Art Laser-Killer-Blick, der mehr so aussieht, wie wenn Kamekona auf sein Essen warten müsste. „ Nein. Seit dem Ende der Sitz... des Trainings haben wir keinen Kontakt mehr mit ihr. Eigentlich sollte Kima hier ins Hauptquartier kommen, da ein Teil des Papierkrams ihre Aufgabe ist, doch sie kam nicht. Wir haben schon probiert, sie anzurufen, aber bisher ohne Erfolg", erläutert uns Chin Ho die Lage. Plötzlich schreit Kono triumphierend auf, was sogar den Miesepeter Steve McGarrett neben mir erschreckt. Dieser würde das aber nie zugeben. Sie rennt einmal auf die entgegen gesetzte Seite des Smarttables zu uns rüber und befördert eine Karte Honolulus auf den Bildschirm vor uns: „ Ich habe es geschafft, Kimas Handy zu Orten. Sie befindet sich im Westen der Stadt und bewegt sich nicht." Der Hawaiianer drängt sich ein bisschen vor und nach längerem Betrachten der Karte sieht man einen Ausdruck der Verwirrung auf dem Gesicht des Polizisten. „ Chin, was hast du? Kennst du die Adresse?", wow, ich hätte nicht gedacht, dass McGarrett Gefühle erkennen und deuten könnte. Der Hawaiianer senkt seinen Blick und nickt: „ Ja. Es ist das alte Haus, in dem Kima vor dem Vorfall mit ihren Eltern gelebt hat. Sie fährt da nur sehr selten hin. Eigentlich immer nur am Jahrestag des Todes ihrer Mutter. Und auch dann bleibt sie nur wenige Minuten dort." „ Also würde sie nicht freiwillig länger dort bleiben?", mit meinen Händen probiere ich die Dringlichkeit der Sache zu vermitteln. Von der Hawaiianerin und dem Seal kriege ich einen schrägen Blick zugeworfen, doch Chin nickt zustimmend: „Etwas stimmt hier ganz und gar nicht!" Nur Millisekunden nachdem der Hawaiianer das gesagt hat, verschwindet die Markierung von der Karte. „ Los! Ihr Handy wurde ausgeschalten! Wir fahren sofort zu dem Haus!", kommandiert Steve rum und rennt Richtung Ausgang. Chin, Kono und ich folgen ihm sofort und mit Schrecken stelle ich fest, dass der Commander immer noch die Schlüssel zu meinem Wagen hat. Ich steige ein und bete schweigend, dass wir ohne einen Unfall und lebend ankommen. Das kann ja heiter werden....

My past is always behind me      #hawaii5O #fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt