Die Bombe

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Chins Sicht:
„Wenn ich Sie wäre, würde ich mich nicht bewegen, Officer Kelly", weist mich jemand an und obwohl ich meine Augen wieder öffne, bleibt alles um mich herum schwarz. Wo bin ich? Ruckartig zieht mir Victor Hesse die Kapuze vom Kopf und lässt sie neben mir fallen. Meine Augen müssen sich erst wieder ans Licht gewöhnen, bevor ich zu ihm aufschaue. Er hält einen Zünder in der Hand und ich spüre fast, wie der metallische Ring um meinem Hals schwerer wird. Es ist noch früh am Morgen, was wahrscheinlich der Grund ist, weshalb noch niemand Hesse und mich auf dem Platz vor dem Iloiani Palace bemerkt hat. „Gute Entscheidung, meinen Anweisungen zu folgen. Wenn Sie sich bewegen oder jemanden probiert, die Bombe zu entschärfen, darf ihr Team Sie vom Boden hier aufsammeln. Besser gesagt, das was von Ihnen übrig ist", erklärt mir Victor Hesse mit einem psychopathischen Grinsen. Ich verkrampfe mich, bewegen mich aber keinen Millimeter. Hesse kniet sich vor mir hin und steckt mir ein Tasten-Handy in die Brusttasche: „Ich werde anrufen. Sorgen Sie dafür, dass McGarrett abnimmt." Er steht wieder auf und geht davon. Irgendwo hinter mir dreht sich Victor Hesse nochmals zu mir um. „Und Officer Kelly! John McGarrett hat Sie gut ausgebildet. Meinen Respekt. Schade nur, dass Sie das alles mit einer einzigen Aktion ruiniert haben", kurz danach höre ich, wie er mit Dannys Camero wegfährt. Alleine bleibe ich auf dem Platz zurück.

Kimas Sicht:
„Chin!", rufe ich und probiere, durch die Absperrung zu kommen. „Miss, Sie können jetzt nicht zu ihm!", will mich ein älterer Polizist aufzuhalten. Ich ignoriere ihn einfach. Schneller als meine Kollegen erreiche ich Chin, welcher in mitten des evakuierten Platzes kniet. Ein Gerät hängt um seinen Hals. Fast falle ich neben ihm hin und möchte meinen Freund am liebsten umarmen, doch Steve hält mich zurück. „Das ist eine Bombe mit Quecksilber-Auslöser, welcher bei Bewegung auslöst", sagt McGarrett und hält mich zurück. „Geht es dir gut, Chin?", frage ich den Hawaiianer besorgt. Extrem vorsichtig nickt Chin. Steve kniet sich zu uns beiden hinunter und fragt: „Hast du irgendwas gesehen?" „Nein, ich gar nichts gesehen. Ich bin hier aufgewacht mit der Kapuze auf dem Kopf. Und Boss! Er will sich bei dir melden mit weiteren Instruktionen", antwortet ihm der Hawaiianer. Passend im Moment klingelt ein Handy. Vorsichtig nimmt der Commander es aus Chins Brusttasche heraus. „McGarrett?", meldet er sich. Ich verstehe kein Wort von dem, was er mit Victor Hesse bereden.

„Und? Was will er?", kommt mir Danny zuvor. Genervt schnaubt Steve bevor er ihm antwortet: „Er will zehn Millionen Dollar und sicheres Geleit von der Insel. In einer Stunde ruft er nochmal an." Deprimiert senke ich meinen Kopf. Plötzlich höre ich einen Schrei: „Chin!" Auch Kono kommt angerannt, die Schutzweste immer noch um ihre Brust geschnallt. Besorgt setzt sie sich neben Chin und möchte ihn, so wie ich vorher, umarmen. Wie auch ich wird sie von McGarrett und Danny aufgehalten. „Ich werde die Gouverneurin anrufen und um Hilfe bitten", schon greift Steve zum Smartphone. Ich wüsste auch eine Möglichkeit, an das geforderte Geld zu kommen.

Das Bombenräumkommando muss den Sprengkörper kontrollieren, weshalb wir Chin alleine lassen müssen. Steve telefoniert noch mit der Gouverneurin und auch ich spiele mit dem Gedanken, einen Anruf zu tätigen. Doch bevor ich zu meinem Handy greifen kann, kommt der Commander zu uns. „Und? Was hat die Gouverneurin gesagt? Hilft sie uns?", fragt Danny. „Nein. Mit Terroristen verhandeln wir nicht", antwortet Steve. „Und was sollen wir nun Chin sagen?" der Detective schaut besorgt zu dem Hawaiianer und seiner Cousine rüber. Gefühlskalt sage ich: „Die Wahrheit." Etwas erschrocken sehen mich meine Kollegen an. „Ihr kennt Chin. Falls wir ihn anlügen würden, wüsste er es sofort", erinnere ich sie: „wenn ihr es erlaubt, würde ich auch jemanden anrufen." Wissend schüttelt Steve den Kopf. Trotzdem verbanne ich den Gedanken nicht komplett aus meinem Gehirn.

Ich kann nicht zu Chin zurück. Ich hätte gestern bei ihm sein sollen! Ich hätte mit ihm das Boot sichern sollen! Oder einfach nur mit Sang Min warten! Natürlich braucht er jetzt jegliche Unterstützung, die wir aufbringen können, doch ich kann ihm einfach nicht in die Augen schauen. Nach mehreren Minuten kommt Steve zu mir: „Wir müssen zu Chins Haus! Wir haben drei Stunden!" Ich folge ihm zu seinem Wagen. Kurz vor dem Einsteigen dreht sich der Commander zu mir um und hält kurz inne: „Weißt du von den Blaupausen vom HPD? Die, die Chin besitzt." „ Ja, warum fragst du?", antworte ich McGarrett ehrlich. Erschrocken stelle ich seine Ernsthaftigkeit fest. „Es ist wegen dem Vorfall, oder?" „Wir wollen das Geld aus der Asservatenkammer stehlen. Du weißt, dass ich Chin glaube!", verteidigt sich der Seal sobald wir im Auto sitzen. Wir schweigen die Fahrt über.

Chins Sicht:
Schnell laufen Kima, Danny und Steve in das Hauptquartier, die Blaupausen unter dem Arm. Ich merke, wie Danny misstrauisch zu mir schaut. Es ist wahrscheinlich nicht gerade entlastend, wenn man die Pläne einer Polizeizentrale in einem Geheimversteckt in seinem Schlafzimmer hat. Es enttäuscht mich ein Bisschen, dass der Detective mir immer noch nicht glaubt, doch es ist verständlich. Vertrauen, natürlich! Doch wenn alle einem sagen, dass man jemandem nicht glauben kann, hat das Auswirkungen auf einen. Auch Kima hält sich von mir fern. Sie ist verunsichert, was ich ihr ansehen kann. Obwohl sie es nicht bemerkt, beobachte ich die Kleine ständig, sobald sie in meiner Sichtweite ist. Hoffentlich kommt Kima nicht auf noch dümmere Gedanken als der Commander.

Wenige Minuten später später kommt das Team wieder heraus. Steve und Kono fahren zum HPD, während Kima auf mich zukommt. In der Hand hält sie eine Wasserflasche mit Strohhalm. „Du hast sicher Durst. Bei dieser Hitze", sagt sie und hält die Flasche so, dass ich ohne Bewegung trinken kann. Dankend nehme ich das Angebot an. Ich spüre, wie das Wasser meine trockene Kehle kühl hinunter läuft. Vorsichtig nimmt Kima die nun leere Flasche weg. Schuldbewusst senkt sie ihren Kopf: „Es tut mir leid, Chin! Es tut mir so unendlich leid! Ich hätte bei dir sein müssen! Ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen! Ich sollte hier sitzen, nicht du!" „Kima! Hör auf damit! Hör auf damit, dir für alles Böse auf der Welt die Schuld zu geben! Niemand kann die Vergangenheit ändern", während ich das sage, fällt mir mein väterlicher Ton auf. Irgendwie schon etwas peinlich. Schweigend sitzen wir da. Wir brauchen keine Worte, um uns miteinander zu unterhalten.

Es vergeht die Zeit und irgendwann kommt Kono zu uns. „Wir haben das Geld, Chin! Alles wird wieder gut!", sagt sie aufmunternd. Doch wir alle wissen, dass Victor Hesse unberechenbar ist. Ich habe heute Morgen seine Augen gesehen. Er ist auf Rache aus. Und da Steves Schwester nicht auf der Insel ist, nimmt er sich halt FIVE-O vor. Schließlich sind wir auch eine Art Familie. „Kono, Kima, ich möchte euch etwas sagen. Was immer passiert, ich bin stolz auf euch. Ihr seid zwei der besten Polizisten, die ich je in meinem Leben getroffen habe. Ihr werdet die Insel so sicher machen, dass kein Krimineller jemals wieder einen Fuß auf Oahu setzen möchte", ich spüre, wie mir etwas tief in mir drinnen sagt, dass das hier höchstwahrscheinlich das letzte Mal sein wird, wo ich mit den beiden reden kann. Fast schon verzweifelt schnauzt mich Kima an: „Verdammt, Chin! Du redest, als ob du gleich sterben würdest! Hast du Kono nicht zugehört! Alles wird gut!" Ich weiß nicht, ob sie mich oder sich selbst überzeugen möchte. Mein Cousinchen stimmt ihr zu: „Wir werden Hesse das Geld geben und sobald er die Bombe entschärft hat, nehmen wir ihn fest und er wird für immer in Halawa verrotten!" Auch ihr steht der Zweifel ins Gesicht geschrieben. Langsam verkrampft sich meine ganzer Körper und jeder einzelne Muskeln schreit praktisch nach Bewegung, doch mein Geist ist stärker. Noch gebe ich nicht einfach so auf.

Gerade möchte Kono gehen, da rufe ich: „Hey Cousinchen! Aloha." „Aloha, Chin." Sie geht zu Steve und beide machen sich auf dem Weg zu Hesse. Kima bleibt stur neben mir sitzen und drückt meine Hand. „Ich werde immer an deiner Seite bleiben!", verspricht sie mir. Doch das weiß ich schon seit fast elf Jahren...

My past is always behind me      #hawaii5O #fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt