Türchen 10

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Aro sah mich einen Augenblick lang einfach nur an. Dann räusperte er sich und wandte mir den Rücken zu, um zu seinem Thron zurückzukehren.

Mit einem Satz stand ich vor ihm und knurrte ihn an. ,,Du kehrst mir jetzt nicht den Rücken zu und kneifst. Wenn du schon damit anfängst und dein Maul aufreißt, hab wenigstens den Mut, es dann auch zu Ende zu führen.", knurrte ich wütend.

,,Ich meinte damit, dass du komplett außer Kontrolle gerätst und es so scheint, als könntest du nicht mehr klar denken, seit du dich dazu entschlossen hast, aus der Aufgabe, die wir dir gegeben haben, noch dein eigenes Vergnügen zu ziehen und mal wieder jemanden zu deinem Spielzeug zu machen, wie du es schon so oft bei Frauen getan hast.", war Aros einzige Aussage dazu, für die er aber ein wenig brauchte, bis er sie aussprach.

Ich sah, wie sich Ruth verspannte. Sie sah mich an. In ihrem Blick lagen viele Gefühle. Vor allem aber Verwirrung, Angst und auch ein wenig Entsetzen.

,,Und langsam hoffe ich echt, dass du deine Aufgabe so schnell wie nur möglich beendest und außerdem die Lust an deinem neuen Spielzeug verlierst. Die anderen Male hat es ja auch nicht lange gedauert.", Aro sah mich wütend an.

Plötzlich schlug ein Blitz mitten in den Thronsaal ein. Mein Blick ging zu Ruth. Es war klar, dass dieser Blitz von ihr stammte, da ihre Gefühle nun mit ihr durchdrehten. Sie sah mich an. Tränen standen in ihren Augen und sie begann den Kopf zu schütteln. ,,Ich war nur dein Spielzeug...", hauchte sie, bevor sie dann davon rannte.

,,Ruth!", rief ich ihr hinterher, doch sie blieb nicht stehen. Knurrend blickte ich Aro an, welcher etwas geschockt wirkte. ,,Oh oh...", hörte ich Marcus murmeln. Sie beide hatten schon sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht, wenn man mir mein Spielzeug abnahm. Doch nun hatten sie mir nicht einfach nur mein Spielzeug abgenommen.

Wütend stürzte ich mich auf Aro und schmiss diesen gegen die gegenüberliegende Wand. Er schlug mit einem lauten Krachen gegen sie. Im nächsten Moment stand ich vor ihm und warf ihn wieder durch den Thronsaal. Danach warf ich ihn mit aller Kraft in die Mitte des Thronsaals auf den Boden.

Sicher, Aro war kein furchtbar schlechter Kämpfer, aber ich war nun mal besser. Ich war der beste Kämpfer des Schlosses und einer der besten Kämpfer der ganzen Vampirwelt. Aro war ein durchschnittlicher Kämpfer, da er sich auch nicht bei größeren Kämpfen ins Getümmel stürzte, sondern sich eher zurückhielt und Marcus war ein geradezu grauenvoller Kämpfer. Er hielt nichts vom Kämpfen und ließ sich eher erlegen, als das er kämpfte.

Das war nur zu Zeiten Dydimes anders gewesen. Da gab es für ihn einen Grund, um sein Überleben zu kämpfen.

Wütend packte ich Aro am Kragen und schmiss ihn gegen seinen Thron. Der Thron flog mit ihm nach hinten und ich baute mich vor ihm auf.

,,Bete um dein Leben, dass ich sie wiederfinde. Ansonsten bist du tot, Bruder.", knurrte ich ihn an, bevor ich ihm den Rücken zuwandte und den Thronsaal und auch das Schloss verließ.

Solange es hier in Volterra noch in Ströhmen regnete und es heftig stürmte, war klar, dass sich Ruth noch in Volterra aufhielt. Doch sobald es weg war, war klar, dass sie nun in einer anderen Stadt sein musste. Dann würde dieses Wetter auf diese Stadt übergehen.

Obwohl ich ihm ströhmenden Regen stand, schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf meine Sinne. Klar, ich war kein Tracker, wie Demitri und konnte sie nicht über mehrere hunderte Kilometer verfolgen, aber dennoch konnte ich, wie ein normaler Vampir mit meinen Sinnen jagen.

Hören würde ich sie bei diesem Gewitter nicht, sehen erst recht nicht, fühlen konnte ich sie auch nicht, aber vielleicht konnte ich sie mit etwas Glück riechen. Immerhin war mir ihr Geruch mehr als vertraut.

Also konzentrierte ich mich komplett auf meinen Geruchssinn. Doch ich nahm nur den Geruch von vielen Menschen und den Geruch des Regens wahr.

Schnell rannte ich in die Stadtmitte, damit ich von jedem Punkt der Stadt gleich weit entfernt war und konzentrierte mich wieder auf meinen Geruchssinn.

Ich roch sie, doch es war nicht eindeutig, von wo es kam. Also hieß es nun: scharf nachdenken.

Wo würde sie sich in so einer Situation aufhalten? Da kam es mir in den Sinn, wo sie sich vielleicht aufhalten könnte. Die Gasse, in der alles begonnen hatte.

Sie verfluchte mich gerade sicher und auch die Tatsache, dass sie überhaupt an mich geraten war. Und was war daran Schuld? Dass sie in diese Gasse gegangen war und dort verwandelt worden war. Dort hatte der ganze Schlamassel angefangen. Sie war verwandelt worden, hatte ihre beste Freundin getötet, immer mehr Leute getötet und war schließlich auch an uns Volturi und somit an mich geraten.

Schnell rannte ich zu dieser Gasse. Um so näher ich der Gasse kam, umso stärker wurde ihr Geruch. Am Eingang der Gasse blieb ich stehen und blickte in die Gasse rein. Hinten in der Ecke kauerte sie. Hatte die Arme um die Beine geschlungen und schluchzte leise vor sich hin.

Langsam lief ich auf sie zu und ging vor ihr in die Hocke.

Sie funkelte mich wütend an und neben mir schlug ein Blitz ein. Ich zuckte zusammen und wich zurück. ,,Okay, ich hab es verstanden. Du willst nicht, dass ich dir näher komme. Aber bitte, verkokle mich nicht mit einem Blitz.", meinte ich vorsichtig. Sie funkelte mich weiter an.

,,Ruth, Aro hat nur zum Teil die Wahrheit gesagt. Er liegt richtig dabei, dass das normalerweise so war. Und ja, ich habe mir schon oft irgendwelche Frauen zum Spielzeug gemacht, aber bei dir war das anders. Du bist für mich kein Spielzeug. Bei dir ist es nicht so, dass ich irgendwann genug von dir habe und dich dann links liegenlasse. Du bist mir wirklich wichtig. Und du bist auch kein Spielzeug für mich.", sagte ich vorsichtig zu ihr. Sie schaute mich an und das Unwetter wurde ein bisschen weniger.

,,Woher soll ich wissen, dass du mich jetzt nicht einfach anlügst, weil ich sonst eine Gefahr für die Vampirwelt darstellen würde?", schluchzte sie.

,,Ich würde dich niemals anlügen, Ruth.", murmelte ich. ,,Und wieso?", wimmerte sie. Ich sah sie einen Augenblick schweigend an und presste meine Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Dann kniete ich mich direkt vor sie und strich mit dem Daumen ihre Träne weg.

,,Weil ich dich liebe, Ruth...", wisperte ich leise.

Uncontrollable *Adventskalender*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt