Türchen 24

775 23 4
                                    

Im Schloss angekommen liefen wir in den Thronsaal.

Als Marcus auch Ruth erblickte, war ihm klar, was los war. ,,Warum tut ihr euch das gegenseitig an?", seufzte er kopfschüttelnd und ließ den Kopf leicht hängen.

Aro wandte sich an Sulpicia. ,,Liebling, geh doch bitte mit Ruth raus. Ihr könnt irgendwo warten, bis wir uns fertig besprochen haben.", bat er seine Ehefrau. Ruth sah mich einen Augenblick an, doch ich erwiderte den Blick nicht. Es war für mich grauenvoll, dass sie sterben wollte. Und ich konnte nicht begreifen, wie sie mir das antun konnte.

Wenn wir für immer voneinander getrennt sein würden, würde es für uns beide grauenvoll sein. Aber sie hatte keine Vorstellung davon, was sie mir damit antun würde, wenn Aro nun wirklich entscheiden würde, dass sie sterben musste.

Zusammen verließen also die beiden Frauen den Thronsaal.

Aro und Marcus erhoben sich. Wir liefen zu der Tafel, an der wir meistens bei Besprechungen saßen und ließen uns nieder.

Mein Blick ging starr auf die dunkle Tischplatte, während ich unter dem Tisch meine Hände komplett verkrampfte.

,,Nun müssen wir uns für etwas entscheiden, Bruder...", murmelte Aro und ich merkte seinen Blick an mir haften. Auch Marcus schien mich mit seinen Augen zu durchbohren. Ich jedoch wollte keinen der Beiden angucken. Am liebsten würde ich einfach die Zeit zurückdrehen und verhindern, dass ich zusammen mit Ruth die Kontrolle verlor. Verhindern, dass wir beide Bestien wurden und dafür sorgen, dass sie die Kontrolle bekam. Doch dafür war es nun zu spät.

,,Was denkst du, sollten wir tun?", fragte Marcus vorsichtig an mich gewandt. Plötzlich brach bei mir ein Damm. ,,Bitte, tötet sie nicht...", schluchzte ich und sah sie an. Marcus' leicht verspannte Gesichtszüge wurden sofort weich, als er mich so sah. Dann begann er den Kopf zu schütteln. ,,Wir werden sie auf keinen Fall töten...", meinte er dann sanft zu mir. ,,Aber...", begann Aro langsam. Marcus fuhr zu ihm herum. ,,Nichts, aber, Aro! Wir werden Ruth nicht töten. Wir werden Caius nicht das Selbe antun, wie du mir angetan hast. Außerdem, würdest du wollen, dass Caius so wird, wie ich? Dann hast du zwei neben dir sitzen, die absolut keinen Lebenswillen mehr haben!", fuhr Marcus Aro an. Ich schluchzte nur leise vor mich hin. ,,Also nein, wir werden Ruth unter gar keinen Umständen töten.", knurrte Marcus leicht, bevor er sich dann erhob, um den Tisch rumschritt und mich in den Arm nahm.

Diese Umarmung fühlte sich überraschend gut an und ich ließ mich komplett fallen. Schluchzend klammerte ich mich an Marcus' Robe fest, der mich einfach nur hielt. ,,Es wird alles gut. Wir werden sie nicht töten.", murmelte Marcus beruhigend und strich mir über den Rücken.

Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, setzte sich Marcus sicherheitshalber neben mich, damit er immer schnell zur Stelle sein konnte.

,,Wie würdest du es denn gerne haben, dass wir vorgehen, Caius?", wollte Marcus sanft wissen. Ich überlegte einen Augenblick.

,,Ich will, dass sie weiterlebt. Und ich will nicht für immer von ihr getrennt sein. Aber gleichzeitig können sie und ich nicht zusammen sein. Das Problem ist, dass wir sie aber auch nicht in die Welt hinauslassen können, weil sie unkontrollierbar ist und aus reiner Provokation auffällig jagen würde. Und wenn sie so weitermacht, dann bleibt uns nichts Anderes übrig, als sie zu töten, was ich nicht kann. Also müssten wir sie eigentlich hier behalten, aber so, dass sie und ich nicht die Kontrolle verlieren können. Nur habe ich nicht den blassesten Schimmer, wie wir das anstellen sollen.", kam es wie ein Wasserfall aus meinem Mund.

,,Ich hätte vielleicht eine Idee...", murmelte plötzlich Marcus. Fragend sahen Aro und ich ihn an. ,,Wir haben hier im Schloss Türme. Sie war schon mal in einem der Türme. Wir könnten ihr den Turm schön herrichten und so weiter. Dann lebt sie in diesem Turm, wir lassen ihr immer Essen bringen, sie ist nicht in der Welt draußen und verliert dort die Kontrolle, aber ihr könnt euch auch nicht nah kommen und die Kontrolle verlieren.", erklärte Marcus.

,,Sie einsperren? Das geht nicht...", meinte ich sofort kopfschüttelnd. ,,Bruder, uns bleibt nichts anderes übrig. Sie muss irgendwo in unserer Nähe sein, damit wir sie unter Kontrolle halten können. Aber gleichzeitig darf sie dir nicht zu nah sein, weil ihr sonst beide die Kontrolle verliert. Und in die Welt raus kann sie auch nicht, weil sie dann gerade zu provozieren würde, dass wir sie irgendwann umbringen, nur um nicht für immer von dir getrennt zu sein.", meinte Aro.

Ich seufzte. Leider hatten sie Recht.

Ruth konnte nicht in die Welt hinaus, aber gleichzeitig konnte sie sich auch nicht einfach frei hier im Schloss bewegen, weil sie sonst mich um den Verstand und um meine Kontrolle bringen würde. Keines von Beidem konnten wir zulassen. Also war die einzige Möglichkeit, sie einzusperren.

Ich nickte langsam. ,,In Ordnung. Aber wir werden dafür sorgen, dass es ihr in diesem Turm so gut geht, wie es einem Vampir in diesem Zustand nur gehen kann.", meinte ich entschlossen. Marcus und Aro nickten.

Wir erhoben uns und verließen den Thronsaal.

Aro und Marcus würden sich um den Turm kümmern und würden mir noch eine kurzen Augenblick zusammen mit Ruth lassen. Dieser Augenblick, den wir noch miteinander hatten, verbrachten wir jedoch damit, uns einfach nur anzugucken. Ich versuchte zwanghaft meine Tränen zurückzuhalten. Ruth sah mich nur verwirrt an. Schließlich wusste sie nicht, dass das unser letzter gemeinsamer Augenblick sein würde, bevor für immer eine dicke und undurchdringbare Tür zwischen uns liegen würde.

Als Aro und Marcus fertig waren, gaben sie mir ein Zeichen. Ich nickte traurig.

,,Ich muss dir etwas zeigen...", meinte ich leise zu Ruth und hielt ihr meine Hand hin. Sie nahm diese und wir begannen zusammen die Treppen hochzulaufen. Im Turm angekommen, lief sie dann verwirrt in das eingerichtete Zimmer, während ich an der Tür stehenblieb.

Irritiert drehte sie sich zu mir um.

,,Es tut mir leid...", flüsterte ich. ,,Was...", begann sie, doch da trat ich einen Schritt zurück und die Tür fiel zu. Sobald sie zugefallen war und ich sie verriegelt hatte, ließ ich mich gegen die Tür sinken. Tränen rannen in Sturzbächen meine Wangen runter und ich presste meine Hand auf meinen Mund, um nicht laut zu schluchzen.

,,Caius! Caius! Was soll das?!? Mach die Tür auf!", rief Ruth von innen und hämmerte gegen die Tür. Doch das würde ihr nichts bringen. Sie kam dort nicht mehr raus. Nie wieder...

,,Das könnt ihr nicht machen! Caius! Du kannst mich nicht hier drinnen einsperren! Caius!", sie schrie und schluchzte. Ich versuchte immer noch mein Schluchzen zu dämpfen.

Es war grauenvoll.

,,Es tut mir leid...", schluchzte ich und ließ mich an der Tür runtergleiten. Tränen liefen weiterhin meine Wangen runter.

,,Es tut mir so unendlich leid. Aber das ist besser, als dass sie dich töten...", schluchzte ich.

Weiterhin trommelte sie gegen die Tür, schrie und schluchzte.

,,Ich liebe dich, Principessa... Und ich werde mir das selbst nie verzeihen...", schluchzte ich.

----------------------------------------------

Das war der Adventskalender. Sicher war das Ende nicht ganz so, wie ihr es euch vorgestellt habt, aber ich hatte mir vorgenommen, dass ich diesmal etwas sehr emotionales mache.

Und ich finde, dass das sehr emotional ist. Deswegen bin ich gerade auch komplett am Heulen, während ich das schreibe und mein Freund ist gerade komplett überfordert, weil er keine Ahnung hat, was los ist.

Es ist zwar ein sehr trauriges Ende, aber ich wollte euch hier einfach nur die Message überbringen, dass ihr das schätzen müsst, was ihr habt. Und dass ihr euer Leben nicht von jemand Anderem leiten lassen dürft, denn sonst passiert euch das Gleiche, wie Caius jetzt passiert ist.

Das hier war die Geschichte von Ruth und Caius und ihrer unkontrollierbaren Liebe.

Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und hoffe, dass ihr einen guten Start ins neue Jahr habt.

LG Mrs Bower

Uncontrollable *Adventskalender*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt