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Mit einem leicht mulmigen Gefühl stand  Tori vor ihrem Wohnhaus und wartete auf Stephan. Die beiden hatten vor heute für einen Kurzurlaub in Tori's alte Heimat zu fahren. Seit über einem halben Jahr wussten nun alle über ihre Vergangenheit Bescheid. Tori war froh das ihre Kollegen ihr ihre kleine Notlüge nicht übel genommen hatten, sondern für sie dagewesen waren und sie wieder aufgebaut hatten. Nach kurzer Zeit war sie in den aktiven Dienst zurückgekehrt und bereute keinen einzigen Tag ihre Entscheidung zu bleiben. Als Stephan vor drei Wochen  angekommen war und fragte ob sie ihre freien Tage zusammen verbringen wollten, war sie überrascht gewesen. Doch nach kurzer Zeit hatte sie zu gestimmt. Sie mochte Stephan und wenn sie beiden zusammen waren, hatten sie immer viel Spaß. Nach etwas längerem Überlegen hatten sie sich für einen Kurztrip nach Mecklenburg- Vorpommern entschieden. So würde Tori auch am Todestag ihrer Familie vor Ort sein und sie hatte sich vorgenommen an diesem Tag das Grab zu besuchen, denn das hatte sie länger nicht mehr gemacht. Ob sie Stephan mitnehmen sollte oder lieber nicht, wusste sie noch nicht. Aber darüber wollte sie sich jetzt auch nicht den Kopf zerbrechen. Als sie erneut nach sah wo Stephan blieb, fuhr dieser gerade vor. Nach dem er geparkt hatte, stieg er aus und kam auf sie zu gelaufen. „Hey! Wartest du schon lange?", fragte er lächelnd. „Hey! Nein, alles gut." „Können wir?" „Von mir aus kann's losgehen." Schnell schnappte sich Stephan ihre Tasche, welche auf dem Gehweg stand, und packte sie in seinen Kofferraum. Tori ließ sich währenddessen auf den Beifahrersitz nieder und gab die Adresse ihres Hotels ins Navi ein. Nachdem Stephan den Kofferraum wieder geschlossen hatte, schwang er sich auf den Fahrersitz. Jetzt konnte es losgehen. Den beiden stand nun eine 6 stündige Autofahrt bevor. Während der gesamten Fahrt unterhielten sie sich über alles mögliche. Als sie die Hälfte der Strecke hinter sich hatten, beschlossen die Beiden eine kurze Pause einzulegen und sich etwas zu Essen zu besorgen.

Nach 6 ½ Stunden kamen sie an ihrem Ziel an. Sie hatten sich bewusst für ein kleines Hotel an der Ostsee entschieden. Stephan parkte den Wagen in der Tiefgarage, dann schnappten sie sich ihre Taschen und am machten sich dann auf den Weg zur Rezeption. Dort checkten sie ein. Sie hatten zwei Einzelzimmer gebucht und zum Glück lagen diese auch direkt neben einander.Nachdem sie ihre Zimmerschlüssel bekommen hatten, gingen sie erstmal auf ihre Zimmer. Dort angekommen stellten sie ihre Taschen ab und machten sich frisch. Danach trafen sie sich auf dem Hotelflur wieder. Da es erst 15 Uhr war beschlossen die beiden, sich die Gegend anzusehen. Zwar war Tori hier in der Nähe aufgewachsen, aber es hatte sich doch einiges geändert. Als erstes liefen sie zum Strand hinunter. Zwar war es für Anfang Mai schon recht warm, trotzdem war am Strand noch nicht viel los. Da es erst seit einer knappen Woche über 20°C war, war das Wasser der Ostsee noch recht kalt und nur die Hartgesottenen testeten es schon mal. Tori und Stephan hatten sich ihre Schuhe und Socken ausgezogen und liefen nun barfuß durch den Sand. Die Sonne schien aufs Wasser und ließ die Wasseroberfläche glitzern. Genau das hatte Tori schon immer geliebt. Tief atmete sie die frische und klare Meerluft ein und schloss die Augen. Stephan beobachte sie mit einem schiefen Lächeln im Gesicht. Als Tori das bemerkte, sah sie ihn an und fragte belustigt: „Was    ist?"„Nichts!" „Na dann, komm lass uns weiter gehen." Die beiden liefen nebeneinander weiter den Strandabschnitt entlang. Irgendwann entdeckten die Beiden ein nettes kleines Restaurant und beschlossen dort zu Abend zu Essen. Die beiden suchten sich einen ruhigen Tisch im hinteren Teil des Restaurants. Kurze Zeit später kam die Kellnerin und reichte ihnen die Speisekarte. Stephan bestellte sich ein Bier und eine Portion Schweinemedaillons mit Pilzsoße und Salzkartoffel. Tori entschied sich für eine Cola und eine Portion Lasagne. Nach kurzer Wartezeit kam das Essen und sie ließen es sich schmecken. Während des Essen klingelte Stephans Handy mehrmals. Doch nach einem Blick aufs Display drückte er den Anruf immer wieder weg. Auf Tori's Nachfrage hin, meinte er nur es sei nicht wichtig und er würde später zurück rufen. Er selbst wusste das er dies vermutlich nicht tun würde. Denn bei dem Anrufer handelte es sich um Isabella – seine Ex. Sie wollte einfach nicht einsehen das es aus war. Doch Stephan wollte sich die gute Laune nicht verderben lassen, daher konzentrierte er sich aufs hier und jetzt. Nachdem sie ihre Rechnung bezahlt hatten, machten sie sich auf den Weg zum Hotel zurück. Dort begaben sie sich direkt auf ihre Zimmer, aber nicht ohne abzusprechen was sie morgen machen wollten.

Nach einer erholsamen Nacht trafen sich Stephan und Tori am nächsten Morgen vor dem Hotel. Noch gestern Abend hatte sie abgesprochen das Tori ihm heute ihre Heimat zeigte. Also stiegen sie in Stephans Wagen und machten sich auf den Weg. Zuerst fuhren sie zu Tori's alter Wohnung. Dort parkte er den Wagen und sie liefen zu Fuß weiter, denn nur zwei Straßen weiter befand sich das Tanzstudio, wo Ben und Tori früher immer trainiert hatten. Dann ging es zu Fuß weiter zu ihrer alten Schule und von dort zur ihrer ehemaligen Dienststelle. Zwei ihrer ehemaligen Kollegen standen gerade vor der Wache und rauchten. Als sie Tori entdeckten, staunten sie nicht schlecht und machten auf sich aufmerksam. „Tori?", rief der eine. Tori sah zu ihnen hinüber und ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Rudi! Marco!", rief sie und ging zu den beiden hinüber und Stephan folgte ihr. „Du bist es wirklich. Komm mal her", meinte Marco und umarmte sie. „Was machst du denn hier?", fragte Rudi, als Marco und Tori sich wieder getrennt hatten. „Ich mach mit einem meiner Kollegen hier Urlaub. Und ihr beiden? Nichts zu tun?", erkundigte sie sich belustigt. „Du kennst uns doch", meinte Rudi und grinste sie schief an. „Das stimmt. Also Marco, Rudi das ist Stephan. Stephan, das sind Marco und Rudi", stellte sie die drei einander vor. Die drei Männer begrüßten sich kurz und Marco harkte direkt nach: „Ist er wirklich nur ein Kollege?" Er zwinkerte ihr wissend zu. „Ja das ist er." Die vier unterhielten sich noch einen Moment bis Marco und Rudi zu einem Einsatz gerufen wurde. Stephan und Tori machten sich wieder auf den Rückweg zu Stephans Wagen. „Ich dachte du hast dich mit deinen Kollegen hier nicht so gut verstanden?", wollte Stephan wissen. Er hatte immer gedacht, dass das einer der Gründe gewesen war warum Tori nach Köln gekommen war. „Das stimmt auch. Nur Marco und Rudi haben mich immer unterstützt und haben mir sogar empfohlen nach Köln zu wechseln. Rudi kennt da ein paar Leute und hat so von der freien Stelle erfahren", erklärte sie. Das ergab Sinn. Stephan war Rudi dankbar, denn ohne ihn hätte er Tori nie kennengelernt. Sie war seine beste Freundin und wenn sie zusammen waren, schien alles s einfach zu sein. Wieder an seinem Wagen angekommen, stiegen sie ein und machten sich wieder auf den Weg zum Hotel. Dort angekommen stellte sie den Wagen wieder in die Tiefgarage. Dann schnappten sie sich eine Picknickdecke aus Stephans Kofferraum und gingen hinunter zum Strand. Dort breiteten sie die Decke aus, setzten sich und schauten aus Meer hinaus. Es war wieder mal ein schöner sonniger Tag und das Meer glitzerte. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. Irgendwann durchbrach Tori das Schweigen: „Stephan, es gibt da noch etwas, was ich mit dir besprechen muss." Stephan sah sie besorgt von der Seite an. Das klang nicht gut. Was hatte sie nur? Tori holte noch einmal tief Luft und sprach dann weiter: „Morgen ist der Todestag meiner Familie. Ich würde gerne auf den Friedhof gehen und sie ...mmh... besuchen." Oh man. Das erklärte ihren abrupten Stimmungswandel. „Klar das kann ich verstehen. Willst du dort alleine hin?" „Könntest du vielleicht mitkommen?", fragte sie zurückhaltet. „Kein Problem, ich komme gerne mit." „Danke", sagte Tori und lehnte sich an Stephan. Sie war erleichtert das Gespräch hinter sich zu haben und das er sie morgen zum Grab ihrer Familie begleitete. Dafür war sie ihm sehr dankbar. Gegen halb acht beschlossen die beiden zum Hotel zurück zukehren. Nachdem sie sich noch einen kleinen Snack am Hotelbufett organisiert hatten, gingen sie in auf ihre Zimmer. Tori schnappte sich ihr Shampoo und ein Handtuch und ging ins angrenzende Badezimmer. Dort zog sie sich ihre Sachen aus und stellte sich unter die Dusche. Während das Wasser ihren Körper hinunter lief, schweiften ihre Gedanken zum morgigen Tag ab. Erst nach kurzer Zeit merkte sie das ihr Tränen die Wange hinunter liefen. Auch wenn sie inzwischen die meiste Zeit gut mit dem Tod ihrer Familie umgehen konnte, war der morgige Tag immer der schwerste. Zwar wusste sie jetzt endlich wie und warum ihre Familie sterben musste, aber das änderte auch nichts mehr. Nachdem sie fertig mit duschen war, zog sie sich ihre Schlafsachen an und legte sich ins Bett. Nach kurzer Zeit war sie eingeschlafen.


Freundschaft auf dem PrüfstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt