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Nach Tom und Manni standen Paul und Daniel auf ihrer Liste. Nach kurzer Rücksprache mit Dr. Jörg Becker und Dr. Debbie Fischer, die derzeit diensthabenden Ärzte, hatte sie die Erlaubnis auch außerhalb der Besucherzeit zu den Beiden zu dürfen. Daher machte sie sich auf den Weg zum Zimmer der Beiden. Dort klopfte sie an und trat danach ein. Paul und Daniel lagen in ihren Betten und unterhielten sich. Als sie Tori bemerkten, verstummten sie und sahen sie abwartend an. Kurz überlegte sie wie und wo sie anfangen sollte und entschied sich dann, einfach auf ihren Bauch zu hören. „Hey, wie geht's euch?" Die beiden Angesprochenen sahen sich kurz an. Sie schienen leicht verwirrt über die Frage und Tori's ganzes Verhalten. Schließlich hatte sich Tori bei ihrem letzten Besuch am gestrigen Tag eher abweisend verhalten. Nach einer Weile antwortete Paul neutral: „Geht so." Daniel beschränkte sich lediglich auf ein Kopfnicken als Bestätigung. „Ich müsste mit euch etwas wichtiges besprechen. Und zwar geht es um die Vorkommnisse in den letzten Wochen, aber vor allem über die Schüsse im Gericht." Nun waren die beiden verletzten Beamten komplett verwirrt. Wieso wollte Tori das alles wissen? Was brachte ihr das? Da Paul diese Frage unter den Nägeln brannte, stellte er auch genau diese: „Wieso willst du das wissen?" Auch Daniel sah Victoria nun neugierig an. „Das würde ich euch gerne erklären, aber das würde jetzt echt zu lange dauern. Aber das wichtigste was ihr wissen müsst ist, das ich das alles nur für Stephan mache." Für Stephan? Überrascht sahen sich die beiden und dann wieder Tori an. Ihr fehlendes Interesse in den letzten Wochen hatten dazu geführt das viele der Meinung waren, das Tori Stephan nicht glaubte oder es sie einfach nicht interessierte was aus ihm wurde. Doch nun war sie hier und erkundigte sich und tat alles nur für ihn? Die beiden Beamten verstanden überhaupt nichts mehr. Da keiner der Beiden anstalten machte zu antworten, fügte Tori hinzu: „Ich weiß das kommt jetzt alles sehr überraschend, aber ich brauche jetzt wirklich eure Hilfe." „Okay. Interessiert dich irgendetwas besonderes?", gab Paul nach. „Eigentlich nicht. Erzählt mir einfach aus eurer Sicht was in den letzten Wochen los war", erläuterte sie. Paul und auch Daniel überlegten kurz wo sie anfangen sollten und berichteten dann abwechselt. „Nach dem du weg warst, ging es hier erst so richtig los. Anfangs haben wir versucht Stephan aufzubauen und ihm Halt zu geben, doch er hat sehr unter deinem Weggang gelitten. Dann tauchten auch noch immer mehr Beweise gegen ihn auf und dann kamen noch die anderen Vorfälle. Man könnte fast meinen das es jemand auf uns abgesehen hatte", meinte Paul. Eigentlich hatte er das als Witz gemeint, doch Tori sah nicht im geringsten überrascht aus. Das bemerkten auch Paul und Daniel und daher hakte Paul auch nach: „Hat es doch nicht oder? Tori rede mit uns." „Vielleicht", war ihre ausweichende Antwort .„Vielleicht? Ernsthaft?", wollte nun Daniel wissen und er richtete sich etwas auf. Besorgnis war auf seinem Gesicht zu sehen und Tori konnte ihn verstehen. Wenn sie nicht wüsste das wirklich jemand hinter ihren Freuden her wäre, dann wäre sie auch besorgt. Aber dafür hatte sie derzeit keinen Kopf. Sie musste eine klarenKopf behalten, sonst würde sie nicht vorwärts kommen. Da sie sonicht weiter kamen, versuchte sie das Thema wieder auf die Vorfällezu lenken. „Ich weiß das ist jetzt alles ein wenig viel für euch, aber ich bräuchte wirklich noch ein paar Informationen bezüglich der Vorfälle von euch." Paul und Daniel atmeten nochmals tief durch und dann begann Paul weiter zu erzählen. „Zuerst kam die Sache mit dem NEF. Das müsste Micha's und Claudia's Einsatz gewesen sein. Sie haben alles aufgenommen und den Wagen von einem Mechaniker untersuchen lassen. Es wurde ein Defekt an der Bremsleitung festgestellt, aber man konnte nicht sagen wodurch dieser entstanden ist." Paul legte eine kurze Pause ein. Zwar wusste Tori das ganze schon, aber sie ließ ihn reden. Vielleicht erfuhr sie doch noch etwas neues. Nun übernahm Daniel: „Als Julia von dem Vorfall erfahren hat, ist ihr echt übel geworden. Da wechselt sie einmal kurzfristig den Dienst und dann so was." Hatte er gerade etwas von Julia und Schicht getauscht gesagt? Tori wurde übel. Waren vielleicht nicht Tom und Manni das Ziel gewesen, sondern Julia? Um ganz sicher zu gehen, hakte sie nochmals nach: „Willst du etwa sagen, dass Julia eigentlich Dienst gehabt hätte?" „Ja genau das wollte ich damit sagen. Sie hat wohl kurzfristig mit Tom getauscht. Stimmt irgendetwas nicht?" Paul beobachtet seine Kollegin und Freundin und bekam ein ungutes Gefühl. Sein Bauch sagte ihm das mehr hinter der ganzen Sache steckte, als Tori ihnen im Moment erzählte. Doch nur was? Schnell fasste sie sich wieder: „Nein, nein alles okay. Und was war mit Benny?" Paul und Daniel sahen sich kurz an und sprachen sich ab, wer diesen Teil der Geschichte erzählen durfte. Die Wahl fiel auf Daniel und so fing er an zu erzählen: „An diesem Abend hatten Ralf und ich Dienst. Kurz vor Ende der Spätschicht haben wir den Einsatz rein bekommen, das wir doch bitte wegen Körperverletzung zur Klinik am Südring fahren sollten. Als wir dort ankamen, erwartete Gisela uns bereits und brachte uns dann nach hinten in eines der Behandlungszimmer. Dort lag Benny auf einer der Liegen und wurde von Silke und Linda versorgt. Er hatte mehrere Prellungen abbekommen. Zu dem waren zwei Rippen angebrochen. Aber alles in allem hatte er noch einmal Glück. Als wir ihn befragten was genau passiert sei, erklärte er uns, dass er nach seiner Schicht auf den Weg nach Hause war, als plötzlich drei maskierte Männer auf ihn zu kamen. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, schlugen und traten sie auf ihn ein. Irgendwann haben sie dann von ihm abgelassen und sind abgehauen. Als er sich sicher war, das sie weg waren, hat er sich zurück zur Klinik geschleppt. Dort haben sich dann gleich die anderen um ihn gekümmert und uns alarmiert. Von den Tätern war leider nichts zu sehen und auf den Aufnahmen der Klinikkamera konnte man nicht wirklich was entdecken." Tori seufzte. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Egal welcher hinter der ganzen Sache steckte, hatte sich viel Mühe gegeben. Aber jeder machte Fehler und diese musste sie nur finden. Bloß wie? „Und wie war das im Gericht?", fragte sie nun. Nun übernahm wieder Paul: „Da die interne Ermittlung immer mehr Beweise gegen ihn hatte, wollten sie das er weiterhin in Untersuchungshaft bleibt und wenn es geht so schnell wie möglich verurteilt wird. Da das ganze nicht so schnell ging, wurde nur eine Verhandlung zur Verlängerung der Untersuchungshaft eingeleitet. Um Stephan zu unterstützen hatten wir abgemacht, der Verhandlung beizuwohnen. Die Verhandlung lief bereits eine Weile als plötzlich Schüsse fielen. Von wo oder wer geschossen hat, keine Ahnung. Ich bemerkte nur, wie mir auf einmal der Arm wehtat und Blut floss. Der Rest ist alles ganz schön verschwommen." „Nicht schlimm. Das wichtigste weiß ich ja jetzt. Danke für eure Hilfe."„Kein Problem, aber was ist jetzt eigentlich genau los?",versuchte Paul noch einmal mehr heraus zu bekommen. Doch Tori blieb standhaft: „Das erkläre ich euch später. Ich muss jetzt los, aber ich komm auf jeden Fall noch einmal vorbei." Damit verabschiedete sie sich und verließ das Krankenzimmer. Paul und Daniel dagegen sahen ihrer jungen Kollegin ratlos nach. Sie wurden einfach nicht schlau aus diesem Mädchen. Vor der Tür blieb sie noch einmal stehen und atmete ein paar Mal tief durch. Die Hälfte hatte sie geschafft, jedoch wartete der schwerste Teil noch auf sie. Sie wollte zu Stephan ins Gefängnis. Kurze Zeit später verließ sie die Klinik und machte sich auf den Weg zum Gefängnis.



Freundschaft auf dem PrüfstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt