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Auf der Dienststelle erwarteten Kommissar Gomez, Klaus und die Kollegen sehnsüchtig die Ankunft von Martin und Ingrid, welche Annabell festgenommen hatten. In der Zwischenzeit hatte der Kommissar Rückmeldung von Kai-Uwe erhalten und sie hatten sich die entschlüsselten Botschaften notiert. Zwar wussten sie jetzt das es um Rache ging, doch das brachte sie nicht wirklich weiter. Als Martin und Ingrid Annabell ins Gebäude führten, gingen Klaus und Kommissar Gomez ihnen entgegen. „Danke, aber ab hier übernehmen wir", erklärte der Kommissar. Martin und Ingrid sahen zu Klaus hinüber und dieser nickte. Sie übergaben also Annabell an den Kommissar und gingen dann in den Aufenthaltsraum. Am liebsten hätten sie selbst Annabell ausgequetscht, doch sie wussten das es besser war wenn der Kommissar das übernahm. Im Aufenthaltsraum brachten sich die Kollegen gegenseitig auf den neusten Stand. Währenddessen brachten Klaus und der Kommissar Annabell in eines der Vernehmungszimmer. Sie ließen sie auf einen der Stühle platz nehmen, lösten die Handfesseln und setzten sich dann ihr gegenüber. „Frau Hackstedt, Sie wissen warum sie hier sind?", begann Kommissar Gomez die Vernehmung. Zwar sprach er mit ruhiger Stimme, jedoch auch mit einer gewissen strenge darin. Annabell ließ sich davon aber nicht einschüchtern. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl etwas nach hinten und sah mit einem kleinen Lächeln zu den beiden Männern herüber. „Das haben Ihre lieben Kollegen wohl vergessen zu erwähnen als sie mich zu Boden geschmissen haben. Ich werde auf jeden Fall Beschwerde einreichen und jetzt will ich meinen Anwalt anrufen." Klaus und der Kommissar tauschten einen kurzen Blick und dann übernahm der Kommissar wieder: „Sie dürfen ihren Anwalt gleich informieren. Wir haben Sie festnehmen lassen, da sie im dringenden Verdacht stehen das sie an der Entführung einer Polizeibeamtin beteiligt sind und wegen ihrer falschen Verdächtigung gegenüber Herrn Sindera." Kurz zeichnete sich auf ihrem Gesicht erstaunen und entsetzen ab, doch sie fing sich schnell wieder. „Ich habe nichts mit irgendeiner Entführung zu tun und von einer falschen Verdächtigung weiß ich auch nichts, schließlich habe ich Ihnen die Wahrheit gesagt." Zwar versuchte sie ruhig und gefasst zu klingen, jedoch zitterte ihr Stimme leicht. Das war auch den beiden Beamten nicht entgangen und der Kommissar versuchte diese Schwäche direkt für sich auszunutzen. „Sie können gerne bei Ihrer Meinung bleiben oder uns auch einfach die Wahrheit sagen. Wir haben eindeutige Hinweise darauf das sie in die Sache verwickelt sind." „Pah, das ich nicht Lache. Sie können gar keinen Hinweis haben, da ich mit der ganzen Sache nichts zu tun habe. Und jetzt würde ich wirklich gerne meinen Anwalt anrufen." „Gut, aber bevor sie telefonieren sollten sie sich das hier ansehen." Der Kommissar tippte kurz auf seinem Tablet herum, welches er auf dem Tisch abgelegt hatte, und schob es dann zu Annabell herüber. Am liebsten hätte Annabell nicht auf das Tablet gesehen, doch sie konnte nicht anders. Was sie dort sah schockierte sie und ließ alle Farbe aus ihrem Gesicht verschwinden. Sie hatte zwar gewusst das ihr Bruder mehr geplant hatte als nur diese Beschuldigungen doch das er soweit ging, hätte sie nicht erwartet. Geschockt ob sie den Blick und sah zuerst den Kommissar und dann Klaus an. Letzterer hielt ihrem Blick stand und versuchte an ihr Gewissen zu appellieren: „Ohne ihre Hilfe wird sie sterben. Wollen sie an dem Tod einer unschuldigen Frau Schuld haben?" Ja wollte sie das? Annabell's Gedanken rasten und sie versuchte das Ganze zu verarbeiten. Natürlich wollte sie nicht Schuld am Tod dieser Frau haben, aber sie konnte und wollte ihren Bruder nicht verraten. Aber würde er sich auch solche Gedanken um sie machen? Vermutlich nicht. Auch wenn das Gefühl des Verrats an ihr nagte, so musste sie einsehen das es besser wäre jetzt aufzugeben und diesen Leuten zu Helfen. „Könnte ich meine Handtasche bekommen? Ich möchte ihnen was zeigen." Im ersten Moment sahen sich die beiden Beamten erstaunt an, dann nickte der Kommissar Klaus zu, welcher sich erhob und den Raum kurz verließ. Kurz darauf kehrte er mit der Handtasche in der Hand zurück und reichte diese an Annabell weiter. Diese wühlte kurz in ihrer Handtasche und zog dann ihr Handy hervor. Mit gezielten Eingaben suchte sie etwas. Als sie fündig geworden war, reichte sie das Handy an Klaus weiter, welcher sich in der Zwischenzeit wieder auf seinen Platz nieder gelassen hatte. Klaus nahm das Handy irritiert an sich und besah sich das geöffnete Foto. Es zeigte drei kleine Kinder – ein Mädchen und zwei Jungs, vermutlich Zwillinge. Er verstand nicht was sie ihnen damit sagen wollte, daher hakte er nach, während er das Bild dem Kommissar gezeigte. „Was wollen Sie uns mit dem Bild sagen?" „Sehen Sie sich einfach das nächste Bild an, dann werden sie verstehen." Immer noch verwundert von dieser Aussage scrollte er zum nächsten Bild und erstarrte. Das konnte doch nicht sein oder? Auf dem Bild waren Annabell und Logan zu sehen, zumindest sah der Mann aus wie Logan. Aber das konnte doch nicht sein, schließlich saß dieser doch immer noch im Gefängnis. Oder? „Wann wurde dieses Bild aufgenommen?", fragte er daher. Der Kommissar warf ihm einen überraschten Blick zu, den er verstand immer noch nichts. Annabell hatte gewusst das es ausreichen würde ihnen die Bilder zu zeigen. „Vor einer guten Woche." Klaus musste sich erst mal beruhigen und tief durchatmen. „Ist das Logan Kaufmann auf dem Bild?" „Ich würde jetzt wirklich gerne meinen Anwalt informieren." Klaus war kurz davor zu explodieren. Warum konnte sie nicht einfach auf seine Frage antworten. Auch der Kommissar merkte die Anspannung des anderen Beamten, so das er mit der Befragung fortfuhr: „Sie haben die Frage meines Kollegen gehört. Also ist das besagter Logan Kaufmann?" Doch Annabell hatte nichts mehr zu sagen, daher schwieg sie sich aus. Ein paar Minuten saßen sie sich noch schweigend gegenüber, dann mussten die beiden Beamten einsehen dass das Ganze hier keinen Sinn hatte. Daher erhoben sie sich und verließen das Vernehmungszimmer. Während eine Kollegin bei Annabell blieb und sie mit ihrem Anwalt telefonieren ließen, beratschlagen sich die beiden Männer. „Wer ist dieser Logan Kaufmann?", erkundigte sich der Kommissar. Klaus sah noch einmal auf das Foto auf dem Handy, welches er noch immer in der Hand hatte und dann klärte er den Kommissar auf. Er berichtete ihm von den Geschehnissen mit den illegalen Autorennen, der Entführung und Geiselnahme gegenüber von Tori. Der Kommissar hörte geduldig zu und sagte dann: „Ich werde ein wenig rum telefonieren und sehen was ich rausbekomme. Klären sie in der Zwischenzeit ihre Leute auf und dann sehen wir weiter." Klaus nickte und war dankbar das der Kommissar die Führung übernahm, da er sich selbst im Moment nicht dazu in der Lage fühlte. Während der Kommissar sich eine ruhige Ecke zum Telefonieren suchte, machte sich Klaus auf den Weg in den Aufenthaltsraum. Sofort herrschte Ruhe und die ganze Aufmerksamkeit lag auf dem Polizeihauptkommissar. Klaus sammelte sich und informierte dann seine Leute und die anwesenden Rettungsdienstler. „Annabell Hackstedt hat uns nicht wirklich etwas erzählt", begann er und ein stöhnen ging durch die Gruppe. Als Klaus fortfuhr, herrschte sofort wieder Ruhe: „Aber sie hat uns ein Foto gezeigt, wodurch wir einen neuen Anhaltspunkt haben. Der Kommissar telefoniert bereits ein wenig rum." Abwartend sahen alle ihn an. Sie wollten wissen was auf diesem Foto war und wie es sie weiter brachte. Doch Klaus schaffte es einfach nicht zu sagen und hielt das Handy weiterhin fest umklammert. Ingrid und auch die anderen merkten wie schwer es dem Hauptkommissar fiel. Daher ging Ingrid zu ihrem Freund hinüber und griff nach dem Handy. Erst nach ein paar Sekunden ließ dieser das Handy los und Ingrid konnte sich das Foto ansehen. Zwar hatte sie die Geschichte damals nur am Rande mitbekommen, jedoch sagte ihr das Gesicht des Mannes trotzdem etwas. Micha, welcher neben sie getreten war, sah nun ebenfalls auf das Handy und zog scharf die Luft ein. „Aber wie kann das sein? Von wann ist das Bild?", fragte Micha geschockt und sah seinen Kollegen an. Dieser hob seinen Blick etwas, sah ihn aber nicht direkt an: „Ich weiß es auch nicht, aber laut Frau Hackstedt ist das Bild vor gut einer Woche aufgenommen worden." Nun waren auch die anderen neugierig geworden. „Wer ist denn auf dem Bild?", erkundigte sich Heidi. Da Klaus immer noch wie erstarrt da stand, übernahm Micha die Aufklärung: „Logan. Logan Kaufmann." „Was?" „Aber wie?" Das waren die Fragen die allen im Moment durch den Kopf gingen, doch keiner hatte eine Antwort darauf. Zumindest noch nicht. Denn in diesem Moment betrat der Kommissar den Aufenthaltsraum und sah von einem zum anderen. Er spürte die angespannte Stimmung, aber er konnte darauf jetzt keine Rücksicht nehmen. „Ich habe jetzt ein wenig rum telefoniert. So wie es aussieht sind dieser Logan Kaufmann und Annabell Hackstedt Geschwister." „Das erklärt einiges",stellte André fest. Doch der Kommissar winkte ab und fuhr dann fort: „Das war noch nicht alles. Dieser Logan hat einen Zwillingsbruder namens Marius Borchert. Meine Kollegen durchleuchten den Kerl gerade." „Aber warum erfahren wir erst jetzt davon? Das ist doch komisch", erkundigte sich Christian. „Da muss ich ihm zustimmen. Wie kann das eigentlich sein?", wollte nun auch Julia wissen. „Ganz einfach", begann der Kommissar zu erklären, „Die Geschwister wurden nach dem Umzug der Mutter ins Ausland, in Obhut genommen und schlussendlich getrennt voneinander adoptiert. Die beiden Jungs waren 8 und Annabell 6 Jahre alt. Daher auch die unterschiedlichen Nachnamen." „Gut und was machen wir jetzt?", wollte Stephan wissen. „Im Moment müssen wir abwarten ob die Kollegen was rausfinden und dann holen wir ihre Kollegin daraus", stellte Herr Gomez klar. Die Anspannung war allen Anwesenden anzumerken. Sie waren kurz davor, heraus zubekommen wo Tori steckte. Doch dafür mussten sie sich jetzt in Geduld üben, was angesichts des steigenden Wasserpegels und einer verzweifelten Tori gar nicht so leicht war. Mia hatte dem Gespräch zwar zugehört, doch das Gesagte kam nur gedämpft bei ihr an. Ihr Blick war die ganze Zeit auf den Bildschirm gerichtet. Sie machte sich Vorwürfe ihre Freundin so mies behandelt zu haben und wenn sie nicht rechtzeitig kamen, dann konnte sie sich nicht mal bei ihr entschuldigen. Das ihr Tränen die Wangen hinunter liefen bemerkte sie nur am Rande und es war ihr auch egal. Sie wollte nur zu ihrer Freundin und sie in die Arme schließen. Daniel bemerkte wie schlecht es seiner Freundin ging und versuchte sie zu trösten. Er konnte sie komplett verstehen, denn auch er machte sich riesige Sorgen um Tori, doch er musste jetzt für seine Freundin da sein. Wortlos nahm er sie in den Arm, Mia lehnte sich noch mehr an ihn und beruhigte sich etwas. In diesen Minuten hingen alle ihren eigenen Gedanken nach und zuckten leicht zusammen, als plötzlich ein Handy zu klingeln begann. „Das sind die Kollegen", verkündete der Kommissar und nahm den Anruf entgegen.

Tori hatte aufgegeben die Kette doch noch von ihrem Fuß zu bekommen. Nach unzähligen erfolglosen Versuchen hatte sie einsehen müssen das es nicht klappen würde. Inzwischen reichte ihr das Wasser schon bis an den Hals und es stieg immer weiter. Den Halt auf dem Boden hatte sie bereits vor ein paar Minuten verloren und so versuchte sie sich mit leichten Schwimmbewegungen über Wasser zu halten. Je höher das Wasser kam desto schwieriger wurde das. Immer wieder schluckte sie kleine Mengen Wasser und begann daraufhin zu husten. Sie zitterte am ganzen Körper, da das kalte Wasser sie immer mehr auskühlte. Selbst wenn das Wasser nicht mehr weiter steigen würde, würde sie auf jeden Fall an Unterkühlung sterben. Am liebsten hätte sie sich noch mehr bewegt um sich warm zu halten, doch dann erinnerte sie sich was sie beim Schwimmkurs gelernt hatte. „Je mehr man sich bewegt desto schneller kühlt man aus", hörte sie die Stimme ihres damaligen Schwimmlehrers. Um dem entgegen zu wirken, versuchte sie sich nur soviel wie nötig zu Bewegen. Sie sah zum Beckenrand hinüber und stellte ernüchtert fest, das nur noch ein wenig fehlte und dann wäre das Becken voll. Jetzt konnte sie nur noch hoffen und beten. Sie tauchte erneut unter und es dauerte einen Moment bis sie wieder auftauchte. Beim Auftauchen musste sie feststellen, das sie ihren Kopf etwas in den Nacken legen musste um gut Luft zu bekommen. Gleich würde es vorbei sein, dachte sie. Keine Spur mehr von Panik, sondern sie ruhte komplett in sich. So lange es ging, versuchte sie sich über Wasser zu halten, doch irgendwann gelang es ihr nicht mehr. Sie holte noch einmal so tief wie möglich Luft. Das Wasser schwappte über ihren Kopf und sie sank immer tiefer. Anfangs versuchte sie noch die Luft anzuhalten, doch schon nach wenigen Sekunden merkte sie das das immer schwerer wurde. Irgendwann gab sie dann auf und ließ die angehaltene Luft entweichen. Es tut mir leid, dachte sie und schloss langsam ihre Augen. Immer mehr Wasser gelang in ihre Lungen und das Herz wurde immer langsamer bis es schließlich ganz aufhörte zuschlagen.



Freundschaft auf dem PrüfstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt