Kapitel 18: Thranduil

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Es war ein paar Wochen, nachdem Tauriel gegangen war.
Legolas verbrachte den freien Tag in seinem Zimmer.
Er saß nur da, starrte auf das aufgeschlagene Buch vor ihm. Seine Augen überflogen mehrmals die selben Wörter, doch sie kamen nicht bei ihm an.
Es klopfte. Der Elb zeigte keine Reaktion und blätterte wahllos eine Seite um. Sein Vater Thranduil betrat den Raum. Er blickte sich um und kam dann näher. "Legolas. Warum ziehst du dich so zurück?"
Diese Frage kam sehr direkt.
Der Elbenprinz schaute von seinem Buch auf. "Um in Ruhe lesen zu können." Die Lüge kam ihm leicht über die Lippen. Ohne hinzusehen blätterte er abermals zur nächsten Seite.
"Lüge mich nicht an!" Die Stimme des Königs war kalt und zornig. Doch dann änderte sie sich schlagartig: "Ich mache mir Sorgen."
Legolas sah abrupt auf. Sein Vater...sorgte sich um ihn? So etwas hatte er seit mehreren hundert Jahren nicht mehr gesagt.
Thranduil trat noch einen Schritt näher. "Sag es mir.", flüsterte er und legte langsam, ganz langsam und sehr vorsichtig, eine Hand auf die Schulter seines Sohnes.
Legolas hatte sich vorgenommen, ihm niemals davon zu erzählen, doch jetzt konnte er nicht anders. "Es ist...der Waldläufer. Aragorn."
Thranduil nickte. "Du suchst nach Antworten?"
Der Prinz antworte nach einem Augenblick zögern mit "Ja.", obwohl er wusste, dass es nicht das war, was sein Vater meinte.
"Wenn du mehr über ihn herausfinden willst-"
Legolas unterbrach ihn. "Das ist es nicht. Aragorn...er..."
Thranduil blickte ihn an. Die saphirblauen Augen des Königs waren genau wie die des Prinzen klar, aber doch merkwürdig undurchscheinbar. "Gibt es etwas, das du mir noch nicht erzählt hast? Ein Geheimnis um ihn?"
"Ja.", sagte Legolas nur. Das war es, ein Geheimnis. Doch sollte es eins bleiben? Einer Intuition folgend sagte er: "Meine Mutter. Du hast sie geliebt, nicht?"
Tiefe Trauer trat in die Augen seines Vaters. "Und ich tue es immer noch."
"Du hättest alles für sie getan und es war dir egal, was andere von euch dachten.", fuhr Legolas fort.
Thranduil nickte. Worauf wollte sein Sohn hinaus?
"Es ist..." Der Elbenprinz klappte das Buch zu. "Aragorn..." Sein Blick traf den seines Vaters. Er holte tief Luft. "Ich würde alles für ihn tun. So wie du für meine Mutter. So wie du sie geliebt hast, liebe ich ihn."
Thranduil erstarrte einen Moment. Beide sahen sich in die Augen. In denen von Legolas spiegelte sich Liebe und ein bisschen Angst, obgleich er es zu verstecken versuchte, in Thranduils lag ein undeutbares Gefühl.
Der König schwieg einen Augenblick, dann polterte er: "Du tust WAS?"
Legolas schluckte. Dann wiederholte er mit fester Stimme: "Ich liebe Aragorn."
Thranduil schüttelte ungläubig den Kopf. "Das geht nicht. Ihr seid nicht Mann und Frau. Noch dazu ist er ein Mensch..."
"Du sagtest, du würdest viel von ihm halten. Und das ist...das ist nicht unnormal, das ist-" Leicht verzweifelt schüttelte Legolas den Kopf. "Es ist Liebe."
"Nein." Thranduils Stimme war fest und entschlossen. "Das erlaube ich nicht."
Der Prinz funkelte ihn an. "Ich sagte schon einmal: Du magst mein Vater sein, doch du gebietest nicht über mein Herz. Du kannst mir nicht vorschreiben, wen ich zu lieben habe."
"Und ob ich es kann!", entgegnete Thranduil und ging mit großen Schritten zur Tür. Zorn flammte in seinen Augen auf, als er flüsterte: "Ich werde es ganz einfach nicht zulassen." Mit diesen Worten verließ er den Raum und knallte die Tür zu.

Legolas blieb zurück. Ohne dass er es verhindern konnte, bildeten sich Tränen in seinen Augen. Natürlich hatte er damit gerechnet. Doch ein Teil von ihm hatte weiter gehofft, dass sein Vater es verstehen würde. Dass er sich erinnern würde, wie es war, zu lieben. Doch die Jahre und der Verlust seiner Frau hatten ihn kalt, ignorant und abweisend gemacht. Manche Wunden konnte auch die Zeit nicht heilen.
Doch jetzt musste der Prinz lernen, damit klarzukommen. Am liebsten wäre er noch heute davongeritten und hätte sich auf die Suche nach Aragorn gemacht. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wo sich der Waldläufer befand. Doch er war sich sicher, ihn irgendwann zu finden.

Mit kreisenden Gedanken schlief er irgendwann ein.
Ein seinen Träumen sah er Aragorn. Er schien so nah, doch Legolas konnte ihn nicht berühren. Dann erschien Thranduil und stieß Aragorn zur Seite. Der Waldläufer stolperte und fiel in ein schwarzes Loch. Legolas spürte, wie er wütend wurde. Er wollte ihm hinterher, doch es ging nicht. Sein Vater sprach zu ihm, er solle sich beherrschen. Gerade als Legolas sich aufraffte, um zu ihm zu gehen, wachte er auf.
Nachdem er ein paar Minuten nur seine Atmung beruhigt hatte, dachte er über die Bedeutung des Traums nach. Thranduil hatte Aragorn in das Loch gestoßen...war das der Auftrag? Hatte sein Vater ihn in den Tod geschickt?
Wenn er nur wüsste, was Aragorn gerade tat...
Ohne viel zu überlegen stand er auf und lief mit schnellen Schritten zum Thron seines Vaters.
Dort saß Thranduil tatsächlich noch, hatte sich zur Seite gelehnt und starrte vor sich hin. Er sah in der Tat sehr nachdenklich aus.
Legolas schritt direkt auf ihn zu und zischte etwas zorniger als beabsichtigt: "Wohin hast du ihn geschickt?"
Thranduil blickte auf und direkt in die Augen seines Sohnes. "Das darf ich dir nicht verraten.", gab er nur zur Antwort.
"Du verstehst nicht, Adar!" Der Elbenprinz versuchte, das Gefühl in den Augen seines Vaters zu deuten.
"Du verstehst nicht, Legolas. Du und der Waldläufer, ihr könnt nicht zusammen sein. Verstehst du das nicht? Ihr würdet Schande über das ganze Königreich bringen!", sprach Thranduil erstaunlich ruhig.
"Was ist, wenn es mir egal ist?", gab Legolas zurück. Er würde Aragorn nicht aufgeben, niemals.
"Aber mir ist es nicht egal. Ich bin dein Vater!" Jetzt stand er auf und schaute auf seinen Sohn herab.
Dieser hielt seinem Blick stand und verteidigte sich weiter, nun mit deutlicher Verzweiflung. "Du weißt, was Liebe bedeutet. Und dass man sie nicht aufgeben kann."
"Das ist keine Liebe.", schleuderte ihm Thranduil entgegen. Er zischte es fast, so zornig war er auf einmal.
Legolas wich zurück. "Ich weiß, was ich fühle. Du wirst nichts daran ändern können."
Er spürte, dass es keinen Sinn mehr hatte, weiterzureden. So drehte er sich um und lief davon. Diese Unterhaltung hatte rein gar nichts gebracht. Er wusste nicht, wo Aragorn war und die Meinung seines Vaters hatte sich nicht geändert.
Erneut stiegen Tränen in ihm auf, doch er hielt sie zurück. Er war nicht schwach.
Mit einem furchtbaren Gefühl ging er davon. Seine Füße trugen ihn wie von selbst nach draußen.
Was sollte er tun?
Alle, mit denen er reden konnte, waren verschwunden. Sein Vater wollte ihn nicht akzeptieren.
Was sollte er tun?
Aragorn suchen?
Wenn er nur Thranduil dazu bringen könnte, ihm zu verraten, wohin er gegangen war...
Es war alles zu kompliziert. Er wusste nicht mehr weiter. Doch der Gedanke an Aragorn half ihm, die nächsten Monate durchzustehen. Er war der einzige Hoffnungsschimmer in seinem Leben.
Doch er konnte noch nicht ahnen, dass bald etwas völlig unerwartetes passieren würde...










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Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie bin ich viel zu stolz auf den ersten Absatz, also bis zur Leerzeile😂

Ach ja, ich hab Thrandy zur Sicherheit an einem gewissen "sicheren Ort" versteckt. Gollum wollte ihn lieber den Lesern ausliefern, aber ich hatte doch etwas Mitleid mit ihm.

With you - Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt