Die Wette

660 52 4
                                    

„Was willst du denn hier?", war das erste was ich zu ihm sagte. Ich sah zu seinen Beinen, die in einer schwarzen Jogginghose steckten. „Verschwinde wieder. Ich habe keine Lust auf Mitleid." Energisch drehte ich meinen Kopf zurück zum Fenster. Ich hasste ihn. Vier Monate ohne ein einziges Wort. Ohne einen Besuch. Und jetzt kam er an? Was brachte ihn dazu? Die Neugierde? Wahrscheinlich wollte er das Krüppelmonster mit eigenen Augen sehen und es den anderen erzählen, was für eine bemitleidenswerte Kreatur ich doch war.

„Ey, Mann. Es tut mir leid, dass ich erst jetzt komme. Aber, ich hatte Angst. Ich weiß, das hört sich echt Scheiße an. Aber, ich wusste einfach nicht was ich sagen soll."

„Halt die Klappe und mach das du hier raus kommst. Lauf zu den andern und erzähl ihnen, was für ein Krüppel ich jetzt bin."

„Theo? Ich-"

„Verschwinde. Jetzt hast du doch alles was du wolltest. Jetzt bist du der beste unseres Teams." Mein Kopf schnellte herum und bösartig funkelten meine Augen ihn an. „Du bist nicht mehr mein Freund. Und tu nicht so, als würdest du es sein wollen."

Ethan starrte mich verwirrt an. Seine Augen huschten über mir auf und ab. Sie blieben an dem Pissbeutel hängen, der an meinem Bett, an der Seite hing. Sichtlich verwirrt drehte er sich herum und ging.

„Leb wohl", kam es noch mal, kurz bevor die Tür zu klickte. Kurz zog sich mein Herz schmerzlich zusammen, doch dann beruhigte ich mich wieder. Auf seinen Besuch konnte ich gut verzichten.

„Hey Theo. Bereit?"

Bereit? Wollte der Typ mich verarschen? Was wollte er schon wieder von mir?

Kennedy kam zu mir ins Zimmer. Er hatte eine kniekurze Hose an und ein Muskelshirt, das viel seiner gebräunten Haut zeigte.

„Ich dachte, jetzt wo du-", kurz stockte er in seinem Satz, „ ... du hast ja gar nichts gegessen?" Er nahm das Tablett von meinen Beinen und stellte es zur Seite, auf die Anrichte an der Wand. „Treten wir jetzt auch noch in einen Hungerstreik? Glaub mir, so wird das nicht funktionieren. Denn mir ist es egal, ob du mit Hunger mitarbeitest oder satt. Ich sagte dir doch, ab jetzt bin ich dein Schatten."

Wollte er mich wirklich wütend machen? Wollte er es herausfordern? Meine Hände ballten sich zu Fäusten.

„Du mieses Arschloch. Lieber verhungere ich, als mit dir zusammen zu Arbeiten. Das werde ich dir schon zeigen."

Kennedy sah mich an und trat zu mir ans Bett. Instinktiv bewegte ich mich etwas zurück. Sein Gesicht näherte sich dem meinen und dieser Duft schlich wieder in meine Nase.

„Wollen wir es austesten? Wer den längeren Atem hat? Wie wäre es mit einer Wette? Wenn du es schaffst, heute nichts zu essen, dann verzichten wir einen Tag auf Sportliche Aktivitäten. Stattdessen schauen wir einen Film und stopfen uns mit süßem voll. Deal?"

„Deal!", kam es gepresst aus meinem Mund. Er würde sich noch wundern, zu was ich im Stande wäre!

Six reasons to liveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt