Alte Freunde

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Endlich war ich diesen Arsch losgeworden! Als Elaina kam, war er bereits weg. Jedoch war er nicht weit, denn sein Job bestand darin, mir Gesellschaft zu leisten! Wie sollte das lange gut gehen? Wo ich ihn doch jetzt schon nicht mehr ertragen konnte?

„Na, hast du mal in das Buch reingeschaut?"

„Ach leck mich doch am Arsch! Nimm dieses verfickte Buch wieder mit! Keine Sau interessiert, was da drinnen steht!", schrie ich die kleine Blonde an, so dass sie kurz zusammen zuckte und der Waschlappen zurück in die Waschschüssel fiel.

Es tat mir nicht leid, sie so angeschrien zu haben. Nicht im geringsten. Denn ich sah mich im Recht. Keiner konnte es verstehen. Wie ich mich fühlte! Eingesperrt in solch einen Körper! Verdammt dazu, so meine restliche Zeit zu fristen! Ohne dass ich es verhindern konnte, schossen mir die Tränen in die Augen.

„Scheiße", fluchte ich und wischte mir mit meinem Pyjamaärmel über die Augen. „Lass mich allein." Dies kam so leise aus meinem Mund, das man sich anstrengen musste, es zu vestehen. Doch Elaina verstand es. Sie nahm die Waschschüssel vom Bett und stellte sie nach neben an ins Badezimmer. Ohne ein Wort, verschwand sie aus meinem Zimmer.

Mir war egal, wie sehr ich die Menschen um mich herum verletzte. Sie sollten genauso leiden, wie ich es tat.

Erschöpft ließ ich mich nach hinten, gegen das Kopfende meines Polsterbettes fallen. Mein Blick lag auf meinen Beinen. Mit reiner Willenskraft versuchte ich meinen großen Zeh zu bewegen. Mit verengten Brauen und finsterer Mine, starrte ich ihn an. Doch so sehr ich mich anstrengte, nichts passierte! Mit einem wehleidigen Seufzer, ließ ich meinen Oberkörper schlapp, gegen das Rückenteil meines Betts fallen. Ein Klopfen und ein sofortiges öffnen der Tür, ließ mich aufschrecken. Ein Tablett wurde herein gebracht.

Julia lächelte nie. Sie war genauso störrisch wie ich. Die 45jährige hatte vor drei Jahren ihren Sohn bei einem Autounfall verloren. Seit dem wurde sie jeden Tag mürrischer.

„Was für ein Glück dein Sohn hatte. Ich wünschte ich wäre auch in dem Wrack gestorben", kam es aus meinem Mund. Julia blieb in ihrer Bewegung vor meinem Bett stehen. Das Tablett in ihren Händen bebte, so das ein Klirren des Bestecks zu hören war.

„Hier. Dein Essen." Sie sah mich nicht mehr an und verließ umgehend mein Zimmer. Was war mit ihr los? Hatte ich etwas falsches gesagt? Mir war's egal.

Meine Aufmerksamkeit legte sich auf das Tablett, das auf meinen Beinen stand. Auf ihm, mein Frühstück. Eier auf Toast. Dazu ein Glas Milch und Joghurt mit Früchten. Ich hatte keinen Appetit, also ließ ich alles so drauf stehen, wie es kam. Stattdessen sah ich aus dem Fenster, die Vorhänge verdeckten seit langem mal nicht sie Aussicht auf den Garten. Kennedy sei dank! Sogar in meinem Kopf konnte ich sarkastisch klingen.

Wieder ein kurzes Klopfen und öffnen der Tür. Heute ging es zu wie in einem Taubenschlag. Doch ich entschloss mich, mich nicht mehr umzusehen. Egal was sie heute von mir wollten. Ich würde sie einfach ignorieren. Das konnte ich mittlerweile gut.

„Hey", hörte ich jemanden sagen. „Wie gehts?"

Langsam drehte ich mich herum und seit langer Zeit, sah ich zum ersten Mal Ethan wieder vor mir stehen.

Six reasons to liveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt