Happy F*cking Birthday

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„Überraschung!" Erschrocken riss ich die Augen auf und sah mich im Garten um. Fassungslos bewegte sich mein Kopf in die Richtung meiner Mutter, die bis über beide Ohren strahlte und in die Hände klatschte. Jetzt wusste ich plötzlich warum Kennedy mich so lange durch die Gegend geschoben hatte und sich von mir nicht zum Heimgehen hatte überreden lassen.

„Du verdammter Arsch", flüsterte ich ihm klammheimlich zu und brummte genervt, als Ethan mit Josh und Henry auf mich zu kamen.

„Gern geschehen", murmelte Kenny und entzog sich mir, um sich zu Elaina zu gesellen, die sich mit Mister Miles und Julia zusammen an einen Tisch setzte.

Das war doch ein schlechter Witz! Seit Monaten hatte ich keinen Kontakt zu meinen alten Schulkameraden und Freunden. Ich sah Mum an, doch der Blickkontakt wurde von den Jungs unterbrochen, die sich um mich herum aufstellten, um mir zu gratulieren.

„Alles gute Theo", murmelte Ethan, wahrscheinlich hatte er die Hosen voll, dass ich ihm vor allen anderen eins rein würgen würde.

„Cool, das man uns zu deinem Geburtstag eingeladen hat. Wir dachten schon du hast uns vergessen", sagte Josh. „Wir haben versucht dich anzurufen, aber dein Handy ist seit Monaten aus. Hast du eine neue Nummer?"

„Ne. Hatte es nur ausgestellt", brummte ich.

Mum kam und umarmte mich. „Alles gute mein Schatz. Ich hoffe du freust dich über die Überraschung? Es war Kennedys Idee. Er hat sich um das alles gekümmert."

Mein Blick richtete sich langsam zu dem Schwarzhaarigen, der immer noch dreckig grinste und an einem Glas Punch nippte, den Julia ihm in die Hand gedrückt hatte. Na warte. Das wirst du noch bereuen, dachte ich bei mir und wandte mich wieder den Jungs zu.

„Hey. Alles gute Bro. Ohne dich ist es nicht das selbe an der Coldwater. Wird Zeit, dass du zurück kommst." Es war tatsächlich Henry James, der Football Star unserer Highschool, der sich zu mir beugte und mich umarmte - mir mit seiner Hand über den Rücken strich. Shit! Was war hier los? Warum benahmen sie sich alle so Kacke freundlich? Ich hatte sie Monate lang ignoriert und die Wenigen, die sich in meine Nähe trauten, hatte ich wie Dreck behandelt und rausgeworfen.

Einige der Mädchen kicherten und sahen zu mir rüber. In meinem Magen zog sich alles zusammen.
Blöde Weiber! Was hätte ich jetzt dafür getan mich in Luft aufzulösen!

Mel kam zu mir. Im Schlepptau hatte sie ihre gesamte Entourage. Kessy, Brittany, Tori und Jenny. Das halbe Cheerleader Team hatte sich bei mir versammelt und gratulierten mir. Als dann noch eine kleine eingeübte Showeinlage folgte, rutschte mein boshafter Blick zu dem Übeltäter in der letzten Reihe, der lässig da saß und belustigt dreinsah. Ja lach du nur, dachte ich und atmete erleichtert aus, als der furchtbare Britney Spears Song endete und die Girls sich hüpfend vom Acker machten. Gott, war das an Peinlichkeit noch zu übertreffen? Ja, war es! Denn jetzt kam meine Mutter mit feuchten Augen nach vorn und stellte sich neben mich, um eine Dankesrede zu halten.

Ich hätte schwören können, dass ich immer kleiner in meinem Rollstuhl wurde. Beschämt senkte ich den Blick und rieb mir mit der Hand über die Brauen. Gott, es war unbeschreiblich peinsam. War meine verdammte Behinderung nicht schon Strafe genug?

„Ich liebe dich mein Schatz."

Na endlich! Es war überstanden und die Musik setzte ein. Alle begannen sich zu unterhalten, bedienten sich am aufgebauten Buffet oder chillten in der Sonne.

Ethan und die anderen hingen mit mir am Pool ab. Sie hatten mir viel zu erzählen, was mich nur mäßig interessierte, dennoch hörte ich zu, lachte und nickte ihnen aufmerksam zu. Doch immer wieder ertappte ich ich mich dabei, wie meine Augen nach ihm suchten. Kennedy. Die Erwachsenen waren bereits gegangen und Kenny saß umringt von Mels Girls im Schatten der Palmen, etwas entfernt vom Pool. Dennoch konnte ich sein Lachen hören; die Mädels schienen ihn ziemlich zu erheitern.

Ich hatte mich klammheimlich von den andern entfernt und rollte den schmalen Krüppelweg hinunter, weiter in den Garten hinein. Dort, bei einem kleinen Geräteschuppen, machte ich Stop und sah mir das Geschehen etwas aus der Ferne an.
Musik. Bier. Mädchen die Tanzten und die Jungs, die miteinander herumalberten und den Mädchen auf die Ärsche glotzten.

Früher hatte ich Partys gemocht. Ich war der Star der Manege, also war das nicht verwunderlich. Jetzt war ich der bedauernswerte Rollifahrer. Ich sah zu meinen Beinen und strich mit den Fingern über sie. Kennedy meinte, irgendwann würden sie zu mir gehören. Ich würde es akzeptieren und damit leben. Ich dachte darüber nach wie oft ich zu faul war zu Fuß zum Strand zu laufen oder wie oft ich meine Mutter angefahren hatte, wenn sie mich nicht die drei Straßen weiter, zu einem Freund fahren wollte. Ich hatte es nicht zu schätzen gewusst auf beiden Beinen zu stehen.

Ich dachte an das Gefühl das ich unter meinen Fußsohlen hatte, wenn ich durch den heissen Sand gelaufen bin. Oder das Gefühl des kühlen Meerwassers, das meine Knöchel umspülte.

Plötzlich sah ich auf, denn jemand kam auf mich zu gelaufen.

„Hey, Janson. Alles klar? Warum hängst du hier alleine rum?" Es war Kennedy, der sich in die Wiese fallen ließ und mich musterte.

„Du hast mir das alles eingebrockt. Schöner Freund bist du."

Er lachte und zupfte einen Grashalm aus der Erde und drehte ihn zwischen seinen Fingern.

„All deine Freunde sind hier. Du solltest das nicht als negativ sehen. Sie sind nicht hier weil sie Mitleid haben. Im Gegenteil. Manche von ihnen sind echt angepisst von dir. Weil du so ein Arschloch bist. Janson, wann siehst du es endlich ein. Der einzige der dich bemitleidet, bist du selbst."

Kennedy ließ mich schwer atmen. „Eigentlich hast du recht", gab ich zu. „Irgendwie freue ich mich ja, alle wieder zu sehen. Vor allem Henry 'fucking ich will ihn ablecken' James. Gott ist der heiß!"

Kennedy lachte und warf mir einen augenverdrehenden Blick zu. „Ich wusste, dass du auf den Typen stehst."

„Ja, schon seit der Junior High. Leider ist er sowas von Hetero. Irgendwie habe ich immer das Pech, dass ich mich in die Jungs vergucke, die kein Fünkchen Gay sind. So wie du."

Kennedy sah nachdenklich zu seinen Händen und kaute auf seiner Unterlippe herum. „Wer sagt, dass ich nicht auf Typen stehe?" Seine Augen wanderten an mir hinauf und bleiben an den meinen Hängen.

„Du ... hast nie etwas anders vermuten lassen." Ich spürte die Anspannung, die sich von meinen Beinen, in meinen Bauch, bis zu meinen Schultern rauf zog.

Plötzlich erstarrte ich und mein Mund öffnete sich um hektisch nach Luft zu schnappen. Meine Beine? Ich spürte meine Beine!

Six reasons to liveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt