22 | Eskalation

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Wills Sicht

Eine Woche schweigt sie mich nun an und es macht mich wahnsinnig. Die letzten Tage habe ich geglaubt, dass sie sich vielleicht von allein beruhigt, was allerdings nicht der Fall war. Bei der Arbeit schweigt sie mich an und selbst meine Fragen während einer Untersuchung oder OP tut sie mit einer knappen Antwort ab. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich eine Frau jemals derart fertig gemacht hat.

Sie fehlt mir und es bringt auch nichts mehr, es zu leugnen. Eliza Kingsley hat es tatsächlich geschafft, dass ich mich in sie verliebe und mit jedem Tag, den sie nicht bei mir in der Wohnung ist und in meinen Shirts Pizza in sich hineinstopft, wird dieses Gefühl immer stärker.

Ja, vielleicht habe ich überreagiert und ja, vielleicht hätte ich Nick lieber die Nase brechen sollen, statt Eliza anzuschreien und fertig zu machen, aber ich war nicht ich selbst in dem Moment. Irgendein eifersüchtiger Proll hat in Verbindung mit dem Whiskey in den Sturkopf-Modus umgeschaltet und nur das gesehen, was es sehen wollte.

Dabei war ich eigentlich nie ein eifersüchtiger Typ. Bei Eliza habe ich jedoch das Gefühl, dass sich alles geändert hat. Bei ihr kann ich den Gedanken nicht ertragen, dass sich womöglich ein anderer in ihrem Herzen einnistet und sie mich nicht mehr will. Allein der Anblick dieses Nichtsnutzes, der wohl Kyle heißt, in ihrem Auto hat meinen Puls in die Höhe schießen lassen. Ich weiß nicht, was das soll, aber als ich am Abend vor ihrer Wohnung in meinem Wagen gewartet habe, bis sie nach Hause kommt, ist der Typ auch noch allen Ernstes mit in ihre Wohnung gegangen. Die Gedanken, die sich dann in meinem Kopf abgespielt haben, was sie miteinander treiben könnten, hat mich so wütend gemacht, dass ich mich mit Ryan unter der Woche besoffen habe und die Nacht bei ihm und Cat in der Wohnung verbracht habe.

Dass ich mich mit meiner Aktion ins Aus gespielt habe ist mir auch klar. Jedoch kann und will ich das nicht einfach stehen lassen. Genau das ist auch der Grund, weshalb ich gegen Abend wieder einmal vor ihrem Haus stehe. Langsam komme ich mir ziemlich armselig vor, aber bei Eliza brennt jede Sicherung durch, die in meinem Kopf überhaupt noch vorhanden ist.

Ich tippe mit den Fingern unruhig auf dem Lenkrad herum und ziehe irgendwann seufzend mein Handy aus der Mittelkonsole, ehe ich den Chat mit Ryan aufrufe.

Ich stehe vor ihrem Haus, komme mir vor wie ein Stalker und habe absolut keine Eier mehr. Was ist nur aus mir geworden, dass ich mich nicht mehr traue mit einer Frau zu sprechen? 🥺

Ich schicke die Nachricht ab und sehe, dass mein bester Freund sofort online kommt.

Du hast Schiss, weil du weißt, dass sie dir die Eier abreißen und dir den Marsch blasen wird, mein Guter. Cat sagst, du bist ein Weichei geworden. 😂😏

Ich verdrehe meine Augen nur, bevor ich eine Antwort tippe.

Ich krieche jetzt zu Kreuze. Wenn ich nicht mehr antworten sollte, hat sie mich vermutlich umgebracht. 😰

Ich sperre mein Handy und schiebe es in die Hosentasche, ehe ich mich endlich traue meinen Wangen zu verlassen. Ein Blick auf die Etage, in der ihre Wohnung liegt, sagt mir, dass sie zuhause ist. Alles ist hell erleuchtet.

Eliza wohnt in einer Gegend, wo ich eine Studentin auf den ersten Blick nicht erwartet hätte. Aber Elizas Eltern schütten ihre Tochter mit Geld zu, das ist wirklich nicht mehr normal. Ich bin froh, dass sie ihren Status jedenfalls nicht zu ihrem Aushängeschild gemacht hat. Sie ist trotz ihres Lifestyles ein normaler und vor allem bodenständiger Mensch, der sich mit allem zufrieden gibt, was er kriegen kann.

Ich laufe auf das moderne Gebäude zu und öffne die Tür, bevor ich die Treppen in die dritte Etage hinauflaufe. Meine Hände sind schwitzig und mein Herz pocht, als ich vor ihrer Wohnungstür anhalte. Ich halte den Arm in die Luft, um an die Tür zu klopfen, doch atme vorher noch einmal tief ein und aus, ehe ich es übers Herz bringe und all meinen Mut zusammenkratzen muss.

The Secret I HideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt