23 | Versöhnung?

6.3K 436 11
                                    

Elizas Sicht

Nervös steige ich aus meinem Wagen, den ich vor dem riesigen Gebäude parke. Mein Blick gleitet nach oben und suchen nach einem Zeichen, dass William zuhause ist. Ich habe ihm nicht weiter geschrieben, wann ich zu ihm kommen werde und auch bei der Arbeit habe ich ihm die kalte Schulter gezeigt.

Noch immer kann ich nicht glauben, was gestern passiert ist. Mein potenzieller Freund und mein neuer Mitbewohner haben sich gegenseitig die Nasen gebrochen. Mehr Kitsch geht auch nicht, oder? Ich bin nach wie vor sauer, dass William zu erst zugeschlagen hat. Kyle hingegen kann ich gut verstehen, denn immerhin war sein Schlag nur eine Retourkutsche für das, was William ihm zuvor zugefügt hat. Gott sei Dank konnte ich dann jedoch verhindern, dass die ganze Sache nicht eskaliert.

Kyle hat sich heute krank gemeldet, weil er über Kopfschmerzen klagt. Dr. Sherman ist glücklicherweise nicht weiter misstrauisch geworden, hat sich jedoch über Wills Nase lustig gemacht. Ich bin gespannt, wie er reagieren wird, wenn sein Schützling ebenfalls eine gebrochene Nase hat. Darüber hinaus müssen wir uns dringend noch klar werden, was wir sagen werden, wenn jemand fragen sollte.

Die Erklärung, dass Will gedacht hat, Kyle und ich würden miteinander schlafen und er aus Wut zugeschlagen hat, fällt schon einmal raus.

Ich schließe meine Wagen ab, ehe ich meine Arme vor der Brust verschränke. Will hat sich besser eine ordentliche Entschuldigung zurecht gelegt, sonst verschwinde ich gleich wieder.

Ich laufe zum Eingang seines Gebäudes und betrete den Fahrstuhl, der glücklicherweise schon auf mich wartet. Ich drücke den Knopf für seine Etage und warte, bis sich die Türen verschließen. Je höher der Aufzug nach oben fährt, desto nervöser werde ich. Ich habe keine Ahnung, was mich gleich erwartet oder was Will und mich am Ende dieses Gesprächs betrifft.

Ich streiche mir einmal kurz durch die Haare, als der Aufzug anhält. Kaum eine Sekunde später öffnen sich die Türen und William taucht vor meinen Augen auf. Er sieht mich erleichtert an, so als hätte er gedacht, ich würde nicht mehr kommen.

Dabei halte ich mein Wort. Ich wollte ihn bloß ein bisschen schmoren lassen. Bevor ich etwas sagen kann, stürzt er auf mich zu und zieht mich in seine Arme. Mein Kopf prallt gegen seine harte Brust und ich seufze leise, weil ich ihn, obwohl ich sauer war, vermisst habe. Seine Hände streichen über meinen Rücken und sorgen dafür, dass ich erschaudere. Nach einigen Sekunden löse ich mich von ihm und sehe ihm in die Augen. Sie leuchten nicht so sehr wie sonst üblich. Sie sind ein wenig verklärt und er sieht müde aus. Seine Augenringe verstärken den Eindruck. Seine Nase ist geschwollen und drumherum erkenne ich einen fetten Bluterguss.

»Können wir reden?«, fragt er nach einigen Momenten der Stille. Ich sehe ihn kurz an, ehe ich nicke und ihm meine Hand reiche. Er lächelt leicht, legt seine Hand behutsam um meine und zieht mich sanft hinter sich her. Geradeswegs läuft er zu seiner Wohnlandschaft und lässt sich daraufhin in die weichen Polster sinken. Ich setze mich ebenfalls, während Will weiterhin meine Hand festhält.

»Also?«, frage ich ihn, als er mich kurz überlegend ansieht.

»Ich bin ein Vollidiot«, sagt er und ich muss mich wirklich zusammenreißen, nicht zu lachen.

»Einsicht ist der erste Weg zur Besserung«, sage ich und bemühe mich ernst zu bleiben. Wills Mundwinkel hingegen zucken verdächtig, aber ich erkenne, dass auch er sich Mühe gibt, das Ganze nicht ins Lächerliche zu ziehen.

»Seitdem ich dich kenne, ist nichts mehr wie es mal war. Angefangen damit, dass du mir eine Heidenangst eingejagt hast, als du im Krankenhaus aufgetaucht bist. Ich habe gedacht, ich sehe dich nie wieder und doch warst du es, die ausgerechnet mit zugeteilt wurde. Mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, dass dies kein Zufall gewesen ist – als hätte jemand gewollt, dass wir erneut aufeinander treffen. Gott, ich hatte Schiss, dass du mich ins Verderben stürzen könntest und genau das ist passiert. Ich habe versucht mich dagegen zu wehren, in dem ich versucht habe, dir das Leben schwer zu machen, doch die Wahrheit ist, dass ich seit unserem Kuss in meinem Büro vollkommen verloren war. Ich habe versucht locker zu bleiben, weil die Situation zwischen uns wirklich zum Scheitern verurteilt war, aber dennoch konnte ich mich nicht von dir fernhalten. Du hattest mich schon vollkommen in deinen Bann gezogen und ich wusste, dass es schwierig werden könnte, jemals wieder Abstand von dir halten können.«

Ich schlucke, als er mir diese Worte sagt und erkenne in seine Augen die pure Wahrheit. Mit seinem Verhalten hatte er mich tatsächlich verletzt und einige Male habe ich mich gefragt, was ich falsch gemacht habe. Dass es jedoch nur ein Schutzmechanismus seiner Gefühle war, hätte ich mir nicht vorgestellt.

Ich blicke ihn abwartend an, da er sicherlich noch nicht fertig ist. Zumindest hoffe ich das.

»Die Wochen und Tage, die du hier bei mir verbracht hast, waren die schönsten Tage seit Langem. Ich habe mich wohl gefühlt und wusste, dass es richtig ist. Jedoch überkam mich wenig später wieder diese Angst, als Quinn dich eingeladen hat. Ich wusste, dass wir einen Eindruck vermitteln würden, der nicht mehr rückgängig zu machen war und allein deswegen habe ich dich nicht als meine Freundin vorgestellt. Wir hatten noch nicht weiter über uns gesprochen und ich wollte dich auch nicht zu irgendetwas drängen, was du vielleicht nicht wollen würdest. Doch dann habe ich mit meiner Eifersucht alles vermasselt. Sowohl auf der Taufe als auch gestern Abend. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, Eliza. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe und es tut mir leid, dass ich Kyle geschlagen habe. Die Schmerzen habe ich wirklich verdient«, sagt er und ich nicke.

»Das stimmt. Du hast die gebrochene Nase wirklich verdient«, erwidere ich bloß und er lacht leise.

»Ich weiß nicht, wie es mit uns weitergehen soll, Will. Ich merke immer mehr, wie sehr ich dich vermisse und wie wichtig du mir geworden bist. Ich glaube sogar, dass ich von Anfang an auf dem Weg war mich in dich zu verlieben, dennoch will ich, dass du mir vertraust. Ich weiß, dass diese elf Jahre immer zwischen uns stehen werden, aber nur, wenn wir es erst soweit kommen lassen. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam einen Weg finden können, dass es zwischen uns funktioniert, aber du musst mir versprechen und beweisen, dass du nicht direkt einen Tobsuchtsanfall bekommst, wenn ich mich mit einem Mann unterhalte, der noch keine 35 Jahre alt ist. Ich will doch nur dich!«

Will sieht mich an und nickt langsam.

»Ich werde es dir beweisen«, verspricht er und ich lächle leicht. »Ich will auch nur dich. Ich werde es dir beweisen, Eliza. Ich werde dir zeigen, dass nur du für mich wichtig bist«, sagt er und ich seufze lächelnd.

»Also heißt das jetzt, dass wir zusammen sind?«, frage ich nach einigen Momenten der Stille. Fast habe ich die Befürchtung, dass er mich für diese kindische Frage auslachen könnte, doch er lächelt nur.

»Ja, ich glaube, dass es genau, das heißt«, erwidert er und kommt mir näher. Mein Herz klopft wild in meiner Brust und fast befürchte ich, dass es mir aus der Brust hinausspringen könnte, als Will meine Gedanken unterbricht und mich küsst.

Zaghaft und vorsichtig reiben seine Lippen über die meine und ich kichere leicht, bevor ich mich löse.

»Hast du verlernt zu küssen?«

Will sieht mich überrascht an und sieht dann grinsend nach unten.

»Ich hatte gedacht, du würdest es vielleicht langsam angehen wollen«, murmelt er. Ich lasse meine Hände in seine Haare gleiten und streiche mit meinem Daumen sanft über seine Lippe.

»Hör auf zu denken und küss mich endlich richtig«, sage ich.

Das spitzbübische Grinsen, was auf seinen Lippen erscheint, sagt alles aus. Er lässt sich nicht zwei Mal bitten, sondern zieht mich auf seinen Schoß, ehe er unsere Lippen endlich wieder so aufeinandertreffen lässt, wie wir beide es so sehr lieben.

Seine Zunge gleite über meine Unterlippe und ich öffne meinen Mund, nur damit unsere Zunge kurze Zeit später aufeinandertreffen können. Ich seufze genüsslich und ziehe ihn näher zu mir. Unsere Oberkörper sind fest aneinander gepresst und ich spüre deutlich, dass es ihm genauso sehr gefällt wie mir. Seine Härte spüre ich durch den dünnen Stoff meiner schwarzen Leggings nur allzu gut und lässt mich leise aufstöhnen, ehe er sich erhebt und ich meine Beine um seine Hüfte klammere.

Will hört auf mich zu küssen, damit wir wenigstens unversehrt in seinem Schlafzimmer ankommen.

»Ich kann es kaum erwarten endlich wieder in deinem Bett zu liegen«, hauche ich in sein Ohr. Will seufzt leise auf und drückt mich gegen die noch verschlossene Tür.

»Glaub mir, ich kann es kaum erwarten dir endlich wieder zu zeigen, wie sehr ich dich will«, erwidert er und presst seine Lippen ohne große Umschweife auf meine.

_______
Was sagt ihr zu der Versöhnung? 😊

The Secret I HideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt