Wenn es Dinge gibt die ich hasse, und die gibt es, dann gehören Geheimnisse dazu. Dann ist mein Ärger sicher nachvollziehbar, wenn Simon zu mir kommt, mir etwas von einem Wichtigen Grund erzählt aus dem ich, ohne richtigen Anführer, nach draußen zu den SiVi muss und dann ohne weitere Erklärungen verschwindet. Genau das war nämlich der Fall. Mag ja sein, dass er seine Gründe hat aber was ist mit mir? Das ist ein verdammt wichtiger Tag und jetzt werde ich so von Bedenken und Misstrauen überrannt, dass ich schlafen vergessen kann. Morgen habe ich dann dermaßen Mangel an Konzentration, dass das nur schief gehen kann. Ich bin mir sicher, dass Simon das weiß und er würde mich doch niemals absichtlich so quälen. Warum sagt er mir dann nicht, was er so Wichtiges weiß was außer ihm niemand weiß? Vertraut er mir etwa nicht? Nein, das ist die falsche Herangehensweise. Ich muss schlafen, ich brauche das. Und mir selbst ein schlechtes Gewissen wegen Nichts zu machen hilft niemandem. Am Ende ist es ein komplett irrwitziger Grund. Es könnte auch garnichts sein und er will einfach, dass ich, trotz Terra als Lehrerin, mit Vernunft an die Sache heran gehe. Nun das wäre eine Erklärung. Terra und ich sind kein Duo, welches man wirklich ernst nehmen kann. Jeder der uns kennt kann das bestätigen, vielleicht sogar Terra selbst.
Tatsächlich ist es mir durch unbewusste, gedankliche Abschweifungen zu Terra's und meiner Vergangenheit gelungen, den Stress etwas zu verdrängen und noch ein paar Stunden zu schlafen. Als ich später, da es weder Tag noch Nacht gibt, existiert nur noch später, von meiner enthusiastischen besten Freundin geweckt werde, sollte ich eigentlich todmüde sein. Entweder liegt es an dem Gewicht des heutigen Tages oder an meinem verkorksten Schlafrythmus aber ich bin sofort hellwach. Terra weckt mich zwar sanft und gibt mir ein paar Sekunden bevor sie sich mir freudig um den Hals wirft aber diese Energie, die von ihr ausgeht ist von Anfang an da.
"Alles Gute zum Geburtstag, Mia! Ich wünsche dir alles Schöne, was man anderen eben so wünscht und viel Spaß auf deinem ersten Ausgang mit mir!"
Mein Geburtstag. Den hatte ich völlig vergessen. Nunja, nicht vergessen aber er ist durch die gestrigen Ereignisse wohl in den Hintergrund gerückt. Wie lange ist Terra wohl schon wach? Hat sie überhaupt geschlafen? Sie umarmt mich noch immer und langsam bin ich geistig genug anwesend um die Umarmung bewusst zu erwiedern.
"Danke, Terra."
Zum ersten Mal seit ein paar Tagen kann ich wieder mal herzlich und dankbar lächeln. Ich denke immer so viel nach, das weiß ich selbst, aber Terra macht mir das Leben ein bisschen leichter. Als sie sich von mir löst und aufsteht, tue ich es ihr gleich. Heute ist es also so weit. Ich darf nach draußen, raus aus dieser Fabrik, in die völlige Dunkelheit. Meine Freude hält sich bei dem letzten Gedanken in Grenzen aber überwiegt trotzdem die Nervosität. Alles hier drin ist so eintönig und langsam gehen mir auch die Bücher aus.
"Deine Eltern wollen dir noch gratulieren und dann geht's auch schon los! Ich zieh mich währenddessen mal um."
Sie schenkt mir nochmal ein Lächeln und verschwindet dann zu den Toilettenräumen.
Ich weiß noch, als sie ihr Cover bekommen hat. Sie hat es gleich anprobiert. Allerdings hat sie vor lauter Freude vergessen, dass sie nicht allein ist und hat angefangen sich direkt in der Runde auszuziehen. Alle haben sich ruckartig weg gedreht und ruhig gewartet, wenn auch etwas peinlich berührt. Ich könnte schwören ein paar der jüngeren Kerle sind rot geworden.
Das Cover saß wie angegossen, da es natürlich maßgeschneidert wurde und Terra's erster Ausflug lief wie geschmiert. Tja und nun bin ich an der Reihe...Meine Eltern gratulieren mir weniger freudig. Seit wir zusammen hierher geflüchtet sind, sind ihre offensichtliche Liebe und Zuneigung zu dem eigenen Kind mehr oder weniger in den Hintergrund geschoben wurden. Sie würden ihr Leben für mich geben aber es mir nicht mehr täglich deutlich machen. Meine Mama umarmt mich nur fest und schweigt, mein Vater sagt halbherzig Happy Birthday und lächelt etwas. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Sie haben mir oft gesagt wie viele Sorgen sie sich machen und ich weiß das zu schätzen. Je unglücklicher sie sind umso mehr haben sie mich lieb schätze ich. Aber das hält mich natürlich nicht davon ab zu gehen. Als mir jemand von hinten auf die Schulter tippt und meine Eltern nur das Gesicht verziehen, kann ich mir bereits denken was jetzt kommt. Ich drehe mich schnell um Einhundertachzig Grad und stehe direkt gegenüber von Simon. Dieser schmunzelt nur und hält ein schwarzes Bündel in den Händen.
"Happy Birthday, Mia."
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Covered - in der Dunkelheit
Teen FictionEin paar Monate ist es nun her. Wie lange genau kann keiner sagen, weil die Sonne schon seit Jahrzehnten nicht mehr von allein scheint. Die letzte funktionierende Uhr, eine große Atomuhr, steht in einer Stadt weit weg von hier. Sie ist es, die unser...