Das strahlende Lächeln auf den Lippen von Dameon ist das einzige, welches noch besteht. Meine Eltern, Rosalie, alle anderen sind nicht angekommen? Das würde erklären warum wir den Pfad nicht gefunden haben. Es gab keinen. So etwas wie Schreie hätten wir aber hören müssen, wenn sie da gewesen wären.
"Macht euch erstmal keine Sorgen, ich kenne die Karte, vielleicht haben sie bei den Läden Halt gemacht. Wer weiß warum."
"Ach ja, eins habe ich vergessen.", bemerkt Simon neben mir daraufhin und verschränkt die Arme.
"Er ist ein unverbesserlicher Optimist."
Mit einem Zwinkern stimmt Dameon ihm zu und deutet in Richtung eines Schrankes. Er bietet uns an, dass wir uns im Zimmer umziehen können und dann eine Führung durch die vielen Gänge bekommen. Simon beginnt sein Cover in einer der Ecken auszuziehen, während Dameon ihm gegenüber an der Wand lehnt und etwas erklärt. Ich sehe die beiden in dem Spiegel, welchem ich gegenüberstehe und meine Fingernägel in Richtung des Reißverschlusses wandern lasse. Wenn die Gruppen tatsächlich pausieren, auch wenn mir der Grund dafür komplett unerkennbar ist, dann ist die Hand, die ich dachte gesehen zu haben, tatsächlich dort gewesen und ich werde nicht verrückt oder halluziniere. Den Umständen entsprechend natürlich. Die Sache mit Terra kann ich nicht abstreiten. Aber verschweigen.Die Wechselsachen sind in dem Rucksack einer anderen Gruppe also bekommen wir ein paar bereitgestellt. In einer kurzen, schwarzen Hose und einem ebenfalls schwarzen Shirt, lege ich die Cover der anderen sorgfältig zusammen und verstaue sie in dem Schrank.
Erneut fallen mir die beiden Jungs ins Auge. Die entspannte, positive Art wie Dameon spricht, ist zum einen wahrscheinlich überaus gut für unsere Psyche. Zum Anderen aber werde ich das Gefühl nicht los, dass die beiden sich heute nicht zum ersten Mal sehen. Noch mehr Zweifel gegenüber Simon leiste ich mir jetzt aber nicht.
"Na gut, wenn alle bereit sind können wir starten. Ich zeige euch die wichtigsten Räume hier. In der Zwischenzeit sollte dann Gruppe Vier hier eintreffen und da sie nur mit euch in Kontakt standen, dürften sie keine Abstecher einlegen."
"Und wer empfängt sie, wenn du mit uns gehst?", fragt eine der Frauen mit einem Figurbetonten Kleid, welches ihr ganz und gar nicht steht. Warum stand das überhaupt zur Auswahl?
"Der Computerraum ist nie unbewacht, keine Sorge. Und ich bleibe auch in Kontakt mit jedem, der sich hier drin aufhält."
Ein Walkie-Talkie an seinem Hosenbund, ein kleiner Kopfhörer im rechten Ohr neben zwei Ohrringen, die ich zuvor wohl übersehen habe, und ein kleines Kabel welches beides verbindet, bestätigen die Aussage.Da ich wohl mit Abstand die beste Kandidatin dafür bin, mich hier zu verlaufen, versuche ich so gut wie möglich meine Gedanken bei der Sache zu halten. Erneut hallen unsere Schritte durch die Gänge, nur diesmal weniger ziellos. Dameon's Lächeln ist wirklich ansteckend aber auf Dauer anstrengend. Zwei von uns schaffen es sogar die optimistische Stimmung wiederzuspiegeln. Ich gehöre zwar nicht dazu aber Zwei von Fünf ist schon mal ein Anfang.
Die Wanderung durch den Bunker ist schneller vorbei als erwartet. Toiletten, Bäder, Schlafräume, Küche, Abstellkammer. Eben alles was in jedem Haus vorkommt. In der Küche wurden uns schon ein paar Leute vorgestellt, auch die Frau mit den neu geborenen Zwillingen. Ein Junge und ein Mädchen, zuckersüß aber kaum ein paar Wochen alt. Vielleicht auch Monate, ich kann sowas nicht einschätzen. Die Frage, wie sie die Geburt hier unten über die Längen bekommen haben brannte mir lange auf der Zunge. Mein Interesse hat aber ein Raum geweckt, den Dameon uns nicht gezeigt sondern nur erwähnt hat.
Als wir dann alles gesehen haben, bekommt jeder ein Zimmer für die Nacht zugeteilt. Doch anstatt wie die anderen direkt zu schlafen, wobei ich denke dass Simon bei Dameon ist, husche ich nochmal fast lautlos durch die Gänge.
Das Zimmer auf das ich zusteuere dient zum Anbau von Obst und Gemüse. Dameon hat gesagt dass man sich dort bedienen darf aber darum will ich nicht dorthin. Eine große Lampe die drei Viertel der gesamten Decke einnehmen soll, interessiert mich viel mehr, welche die Pflanzen angeblich innerhalb von einigen Tagen komplett wachsen lässt und sowohl als Ersatz für Sonnenlicht als auch Wasser sorgt. Nur mit Hilfe von Lichteinwirkung. Ich kann das einfach nicht glauben ohne es selbst zu sehen."Mia."
Ich zucke ein bisschen zusammen und drehe den Kopf zu Dameon, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnt. Es ist nicht so als würde ich Ärger bekommen weil ich hier bin aber in seiner Anwesenheit fällt es mir plötzlich schwer zu entspannen.
"Ich dachte ehrlich gesagt Simon wäre noch bei dir."
"Warum das?"
Er weiß genau warum, das sieht man ihm an. Sein Lächeln ist wie immer ehrlich und die Haare etwas verwuschelt. Ich habe mich noch nicht entschieden ob ich mein Misstrauen gegenüber meinem besten Freund so offenlegen will also winke ich ab und gehe etwas näher zu dem jungen Mann.
"Du wusstest dass ich herkomme."
"Natürlich, du hättest deinen Blick sehen sollen als ich versucht habe den Bio-raum zu erklären. Total überfordert und ungläubig aber ohne Ende neugierig."
Ein leises Lachen entlockt er mir nun doch.
"Sorry aber du verstehst sicher, dass das alles unrealistisch klingt. Begleitest du mich? Vielleicht kannst du mir ein paar Fragen beantworten."Sein Ausdruck wird etwas sanfter und er drückt sich von der Wand ab. Zusammen gehen wir also durch den ziemlich dunklen Flur. Er, unübersehbar interessiert daran was ich wohl zu sagen habe.
"Warum sind die Lampen so dunkel? Habt ihr schon den Energiesparmodus nötig?"
"Nicht direkt. Da wir keine funktionierenden Uhren und somit keine richtige Zeit mehr haben, konnten wir wenigstens die Lampen so einstellen, dass sie tagsüber hell und in der Nacht dunkel sind. Somit haben wir ungefähr eine Ahnung und zerstören die innere Uhr nicht komplett."
"Und einfach eine normale Uhr bauen war nicht drin?"
Er dreht den Kopf zu mir.
"Das ist es nicht, was dich beschäftigt, oder?"Oh man es ist anstrengend, wenn dein Gegenüber dich lesen kann wie ein offenes Buch. Aber er hat Recht. Und irgendwie macht es mir das leichter das Thema anzusprechen.
"Ich weiß es ist Privatsache aber...ich glaube nicht, dass du und Simon euch heute zum ersten Mal seht, wie er es jedem gesagt hat. Warum lügt er mich an?"
Dameon legt den Kopf schief und seine Hand stockt, ruhend auf der Türklinke zum Bio-raum. Damit hat er anscheinend nicht gerechnet. Nachdenklich spielt er an dem kleinen Ohrstecker seines linken Ohres. Hat er etwa nicht davon gewusst? Irgendwie ist es ehrlich gesagt süß, den schlausten Junge in diesem Bunker mal verwirrt zu sehen.
Es braucht noch ein paar Sekunden bevor er sich räuspert und die Tür öffnet.
"Ich schätze das wird er uns beiden erklären müssen.", murmelt Dameon. Sein Lächeln ist wie weggewischt, als wäre es nie da gewesen und deutet mir mit einer Geste an, den Raum zu betreten. Das grelle, bläuliche Licht zwingt mich den Kopf zu senken und lenkt meine Aufmerksamkeit auf die vielen, säuberlich angereihten Pflanzen. Auf mindestens Sechzig Quadratmetern wächst hier alles mögliche an fruchttragendem Grünzeug. Je näher ich der riesigen Deckenlampe komme umso schwüler und dicker wird die Luft. Dameon hinter mir lehnt gedankenverloren an der Tür, er wirkt irgendwie traurig.
"Was ist los?", frage ich leise, was von dem sanften surren der Lampe fast übertönt wird. Kaum erkennbar schüttelt er den Kopf und gesellt sich nun auch an den Acker heran.
"Schau mal hier."
Ein lautes Knarzen von Holz auf Fliese zerstört die monotone Ruhe, als mein Gegenüber ein altes Holzregal an der Wand entlang schiebt, bis es ein handgroßes Loch im Boden preisgibt.
"Du hast doch sicher die zerfressene Glasglocke am Eingang bemerkt..."
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Covered - in der Dunkelheit
Teen FictionEin paar Monate ist es nun her. Wie lange genau kann keiner sagen, weil die Sonne schon seit Jahrzehnten nicht mehr von allein scheint. Die letzte funktionierende Uhr, eine große Atomuhr, steht in einer Stadt weit weg von hier. Sie ist es, die unser...