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Seit gefühlten fünfzehn Minuten herrscht nun Stille. Rosalie steht neben mir und starrt auf die Klamottenhaufen, welche ich gerade auf Vollständigkeit prüfe. Ich habe ihr den Plan so grob wie möglich erklärt und bin sicher, dass sie ihre Aufgabe verstanden hat aber begeistert ist sie, wie zu erwarten, ganz und gar nicht. Es stimmt, dass wir vielleicht auch jemand anderen finden können, der diese Aufgabe übernimmt, aber ich will, dass sie es tut. An jedem Cover hängt ein kleines Schild, auf dem die Maße abzulesen sind. Damit streiche ich sie auf meiner Liste als vorhanden ab.
Wie es aussieht, sind die meisten Leute in dem Bunker erwachsen aber es sind zwei Baby-Cover auf dem Haufen, die mir Sorgen bereiten.
"Mia, ich weiß nicht ob ich das gut machen werde.", sagt Rosalie leise und vermeidet Blickkontakt mit mir.
"Wohin ist denn deine Abenteuerlust verschwunden?"
Ich pausiere die Arbeit und drehe mich zu ihr. Die Nervosität lasse ich mir nicht anmerken, immerhin wäre das kontraproduktiv. Die Schultern des Mädchens hängen demotiviert und energielos.
"Ich habe gehört, wie meine Eltern sich über Simon's Plan unterhalten haben. Papa sagt, dass er ein Teenager ist, dem man nicht das Leben in die Hände legen sollte. Aber hier bleiben wollen sie auch nicht."
Das ist interessant. Ihre Eltern sind vielleicht nicht auf den Kopf gefallen aber trotzdem gehen sie davon aus, dass sie sich vor ihrer Tochter ungestört über so etwas unterhalten können. Wenn ich mein Ziel nicht aus den Augen verliere, kann ich sicher noch ein wenig tiefer graben.
"Planen sie denn allein zu gehen?"
Überrascht sieht sie zu mir auf mit einem Blick, der wohl eher zum Betteln geeignet ist.
"Könnte das sein? Aber das ist doch gefährlich!" 
"Und ob, aber mach dir keine Sorgen. Ich passe auf deine Eltern auf, ja? Aber damit das alles funktionieren kann, musst du uns ebenfalls zur Hand gehen."
Ich halte ihr das Walkie-Talkie hin und lächle aufmunternd. Sie weiß nur, dass sie mir genau berichten soll, was in ihrer Gruppe passiert, worüber die Leute reden und was sie sehen. Eigentlich sollte das bei ihr kein Misstrauen erwecken. Zu meiner Erleichterung entschließt sie sich dann auch dazu, einfach zu nicken und das Gerät von mir entgegen zu nehmen.
"Danke, Rosalie. Du erleichterst uns damit so einiges."
Ihr positives Lächeln als Antwort erwärmt mein Herz ein wenig. Vielleicht schaffe ich es ja so, auch den Rest der Gruppe für unser Vorhaben zu begeistern. Etwas hinterlistig aber perfekt in unserer Situation. Die Leute können ihre Angst vielleicht beschwichtigen oder verdrängen, indem wir ihnen das Gefühl geben, sie würden damit andere retten. Ob das nun tatsächlich der Fall ist, sei mal dahingestellt. Ich bin mir sicher, dass Simon mehr weiß, als er zugibt. Trotzdem weigert er sich sogar es mir zu erzählen. Sollte heute etwas wirklich schief gehen, dann nimmt er dieses Wissen mit ins Grab und trotzdem...
Er würde sozusagen als unsere letzte Hoffnung agieren. Und er weiß, dass ich mir darüber offensichtlich im Klaren bin...
Er weiht mich also nicht ein, damit ich alles und noch mehr daran setzte, ihn in einem Notfall zu schützen...
...
Dieses Arschloch. 

Covered - in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt