„Tja, das war's dann wohl", seufzte Amira und sah sich etwas verloren auf dem riesigen Flughafen um.
Unsere Koffer hatten wir bereits abgegeben, der nächste Schritt war nun, durch die Sicherheitskontrolle zu gehen, aber die Jungs hatten uns das Versprechen abgenommen, zu warten, damit wir uns in aller Ruhe verabschieden konnten. Ich versuchte, nicht daran zu denken.
Meine Eltern hatten mir versprochen, zur Feier meiner Rückkehr in mein Lieblingsrestaurant zu gehen und ich versuchte, mich mit aller Kraft darauf zu fokussieren. Sie würden so stolz auf mich sein. Und ich würde lächeln, vom Dreh erzählen und alles in meiner Macht stehende tun, um nie wieder an den jungen Mann mit den grünen Augen denken zu müssen. Nie wieder.
„Bevor es später im ganzen Trubel untergeht: Es war echt cool, euch kennengelernt zu haben", meinte Lena und strahlte uns an. „Ihr seid allesamt fantastische Menschen. Wir müssen unbedingt in Kontakt bleiben."
„Finde ich auch", stimmte sogar die schüchterne Emily zu und ich nickte abwesend.
Bevor ich die schwierigste Situation des heutigen Tages nicht hinter mich gebracht hatte, konnte ich mich auf nichts anderes konzentrieren.
In mir hatte sich eine stumpfe Leere breitgemacht, sobald ich versucht hatte, nicht an Harry zu denken.
„Wie sieht es bei dir aus, Annie?", holte Lena mich aus meinen trübseligen Gedanken.
„Was?", murmelte ich verwirrt und blinzelte mehrmals, um einen klaren Kopf zu bekommen.
Sie kam nicht dazu, mir zu sagen, was sie gefragt hatte, denn in diesem Moment sah ich ihn. Zusammen mit den anderen kam Harry auf uns zu, er trug ein einfaches, weißes T-Shirt und eine Skinny Jeans. Er sah nicht zu mir, sondern unterhielt sich mit Louis und lachte kurz darauf ausgelassen über etwas, was sein bester Freund gesagt hatte. Machte es ihm also gar nichts aus?
„Hey", grüßte Liam uns und umarmte uns der Reihe nach.
Die anderen folgten seinem Beispiel. Sobald Harry mich erreicht hatte, zögerte ich, doch er schloss mich, wie alle anderen auch, kurz in seine Arme und drückte mich ganz leicht an sich, ließ mich aber sofort wieder los. Er würdigte mich keines weiteren Blickes, was mich schwer schlucken ließ.
Mit zusammengepressten Lippen rettete ich mich damit, auf Niall und Liam zu blicken, die miteinander tuschelten und etwas zu bereden schienen. Niall, der einen Rucksack mit dabei hatte, setzte diesen letztendlich ab, öffnete das mittlere Fach und zog draus vier kleine, braune Teddybären heraus, die ein Schild in der Hand hielten, auf dem 'Danke!' stand. Hastig drückte er jedem der Jungs einen in die Hand und wandte sich dann uns zu.
„Wir möchten uns alle noch einmal bei euch dafür bedanken, dass ihr mit uns gedreht habt. Es war wirklich eine schöne Zeit mit euch allen", sagte Liam nun an uns alle gerichtet.
Mit einem flauen Gefühl im Magen fiel mir auf, dass wohl jeder von ihnen seiner Drehpartnerin das kleine Geschenk überreichen sollte, was bei mir hieß, dass Harry mir den Teddy geben würde.
Mit einem angedeuteten Lächeln trat er vor und hielt mir den kleinen Stoffbären hin.
„Für dich", meinte er und drückte ihn mir in die Hand.
Kurz erhaschte ich einen Blick auf sein Gesicht. Wenn ich ihn mir genauer ansah, erkannte ich die blauen Ringe unter seinen Augen und auch, wie fertig er aussah. Aus irgendeinem seltsamen Grund beruhigte es mich zu wissen, dass dies alles hier nicht einfach so an ihm vorübergezogen war, deshalb nickte ich ihm knapp zu und nuschelte ein 'Danke'. Unfassbar, dass wir uns noch vor einem Tag alles erzählt hätten und es jetzt nur für einen distanzierten Abschied reichte.
„Was wirst du jetzt machen?", fragte er mich nach einiger Zeit des Schweigens, seine Stimme klang heiser.
„Ich habe einige Angebote für Rollen bekommen", erwiderte ich schulterzuckend, „vielleicht werde ich auch ein wenig modeln. Was die Zukunft eben so bringt."
Kein Wort über uns, kein Wort über ein mögliches Wiedersehen. Es war vernünftig so. Wir beide würden darüber hinwegkommen und jemanden finden, der sehr viel besser zu uns passte. Ganz bestimmt würden wir das. Es war das Beste so.
Weil ich weder etwas sagte noch eine Gegenfrage stellte, wandte er sich mit einem Räuspern ab. Erstaunlich höflich sprach er mit meinen Kolleginnen.
Auch Louis schien sich zusammengerissen zu haben, Eleanor steckte vermutlich dahinter.
„Richte deiner Freundin liebe Grüße von mir aus", wandte ich mich an ihn, um nicht verloren neben der Gruppe zu stehen.
Er lächelte. „Mache ich. Ich soll euch allen eine gute Reise wünschen. Sie kann leider nicht selbst hier sein, die Arbeit ruft ..." Er hob die Schultern und ich zwang mich zu lächeln.
„Es war mir eine Freude, sie kennengelernt zu haben."
„Sie ist wundervoll, nicht?", fing Louis zu schwärmen an, seine blauen Augen richteten sich kurz verträumt in die Ferne. „Und bei dir ...?"
Er sah vorsichtig von mir zu Harry, worauf ich leicht den Kopf schüttelte. Er verstummte.
Bevor die Situation unangenehm werden konnte, nahm mich Liam noch einmal in den Arm.
„Es tut mir leid", wisperte ich ihm ins Ohr, als er mich an sich drückte. „Ich kann das nicht."
Er löste sich von mir, legte seine Hände auf meine Schultern und sah mir in die Augen. „Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen musst, Annie. Du hast schon so viel getan. Es ist okay, wenn du jetzt loslässt."
Ich presste die Lippen zusammen, zwang mich zu lächeln und merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
Er sah es ebenfalls und drückte mich noch einmal. „Ich kümmere mich schon um ihn. Du musst dir keine Gedanken machen."
Ich nickte, schloss für einen kurzen Moment die Augen und hatte mich dann wieder gesammelt.
„Danke", schniefte ich.
Nachdem ich mich auch von Niall verabschiedet hatte, sackte mir das Herz in die Kniekehlen, da ich wusste, dass nun der wohl härteste Teil auf mich wartete. Harry stand ein wenig abseits und ich musste mir einen Ruck geben, bevor ich den Mut sammeln konnte, zu ihm zu gehen.
„Das war's dann wohl", murmelte er und ich schluckte, nickte aber.
„Ja, das war's wohl", stimmte ich zu, heftig blinzelnd, um die Tränen zu vertreiben.
Einen Moment lang sah er so aus, als wollte er mich umarmen, zögerte dann jedoch und ließ die Arme sinken.
„Ich werde an dich denken", meinte er mit belegter Stimme.
Ich sagte nichts darauf.
Mit einem einzigen Schritt trat er nach vorn, strich mir die Haare aus dem Gesicht und löste bei dieser Berührung unfreiwillig tausende Schmetterlinge in mir aus. Ich vergaß zu atmen, mein Herzschlag setzte kurzzeitig aus.
„Leb wohl, Annie", hauchte er, beugte sich zu mir herab und berührte mit seinen Lippen sanft meine Stirn. Eine einzelne Träne rollte ihm über die Wange.
Ein letztes Mal noch sahen wir uns in die Augen und noch einmal verlor ich mich darin. Dann riss er sich los, drehte sich um und schritt in Richtung Ausgang davon. Mit verschleiertem Blick sah ich ihn gehen.
„Ich liebe dich, Harry", flüsterte ich und ließ den Tränen freien Lauf. „Leb wohl."
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Annie || h.s. ✓
FanficEigentlich war Annie gar nicht so abgeneigt davon, One Direction bei dem Musikvideodreh von A.M. persönlich kennenzulernen, aber das erste Treffen mit den Jungs wird zur absoluten Enttäuschung. Vor allem Harry ist so von seinem Erfolg berauscht, das...