Kapitel 8

443 42 4
                                    

"Was machst du hier?!", fragte er wieder, fast noch wütender als zuvor, trotzdem aber leise genug damit seine Schwester nichts davon mitbekam.

Ich kenn ihn zwar erst seit Kurzem, aber so wütend habe ich ihn noch nie gesehen und ehrlich gesagt wollte ich das auch gar nicht. Außerdem hatte ich keine Antwort auf seine Frage. Was tat ich denn hier? Aufräumen? Seiner Schwester Gesellschaft leisten? Ihn besuchen wollen?

" Ich wollte zu dir...", gab ich zu, denn das war das, was ich tun wollte. Ich kann ja nichts dafür, dass er nicht da war... weil er arbeiten musste... um seiner Familie ein Leben zu ermöglichen... das nicht gerade schön ist.

Michael hatte mich im Handumdrehen an die Wohnzimmerwand gedrückt. Bevor er anfing zu sprechen: "Ich will dich nicht hier haben, hau einfach ab und lass mich in Ruhe." Er sprach jetzt nichteinmal mehr mit wütender Stimme, einfach nur kalt.

Ich war so unfähig zu antworten. Ich starrte ihm einfach in seine wunderschönen blau-grünen Augen. Er sah nicht sauer aus, sondern verängstigt und bloßgestellt. Aus unerklärlichen Gründen gab mir das Mut. Auch wenn seine Hände meine beiden Arme so fest an die Wand pressen, dass es weh tut und ich bestimmt blaue Flecken davon bekommen werde, fühlte ich mich ihm überlegen.

So gelassen wie möglich fragte ich: "Wieso sollte ich?" Ich weiß nicht wieso er mich immer dazu bringt in zu provozieren.

Ich spürte wie sein Griff um meine Arme fester wurde bevor er antwortete: "Weil das meine Familie ist! Du wirst sie mir verdammt nochmal nicht weg nehmen!"

Mein Mund öffnete sich einen kleinen Splat weit, bevor ich scharf die Luft einzog. "Das habe ich auch nicht vor. Wieso sollte ich auch? Wieso sollte ich dir oder deiner zuckersüßen Schwester auch nur irgendetwas antun wollen?", so langsam mache ich mir echt Sorgen um ihn. Und diese 'miregal-was-du-von-mir-denkst-und-was-ich-dir-tu-Einstellung' ist jetzt auch wieder wie vom Erdboden verschluckt. Wenn man ganz genau hinschate, was ich tat, sah man, dass seine Augen glasig wurden. Es muss schon schlimm sein wenn er so verkrampft versucht mich fern zu halten.

"Witzig, wie mein Erzeuger das auch gesagt hat, kurz bevor er mit dieser billigen Straßenrandnutte abgehauen ist.", sagte er. Es hörte sich verdammt verletzt and und der Damm schien langsam zu brechen.

"Willst du darüber reden?", fragte ich, es war vielleicht egoistisch so etwas über ihn herrausfinden zu wollen, aber vielleicht half es ihm ja auch.

"Mit dir? Damit du schön zu deinem Lover Calum rennen kannst und ihm vom den achso asozialen Punk zu erzählen. Denk nicht ich weiß nicht wie das abläuft.", er war fest davon überzeugt, dass seine Aussage richtig war.

"Erstens, sind Calum und ich nur Freunde, zweitens, würde ich niemandem etwas erzählen, was du mir im vertrauen sagst, und drittens, brauchst du dich verdammt nochmal nicht dafür schämen.", sagte ich so ehrlich gemeint wie es nur ging. Ich starrte auf seine Lippen und meine Augen wanderten langsam seinen Hals hinunter, über seine Schultern zu seinem Arm, auf dem... Narben ware. Keinesfalls welche, die von einem Unfall stammen. Sie sind so gerade, als wären sie mit einem Lineal gezeichnet und manche so frisch, als wären sie gerade eben erst in sein Fleisch geritzt worden. Denn das war offensichtlich was er tat. Sich ritzen. Mutwillig weh tun.

Es trieb mir die Tränen in die Augen, so etwas hatte er nicht verdient. Er war vielleicht nicht gerade das normale Schönheitsideal, er hatte keine perfekte Haut, er hatte keinen Sixpack, aber, so kitschig wie das auch klingen mag, er hatte sein Herz am rechten Fleck. Woher diese Überzeugung kam? Ich weiß es nicht, es war einfach mein Bauchgefühl.

"Wieso weinst du jetzt?", seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken und lies mich ihn wieder angucken.

"Ritzt du dich wegen deinem Vater?", zugegeben war diese Frage nicht besonders schlau, dennoch ließ er mich los und lief ein paar Schritte von mir weg.

Save Me {m.c.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt