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,,Verdammt, Taehyung!"
Ein Poltern aus den Ecken des Raumes, als sie in meine Richtung stapfte, selbst ihre zierliche Figur ging in den tiefen ihrer Grummeleien unter.
,,Wie du diese verdammte Schlampe mit deinen Blicken ausgezogen hast!"

Wut überströmte ihre Psyche und ließ sie über unsere Liebe vergessen.
Für diesen Moment war ich ein Fremder in ihren Augen.

Ich schämte mich, sprach deshalb kein einziges Wort. Sie hatte absolut recht. Das Mädchen schaute ich an, da ich sie als wirklich hübsch empfand. Ja, ich hätte es nicht tun sollen. Immerhin stand meine Freundin direkt neben mir.

,,Willst du mich provozieren?", schrie sie auf, da ich ihr nicht antwortete.
Sie fasste meine Tonlosigkeit falsch auf und dachte so, dass ich mich weigerte mit ihr zu sprechen und alles zu erklären, da ich lieber das andere Mädchen an meiner Seite gehabt hätte.
So war es jedoch nicht. Sie interpretierte die Gestiken, wie es ihr am Besten passte.

Und es geschah.
Ein lauter, schrecklicher Schlag füllte den Raum mit zusätzlichem Hass und jegliches Empathieverhalten verschwand aus den Gehirnen.
Schockiert und beängstigt zugleich hielt ich meine rot-angeschwollende Wange.

Einst wurden Männer verklagt, häusliche Gewalt an Frauen zu verrichten, doch hier kehrte sich die Gerichtsverhandlung in eine andere Richtung. Nicht ich wäre der Täter gewesen, sondern sie.
Ein weiterer Beweis dafür, was für eine zurückgebliebene, weiche Lusche ich war.
Von einer Frau geschlagen, klang wie ein Witz aus der ersten Seite einer Teeniezeitschrift.

,,T-tae.. Ich... Ich wollte das nicht"

Mit bebenden, wackeligen Beinen erhob ich mich. Enttäuscht schaute ich sie noch kurz an.
Eine Sekunde voller Bereuen und ,,Ich würde es am liebsten rückgängig machen", aber die Welt drehte sich weiter und stoppte niemals, schon gar nicht setzte sich diese zurück auf Anfang. Es war geschehen, und möglicherweise auch besser so.
Ich lernte meine Lektion daraus.

,, Taehyung, bittee.."
Hilflos krallte sie sich an meine Hand, doch ich ließ sie fallen. Ich wollte alleine sein. Nur wenige Minuten, die sich in Stunden entwickeln könnten.
Den Schock alleine verarbeiten, ohne äußere Einflüsse, die auf mich hätten einsprechen können. Ganz allein.

,,Taehyung? "
Seit einiger Zeit versuchte Jimin in die Tiefen meiner Gedankenzüge, verknüpft von beschädigten, behinderten Nervenzellen, zu gelangen.
Zu lange steckte ich fest, vergaß, dass sich die eigentliche Welt vor meinen Augen abspielte. Jimin stand in der richtigen Welt vor mir, nicht Siyeon, die mich einst geschlagen hatte.

Sein Blick glitt nach draußen, nachdem er die letzte Bestellung abgetippt hatte.
Tränen prasselten gegen die Fensterscheibe in der Dunkelheit der Nacht. Ein Geschöpf pustete ständig gegen die Wände des Fastfoodladens und ließ mich furchteinflößend erschaudern.
Ein eisiger Windhauch, der durch meinen Nacken zog. Allein die Vorstellung daran, dass ich gleich in diesem Unwetter nachhause laufen müsste, gab mir den restlichen ,,Ich hasse mein Leben"- Kick.

Jimin bemerkte meinen starren Blick in den düsteren Nachthimmel, als er die letzten Stühle hochstapelte und alle Lichter bis auf eines über mir ausschaltete.
Bereits mit Jacke und Autoschlüssel in den Händen, beäugte er mich genau, legte dabei eine Hand auf meine Schulter.

An regnerischen Tagen wie diesen nahm ich mir frei, um Kuschelabende mit Siyeon zu verbringen. Keiner konnte uns aus dem Bett locken. Noch eine Tasse Tee und Kekse. Diese kleinen Momente genoss ich am meisten in meinem Leben.
Oder die Nächte auf ihrem winzigkleinen Balkon mit einem Joint zwischen den Fingern, benebelt, wie der Sternenhimmel zu seiner Blütezeit.
Der Rauch schlang sich um unsere Körper, wie ein durchsichtiges Band. Es festigte unsere Liebe bis in die Wurzeln.

Sie zerschnitt jedoch das Band, zerschlug die Wurzeln und traf dabei versehentlich mein warm pulsierendes Herz. Siyeon sagte schon immer, ich sei zu gut für diese Welt.
Ich verstand es erst zu dem Zeitpunkt, wo ich am meisten von ihr verletzt wurde. Meine Naivität überschüttete das rationale Denken der Psyche. Das Herz in mir sprach, nicht das Gehirn. Der Fehler im heutigen Zeitalter.
Ihre Gefühle zu mir waren so falsch, wie die aufgesetzte Freundlichkeit der Angestellten. Sie lebte einen Traum, den sie vor mir verborgen hielt...

,,Komm, ich setze dich Zuhause ab, Taehyung"

Every March || VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt