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,,Das kann doch nicht wahr sein... Lass es bitte nur ein Traum sein"

Verzweiflung füllte den leerstehenden Raum, den Jimin mit mir soeben säuberte.
Mit einem Besen putzte er den letzten Dreck vom Fußboden, während ich die Stühle hochstellte, um ihm Platz zum Wischen zu schaffen.

Yeonyoon hielt die Jacke des Unbekannten fest in ihren Händen und war den Tränen nahe.
Nur deshalb wand ich mich von meinem eigentlichen Dienst ab und trat näher zu ihr.

Völlig aufgewühlt fuhr sie sich durch ihre hochgesteckten dunkelbraunen Haare. Ein bildhübsches Mädchen mit einem äußerst offenen und herzlichen Charakter zum verlieben. Und dennoch blieb sie in ihrem Leben single, da Jungs nicht die Schönheit in ihr sehen konnten.

Die Medien wurden vollgepumpt mit abgemagerten Idolen, die gerade mal die fünfundvierzig - Kilogramm - Grenze erreichten.

Diese Ideale wurden an die Gesellschaft übertragen und nun suchte sich jeder Koreaner einen Hungerhaken an der Seite, den man nur mit einer Hand zerbrechen konnte. Sie konnten an ihr Macht ausüben. Physische Macht, denn jede Berührung könnte sie zum erzittern bringen.

Ein widerliches Geschehen spielte sich vor meinen Augen ab, sobald ich an diese schmierigen Männer in Seoul dachte, die um Mitternacht nach schwachen Frauen Ausschau hielten, um sie zu zerbrechen.

Nur die wenigsten Mädchen schafften es, sich von diesen, in Alkohol gebadeten, Typen zu reißen.

Je näher ich zu Yeonyoon trat, desto schockierter wandelte sich meine Mimik. Genau musterte ich die Jacke in ihren Händen.

Das kann doch nicht wahr sein...
Wieso ist mir das erst jetzt aufgefallen?
Jetzt macht das alles nur noch mehr Sinn! Wie krank ist das denn?

Die Jeansjacke, getränkt in Frittierfett, Ketchup und diversen anderen Flüssigkeiten unseres Ladens war genau die selbe, die der Junge aus dem Zug und auch aus dem Club trug.

Es bestand kein Zweifel, dass es genau diese Jacke war, denn niemand würde sich sonst einen zerfetzten Jeansstoff über den Körper werfen. Allein deshalb nicht, weil die Temperaturen in ganz Seoul noch nicht anstiegen, obwohl die Zeit schon lange Mitte März schlug.

,,Taehyung, was soll ich nur tun?", waren ihre Worte, die mich aus dem Inneren meines Gedächtnisses fischten und auch Jimin trat nun näher, um die Situation verstehen zu können.

,,Was meinst du denn, Yeonyoon?", sprach er.

,,Sein Portemonnaie! Was ist, wenn er es schon längst vermisst? Er wird denken, dass ich es ihm geklaut habe! Oder noch schlimmer, er zerhackt mich gleich in meine Einzelteile!", panisch verstärkte sich der Ausdruck ihrer Stimme und ihre Lautstärke war auch kaum zu überhören.

,,Er wird doch schon nicht denken, dass du es ihm abgenommen hast", versuchte Jimin sie zu beruhigen, währenddessen klebte mein Gedanke jedoch an etwas völlig anderem.

Sie hat sein Portemonnaie!
Das ist die Chance, seine Identität zu enthüllen. Das alles kann doch kein Zufall mehr sein, oder?
Der rennt mir doch seit Tagen schon hinterher, weil er irgendein Problem mit mir hat.

Vielleicht ist er auch von Siyeon geschickt worden, um mich auszuspionieren, da sie eifersüchtig wäre, wenn ich mich mit anderen Frauen abgeben würde?
Das muss es sein!

,,Yeonyoon! Das Portemonnaie! Gibst du mir das Mal ganz schnell?"

Sowohl Jimins als auch ihr verwirrter Blick blieb an mir kleben. Sie verstanden wohl nicht, worauf ich hinaus war, sondern dachten gleich an das eine Problem, was mich schon viel zu sehr verfolgte: Geld!

,,Du kannst ihn doch nicht einfach abzocken! Für so eine Aktion wird der Typ doch sofort die Polizei verständigen!"

,,Ich will doch nicht das Geld!", mit diesen Worten verteidigte ich mich gegen Jimin und riss ihr die schwarze Hülle aus der Hand, was mich fast zu Boden warf.
Schwerer als gedacht.
Warte, was!?
Wie kann ein Junge mit kaputtgerissenen Stoff über seinen Schultern so viel Geld in der Tasche haben?

Als mir diese Scheine hervorsprangen, wurde ich beinahe ohnmächtig und ich blieb wie angewurzelt stehen.

,,Das darf doch nicht wahr sein... Woher nimmt er so einen Batzen Geld her?", hielt sich der Braunhaarige die Hand vor dem Mund.

Nicht das Atmen vergessen, Taehyung.
Tief durchatmen, du wolltest nach etwas anderem schauen!

Fixiert auf den einen Gedanken, kramte ich in jeder kleinen Öffnung umher, bis mir der Schein ins Auge sprang.

Der Schein, der endlich Klarheit in mein Leben bringen könnte.
Ich könnte Siyeon damit konfrontieren. Ihr ganzer Plan würde in sich zusammensacken.

,,Na also..."

Ein kleines Lächeln prägte sich auf meine Lippen, als ich die Karte rauszog.
Jetzt hab ich dich!
Egal, was du auch immer vorhattest.
Es konnte kein Zufall sein, dass wir uns so oft begegnet waren.
Zufrieden hielt ich den Ausweis vor meine Nase und las seinen Namen vor:

,,Jeon Jungkook"

Every March || VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt