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Umhüllt vom leisen Plätschern des Abendregens, stand ich in den Tiefen der dunklen Straßen Seouls.

Ein Spaziergang wie jeder andere und doch so anders. Müll auf den Gehwegen, keine Menschenseele, die sich zu so einer Uhrzeit traute, durch das Viertel zu schlendern.

Meine Füße steuerten mich ziellos durch die Wege. Pfützen auf dem Asphalt, die meine Socken bereits durchnässten, aber es war mir egal.

Gedankenfrische brauchte ich.

Obwohl ich doch an nichts denken wollte, fiel mir dieser Junge wieder ein.

Sein schockierter Blick, sobald ich seinen Namen aussprach und auch die pampige Art, die er schön zurückstecken konnte, als ich vor ihn trat.

Wahrscheinlich wollte er nicht zugeben, dass er mich bereits aus seinen Recherchen von Siyeon kannte, besser als jeder andere Mensch.
Noch immer wollte ich ihr so eine boshafte Tat nicht zutrauen.

Was ist, wenn es doch nur ein reiner Zufall war, dass ich ihm öfter begegnete an Orten, die nicht unterschiedlicher hätten sein können?

Erst der Zug, wo er rannte, wie ein beirrter Leistungssportler, später die Bar bei Hoseok. Kein Wunder, dass ich dort auf ihn traf, die bekannteste Disco Seouls konnte jedes Treffen organisieren.
Aber, was ist, wenn es auch nur ein Junge war, der die gleiche Jacke trug?

Die Begegnung in unserem Fastfoodladen konnte auch ungeplant gewesen sein. Oder wollte ich mir das nur so schönreden, um Siyeon aus dem Spiel zu halten?

Genervt klemmte ich mir einen Joint zwischen die Lippen, den ich Zuhause vorgedreht hatte, um der Plage nicht draußen ins Gesicht zu blicken.

,,Ich verstehe es einfach nicht, wieso kann sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?", nuschelte ich durch den kleinen Spalt meines Mundes, um nicht den Filter fallen zu lassen.
Mit meinem Feuerzeug, was ich bereits mit meinen Handflächen verdeckte und Richtung Droge hielt. Zu groß war die Wahrscheinlichkeit, dass es gleich wieder erlöschen würde.

,,Ich meine, sie hat doch selbst gesagt, dass sie nichts an mir findet..."

Endlich. Die Flamme übertrug sich auf die Spitze meines Papers. Meine Lungenflügel verschluckten den Geschmack der - auf mich beruhigend wirkenden Droge.

Sobald ich mein Feuerzeug wegsteckte, presste sich das Köpfchen meines Hausfrettchens durch meine Jackentasche.

Seine knopfartigen Augen schielten zu mir rauf, ein fragwürdiges Funkeln trug er dabei in diesen.
Er wollte wahrscheinlich antworten, konnte es aber natürlich nicht.

,,Ach man, du verstehst das ganze doch wohl genauso wenig wie ich..."

Jeder Passant, der die Straße durchquert hätte, wäre wohl vor mir weggerannt, aufgrund meiner Selbstgespräche.

Jedenfalls sah es danach aus. Raffles konnte man im Täschen leicht übersehen, da er nicht wie ein Hündchen an der Leine rannte, sondern dann heraussprang, wann er es für nötig hielt.

Ein erneuter Zug.
Wieder diese schädliche Luft, die sich durch meinen Körper presste.
In diesen Momenten genoss ich es, einfach nur alleine zu sein und den Regen auf meiner Haut zu spüren.

Selbst die Autos interessierten mich nicht mehr, die mit ihren breiten Strahlen durch mein Gesicht leuchteten.

Ihre falschen Scheinwerfereinstellungen wirkten beinahe so, als hätten sie allesamt Fernlicht eingeschaltet.

Es waren die letzten entspannten Schritte, die ich gehen konnte, denn plötzlich traf mich ein gewaltiger Stoß von hinten.

Das Gleichgewicht verlor ich aus meinen Füßen und schreckhaft sackte ich zusammen, traf keine Sekunde später auf den eiskalten und nassen Asphalt auf, zerquetschte dabei Raffles und auch mein Joint landete Mitten in einer Pfütze, während mein Gesicht gegen den steinharten Boden schlug.

Dejávúmäßig hörte ich nur noch eine Stimme rufen:

,,Es tut mir leid!"

Every March || VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt