18. Kapitel

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Leonard

»Schatz, warum bist du denn schon zu Hause und nicht in der Klinik?«, kam es von Ann, die in dem Moment ihre Tasche auf den Boden der Diele fallen ließ und mich von hinten umarmte.
Lehnte mich gegen sie und zog ihren beruhigenden Duft ein.
Eine Mischung aus Parfüm von der Drogerie aus unserer Straße, Desinfektionsmittel und einfach sie.
»Wie wars in der WG?«, erwiderte ich, ohne auf ihre Frage einzugehen.
»Leo, was ist?«
Sie ließ mich los und lehnte sich stattdessen gegen die Spüle sodass, ich gezwungen war sie anzusehen.
»Also, ich höre.«
Ich seufzte, fuhr mir durch die zu lang geratenen Haare.
»Man hat mich von einem Fall abgezogen.«
Ihre Augen wurden groß.
»Das ist nicht dein Ernst, Leonard, oder etwa doch?«
»Glaubst du ich mach Scherze, wenn es um so etwas geht?«, klinge müde.
Sie schüttelte mit dem Kopf.
»Willst du mir von dem Fall erzählen?«
»Ja.«

Ich hatte ihr alles erzählt, zumindest so viel wie ich erzählen konnte, bis auf eine Sache und zwar den Jungen.
Von ihm erzählen, von unserer Schlägerei, wenn man es so bezeichnen konnte, konnte ich einfach nicht, denn würde sie sich nur zu viele Sorgen machen.
Vergessen konnte ich ihn auch nicht, wusste, dass ich mit ihm sprechen musste, um herauszufinden, warum er derart ausgerastet war.
»Anny, ich muss kurz telefonieren, bin gleich wieder da.«, küsste sie auf die Stirn und ging wie ein Roboter mit meinem Handy raus auf unseren Balkon.
Es war wie ein Blitz gewesen, der mich getroffen hatte, die Idee.
»Van Hellen?«, ertönte die Männerstimme, die ich so lange nicht mehr gehört hatte.
»Hey Andi, ich bin's hast du nh Minute für mich?«
»Leo? Für dich hab ich immer Zeit!«
Ich musste lächeln.
»Und zwar hab ich einen Jungen kennengelernt beziehungsweise durch Zufall ein paar mal gesehen, da er ein Angehöriger eines Patienten von mir war.«, erklärte ich.
»Was ist denn mit dem Jungen, dass du deswegen mich anrufst?«
Ich holte tief Luft und erzählte dem Psychologie Studenten das, was ich über den Zeitraum in mich hineingefressen hatte mit der Hoffnung er könnte mir irgendwie helfen.

»Leo, es tut mir leid, aber so pauschal kann ich dir das wirklich nicht beantworten, auch wenn ich im letzten Semester bin. Da müsste ich ihn schon sehen und mit ihm reden können, um mir ein anständiges Bild machen zu können, wenn du mich verstehst.«
»Schon klar.«, murmelte ich und obwohl ich es nachvollziehen konnte, war ich enttäuscht, ob von ihm oder mir konnte ich nicht wirklich sagen.
»Aber...«
»Was aber?«
»Ich bin dieses Wochenende in Berlin und könnte der Klinik einen Besuch abstatten und vielleicht ist er ja auch da, Leo, oder was meinst du?«
In meinem Kopf waren alle Rädchen am Rattern, Wochenende bedeutete, dass er in zwei Tagen hier sein würde.
»Wir können's probieren, Andi.«
»Alles klar, dann würde ich sagen, bis in zwei Tagen und dir alles Gute, muss jetzt auch langsam auflegen.«
Er lächelte, auch wenn ich es nicht sehen konnte, ich wusste es einfach.

Ende von Kapitel 18.

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