31. Kapitel

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Aluna

Alles roch nach ihm und ich bekam nur noch mehr Kopfschmerzen.
Der Kaffee war bitter und ich gab nun  bestimmt schon den vierten Würfelzucker hinzu.
»Ähm? Vincent? Hast du dich in ne Frau umoperieren lassen, oder wer bist du?«, kam es auf einmal von einem kleinen Jungen, der nach einem typischen Nerd aussah.
Süß.
Ich war ja selbst einer. Irgendwie.
»Aluna, ne Freundin von Vincent.«, massierte mir die Schläfen, war noch nicht annähernd mental bereit für ein Gespräch.
»Und Vincent wahrscheinlich im Krankenhaus mal wieder?«
Ich schüttelte mit dem Kopf, stöhnte genervt.
»Schon klar ich verschon dich erstmal mit weiterer Interaktion mit Menschen.«, erwiderte er mit abwehrender Haltung.
Fast schon erleichtert nippte ich an meinem Kaffee, doch wurde die nicht mal angekommene Ruhe erneut wieder kaputt gemacht.
»Moin Leute, was...? Bist du nicht das Girl von vor ein paar Tagen?«, ertönte eine weitere Jungenstimme, woraufhin ich mich wieder umdrehte.
Der Junge sah gänzlich anders aus.
Hochgewachsen, dürr und müde.
Die Haare lang und verwuschelt, schien fast so als hätte er jegliche Gelegenheit ausgeschlagen sich unter die Dusche zu begeben.
»Wo warst du denn?«, nahm mir der Nerd die Möglichkeit zu antworten, was mich dazu brachte mich dem Kaffee wieder zuzuwenden.
»Hä?«
»Na weil du den ganzen Matsch hineinträgst, du weißt doch von Vincents Sauberkeitszwang.«
Der Hochgewachsene rollte nur mit den Augen und ging zurück in die Diele, um sich wohl die schmutzigen Stiefel auszuziehen.
»Und wo warst du jetzt?«
»Wird das jetzt nh Verhör? Ich würde gern wissen wo Vincent abgeblieben ist und warum stattdessen nh Weib hier is. Bist du seine Freundin, oder so?«
Als ich in seine Augen sah, wusste ich nicht was ich tun sollte.
Es war ein seltsamer Blick.
Wie der Blick eines Jägers, eines Jägers, der sich die grauenvollste Methode aussuchte, um sich an denen zu rächen, die an seinen Schmerzen Schuld trugen, deren Hände voller Blut waren.
Ich schaute weg, zu meiner Kaffeetasse auf welcher Luftballons abgebildet worden waren.
»Ne. Nur ne Freundin. Aus seiner Uni.«
»Achso. Dachte schon, der feine Herr würde sich auf nh Girl einlassen.«
»Was meinst du damit?«, starrte ihn an, musste einfach.
Er winkte ab.
»Nichts.«
»Und wo ist jetzt Vincent?«, quengelte der Nerd, während er den Herd anmachte.
In dem Moment wo ich etwas sagen wollte, klingelte mein Handy und ich langte danach.
»Aluna?«
»Leonard? Es ist fucking früh, ich habe wegen allem nicht geschlafen und ich werde nicht mit dir ein Gespräch jetzt führen.«, wollte in der Sekunde auch schon auflegen, doch ein Satz hinderte mich daran.
»Sie haben ihn in die Psychiatrie einweisen lassen und Dag ist aus dem Koma erwacht.«

Ich drückte die Klingel.
Meine Hand zitterte.
Es dauerte nicht lang, als auch schon die Tür geöffnet wurde und sie mich anlächelte.
Die Frau von der ich nichts als eine Geschichte kannte, eine Geschichte, die so schlimm und herzzerreißend war, dass ich am liebsten wieder weinen würde.
Aber ich weinte nicht.
»Du musst die Studentin sein von der Leo erzählt hat, komm rein.«, sie lächelte ihr atemberaubendes Lächeln und ich konnte nicht anders als es zu erwidern.
»Hey Ally, ich bin gleich soweit, kannst dich noch nh paar Sekunden gedulden?«, kam es dann von einem hektischen Leo, der versuchte sich während dem Schuhe Binden noch die letzten Cornflakes in den Mund zu schieben.
Dieses Bild war wirklich lustig.
Keine Ahnung wie er auf den Namen Ally gekommen war, seit dem er mich gestern heimgefahren hatte, nannte er mich einfach so.
»Leo, nun hetz dich nicht so! Du weißt, was dein Arzt dir, zu deiner schnellen Esserei immer sagt!«
Er winkte nur ab.
»Hast du vergessen wer hier Stunden in irgendwelchen Vorlesungen verbracht hat?«
»Dann sau dich wenigstens nicht voll.«, sie schmunzelte, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und verschwand in einem der vielen Zimmer.
Und ich musste noch mehr Lächeln.
Wenn das hier Liebe war, was die beiden umgab, dann wollte ich genau das auch.
Keine Ahnung mit wem.
Aber ich wollte es.
Leo leckte sich über die Lippen und holte seinen Mantel vom Sofa.
»Na dann los.«

Wir standen vor dem Intensivzimmer.
Meine Hand hielt den Türgriff fest umklammert. Als wäre er mein letzter Anker.
»Du kannst das.«
Ich sah Leo an.
»Danke.«

Ende von Kapitel 31.

Was bin ich ohne dich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt