Leonard
»Solltest du nicht in der NA sein?«, kam es von der Person, die eigentlich gar nicht erst hier vor Ort sein sollte.
Ich drehte mich zu der charmanten Ärztin, wobei ich ihr ein ironisches Lächeln schenkte, das mindestens so breit wie das Ihre war.
»Meine liebste Liora, solltest du nicht in Norwegen sein?«, wollte ihr noch einen Kuss auf die Wange drücken, doch kassierte ich nur einen Schlag gegen die Schulter.
Manchmal war es dann doch zu viel mit Sarkasmus und Ironie.
»Habe ich nicht zu erst gefragt?«, sie zog die Augenbraue hoch und verschränkt die Arme vor ihrer Brust.
»Und die Antwort lautet: In einer halben Stunde erst, ich bin früher da.«
Lehnte mich gegen die Wand, während ich die langen Locken zu einem festen Dutt band.
Hier auf dem Gang der ITS war viel los und ich wollte mich nicht unnötig lange hier auf halten.
Nicht mehr als ich musste.
»Du und früh da? Das ich nicht lache.«
»Geht dich ja auch nichts an, aber was ist jetzt mit Norwegen?«
»Du weißt, dass du verdammt viel Ärger bekommst, wenn er dich wieder beim Jungen erwischt, das ist dir klar, oder?«
»Man ey, Liora, nicht du auch noch, ich kann selbst entscheiden was ich mache!«, klang wütend, gereizt, was ich zu gerne auf den Schlafmangel geschoben hätte.
»Und am Ende wirst du wieder fast gefeuert, Leo, erinner dich an...«
»Wage es ja nicht davon zu sprechen!«, knurrte ich sie an, richtete mich auf und mit einem Mal wurde mir bewusst wie sehr mein Name mir selber glich.
Leo.
Löwe.
Eigentlich war ich klein für einen Mann und wurde nie laut, so gut wie nie, aber auch bei solch einem tiefentspannten Menschen wie mir gab es Grenzen.
Ja.
Grenzen, die man nicht übertreten sollte, denn würde man von der gut riechenden Wiese auf ein zerbombtes Schlachtfeld treten.
Mit nur einem Schritt würde man das zerbombte Ich meiner Selbst zu Gesicht bekommen.
»Leo...ich...ich...«, ihre Stimme zitterte als würde sie einem wirklichen Löwen wie im Alten Rom gegenüber stehen, den sie töten müsste ehe er sie töten, auffressen würde.
Doch bevor irgendwer etwas sagen konnte, egal ob Stammeln oder Blaffen, ertönte plötzlich aus einem der Intensivzimmer der Notfallalarm, der uns wie in den öfteren Streitereien aus der Starre holte, in uns klingeln ließ wie wir zu reagieren hatten.
»WIR BRAUCHEN HILFE!«, schrie eine junge Frau mit fast kahl rasiertem Schädel, die aus dem Zimmer gerannt kam.
Beide sprinteten wir los und ich hörte nur wie sie »Kammerflimmern!«, rief, als wir im Zimmer ankamen und den Jungen anwies wegzugehen, doch ging er nicht, blieb reglos auf dem Sitz, klammerte sich nur noch mehr am Bett fest ehe ihn schließlich eine Krankenschwester wegzuziehen versuchte.
»Alle weg vom Bett!«, brüllte Liora.
Es war wie ein Schalter der in mir umgelegt worden war.
Ich wusste was ich zu tun hatte, wusste wie ich die Möglichkeiten hatte, diesen Jungen zurückzuholen.
Sie starrte auf den Monitor und seufzte erleichtert auf, als sie die Werte sah.
»Wir haben ihn wieder.«
»Was war mit ihm?«
Die Augen des Jungen waren komisch, nicht gerötet, kurz vorm Weinen wie es sooft bei Angehörigen der Fall war, nein, er wirkte komplett anders auf mich.
»Er hatte Kammerflimmern, aber wir haben ihn für den Moment stabilisieren können.«, erklärte sie.
»Er wäre fast gestorben?«
Und dann passierte das, was sich so seltsam angefühlt hatte. Er lachte.
Lachte als wäre es der Witz des Jahrhunderts.
Als wäre sein Freund, oder was dieser Mann auch immer für ihn war, nicht gerade fast von der Klippe gesprungen.
Liora warf mir einen ebenso verwirrten Blick zu.
»Kümmern Sie sich um ihn, ich müsste schon längst im OP sein, beziehungsweise mir die Hände waschen!«
Er lachte, lachte Tränen und mir kam das nicht in den Sinn.
»Alles gut?«
Er nickte. Irgendwie.
Doch plötzlich erstarrte er vollends in seiner Bewegung und auch das Lachen war mit einem Mal nicht mehr zu hören.
Murmelte was, was jedoch weder ich noch das Mädchen mit dem rasierten Kopf neben ihm verstand.
»Was hast du gesagt?«, flüsterte sie.
»Wenn er stirbt, bin ich schuld.«
»Warum solltest du schuld sein, Vincent?«, fragte sie nochmals.
Vincent.
So hieß er also.
»Weil...«
»Weil...weil... weil ich ihn umbringen wollte.«Ende von Kapitel 21.
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Was bin ich ohne dich?
FanfictionEine ganz normale Studentenparty. Doch als die Polizei gerufen von einer Nachbarin eintrifft, findet man mehrere Krankenwagen und untere den vielen anderen jungen Erwachsenen einen wieder, der brüllt, er müsse zu ihm. Aber was ist passiert? Und waru...