36. Kapitel

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20.000 Menschen.
20.000 Menschen, die auf die beiden warteten, sich wegen den zwei Typen, sich seit Stunden die Beine in den Bauch standen.
Nur wegen solchen beiden Typen.
Typen, die ohne ihre Vergangenheit nie hier, nie in diesem Backstage stehen, sich darauf vorbereiten würden gleich auf die Bühne zu rennen.
Ohne ihre Vergangenheit hätten sie sich aus den Augen verloren, hätten die unterschiedlichsten Wegen eingeschlagen, aber nie gemeinsam, getrennt.
Aber diesen Weg nahmen sie gemeinsam, weil es alleine nicht möglich gewesen wäre, denn überlebte man so eine Vergangenheit nur mit einem Menschen an seiner Seite, anders war es nicht möglich.
Vincent sah zu seinem Kumpel rüber, der mit irgendwem über irgendwas diskutierte, dabei eine Kippe zwischen den Lippen geklemmt hatte.
Ohne diesen Menschen würde er nicht mehr leben, denn hätte er nie jemanden von seiner Schizophrenie erzählt, dass wusste er besser als sonst wer.
Die Stimmen schwiegen, auch wenn er gerne gewusst hätte, was sie dazu wohl sagen würden, zu dem 20jährigen.
Er würde das wirklich gerne wissen.
Aber die Therapeutin auf der geschlossenen, die Therapeutin auf der stationären und die Therapeutin, zu der er immer noch manchmal hinging, die er auch zu dem 20 jährigen eingeladen hatte, hatten samt Pillen bewirkt, dass die Stimmen und Schübe verschwunden waren, nicht mehr in seinem Kopf erklangen, ihn fertig machten.
Sie waren weit weg.
Vielleicht aber auch ganz nah.
Er lehnte sich gegen die Wand, nippte an seiner Wasserflasche.
Seine Mutter war auch hier irgendwo.
War froh, dass es ihr gut ging, nach allem was sie erlebt haben musste, konnte immer noch nicht fassen, dass in einem aus seiner damaligen WG ein derartiger Psychopath gesteckt hatte.
Es war reines Glück gewesen, dass er die Tür einmal vergessen hatte nicht abzusperren.
Reines Glück, das aber ausgereicht hatte.
»Hey.«
Er öffnete die Augen und sah ein paar Meter eine schwarze Frau stehen mit abrasierten Haaren.
»Hey.«
Sie grinste ihn an.
»Lange nicht gesehen.«
»Zum Glück.«, war das Einzige, was er mit einem Grinsen auf den Lippen erwiderte.

Er sah Vincent an.
Dieser Moment war alles, was er sich je gewünscht hatte.
Einen gesunden besten Freund.
Keine Klapse mehr, keine Zusammenbrüche, keine Schlägereien mehr.
Einfach nur einen gesunden besten Freund.
20 Jahre und noch so viel mehr.
Er musste weinen.
Er musste weinen, weil all das seinen Kopf einfach dermaßen fickte, dass er nicht nicht weinen konnte.
Er musste einfach.
Weil es einfach zu viel war.
Mit diesem verrückten Typen wollte er sein Leben verbringen.
Egal auf welche Arten und Weisen, er wollte einfach und da spielte das »Wie« auch keine Rolle.
Man machte es einfach.
Und es fühlte sich einfach nur gut an, es einfach zu tun.

Ende

Was bin ich ohne dich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt