Kapitel 23

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„Spinnst du? Das ist unbefugtes Betreten. Dafür können wir angezeigt werden.", zischte ich aufgebracht und schüttelte meinen braunen Haarschopf, dass mir die Strähnen nur so vor die Augen fielen.

„Sowas hast du mit Sally doch ständig getan. Und seit wann bist du eigentlich die Vernünftige?", fragte er und stupste mich mit seinem Ellenbogen an.

Seit ich jedes einzelne Mal aufgeflogen war vielleicht? Oder seit ich vier Wochen Hausarrest bekommen hatte? Oder seit Jessica Sallys Benehmen einmal auf mich geschoben hatte? Gute Frage, Shane. Vielleicht war ich ja einfach traumatisiert?

„Was willst du denn überhaupt hier?", beantwortete ich seine Frage mit einer Gegenfrage. Ich sah auf mein Handy und verschluckte mich fast, als die Ziffern die Uhrzeit anzeigten. Es war 3.16 Uhr!

„Kletter über den Zaun und ich sage es dir!", erpresste er mich. Ich kniff die Augen zusammen. Ich weiß genau, was du vorhast, Shane! Warum funktionierte es dann? Ehe ich mich versah saß ich auf dem Zaun und krallte mich an dem Metall fest, um nicht auf der anderen Seite herunterzukippen und mir das Genick zu brechen. Ich atmete tief ein und wieder aus und versuchte mit meinem Fuß in irgendeine Öffnung zu gelangen, die mir beim Herunterklettern Halt versprach. Währenddessen war Shane schon hinüber geklettert und lachte über mein Ungeschick.

„Hör auf zu lachen und hilf mir lieber. Ich bin kein 1,90 Meter großer Riese.", verteidigte ich mich.

„Schon gut.", murmelte er, vermutlich mit dümmsten Grinsen überhaupt auf den Lippen.

Große Hände schlossen sich um meine Taille und hielten mich fest. Mein Herz schlug schneller. Alles in meinem Bauch begann zu prickeln wie teurer Sekt und die Wärme pulsierte durch meine Adern. Ich war nervös. Verdammt, wieso war ich so nervös?

Ich wagte es, rückwärts nach unten zu springen und landete mit beiden Füßen auf dem harten Boden. Shane stand dicht hinter mir, ich konnte seinen Atem an meinem Nacken spüren, genau zwischen Jackenkragen und Mütze. Mir war mulmig zumute. Ich wusste nicht recht, ob mir heiß oder kalt war oder ob beides zutraf.

„Ich will dir was zeigen.", raunte Shane, leiser als zuvor. Seine Stimme klang kratzig und tief und ich hoffte, dass nicht nur ich das bemerkte. Dass auch er spürte, dass etwas sich verändert hatte.

„Was denn?", wiederholte ich meine Frage flüsternd. Ich traute mich nicht, mich umzudrehen und ihn anzusehen.

Dann klimperte etwas, es klang wie ein Schlüsselbund und ich warf einen Blick über meine Schulter. Shane hatte sich einige Schritte von mir entfernt und schloss mit einem Schlüssel eine Tür zu einem Gebäudekomplex auf.

„Shane?", fragte ich verwirrt und lief ihm hinterher. Ich blieb im Türrahmen stehen und gab darauf Acht, dass keiner uns erwischte, während er da drin herumwerkelte. Was tat er da bloß?

„Entspann dich, Mara. Es ist mitten in der Nacht, keiner wird uns bemerken."

In dem Moment ertönte ein Schall über mir und ein Licht blitzte auf, dann ein weiteres und ein weiteres. Die riesigen Scheinwerfer, die mindestens zehn Meter über dem Boden angebracht waren, sprangen einer nach dem anderen an und erhellten das ganze Stadion. Der grüne, gepflegte Rasen lag friedlich da. Kleine Tauperlen hingen in den Grashalmen und das Licht brachte die Wiese zum Glitzern. Es war wunderschön.

„Wie...woher?", mir fehlten die Worte. Shane lächelte schwach, als er aus dem Gebäude trat und in die Ferne sah.

„Mein Dad hat den Schlüssel vergessen, als er gegangen ist. Ich habe immer auf die Gelegenheit gewartet, ihn zu benutzen. Scheint als wärst du meine Gelegenheit."

lavendertea [beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt