Kapitel 33

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„Was?", fragte Shane.

„Johnny ist J. Der aus Sallys Kalender und der von der Party...und der, der bei Charles vor der Tür aufgetaucht ist."

Den letzten Teil des Satzes murmelte ich so leise in mich hinein, dass Shane ihn nicht mehr hören konnte.

Warum waren wir nicht früher darauf gekommen? Piercings, Tattoos, Lederjacke - es stimmte alles überein.

„Willst du mir gerade sagen, dass Johnny was mit meiner kleinen Schwester hatte?", fragte Shane, ballte seine Hände zu Fäusten und tat sich schwer, sie bei sich zu halten.

„Ich denke schon. Und wenn du von ihm das Diazepam hattest, dann..."

Ich ließ den Satz unbeendet, weil ich nicht schon wieder falsche Anschuldigungen erheben wollte, nicht nach der Sache mit Shane. Aber er war klug genug, um dasselbe zu schlussfolgern wie ich.

„Ich bringe ihn um.", sagte Shane, biss die Zähne aufeinander und polterte an mir vorbei. Ich eilte ihm mit schnellen Schritten hinterher, zurück in die große Halle. Gegenüber von uns war der Ausgang, rechts und links neben dem Ausgang führten zwei Metalltreppen nach oben in eine zweite Etage, die sich in einem 5 Meter breiten Kranz an der Wand entlang hangelte und in der Mitte den Blick auf die Tanzfläche freigab. Der DJ rechts an der Wand legte bereits eifrig auf, die Menschenmassen drängelten sich um die wenigen Stehtische an den massiven Metallsäulen in der Mitte des Raumes und auch auf der linken Seite, wo die Kellner fleißig am Mixen von Getränken waren, wimmelte es von Menschen.

Ich kam kaum mit, als Shane sich durch das Partyvolk drängelte und immer wieder jemanden an der Schulter anrempelte, der sich lautstark bei ihm beschwerte.

„Shane! Was hast du denn jetzt vor?", rief ich, kam aber nicht gegen die laute Musik an.

Für einige Augenblicke verlor ich ihn aus den Augen, ging im Meer der Tanzenden unter und wurde von Menschenwellen überschwemmt. Es fiel mir schwer, zu atmen und ich fürchtete, in den Massen zu ertrinken. Vorsichtig schob ich einen kleinen Mann beiseite, quetschte mich an zwei Mädchen vorbei und stieß gegen Shanes Rücken, der stehengeblieben war, um sich umzusehen.

„Shane!", versuchte ich es erneut, doch es war, als würde ich gegen eine Wand reden, von der alles einfach abprallte. Immer wieder stieß jemand gegen mich, rempelte mich an und brachte mich sogar zum Stolpern.

Shane hielt nicht lange an, sondern schlug den Weg zur Treppe ein und brachte die alten Metallstufen zum Quietschen.

Ich keuchte, bekam kaum noch Luft, weil seine Beine so viel länger waren als meine und er dadurch schneller war als ich.

Als ich oben angekommen war, sah ich nur noch, wie Shane Johnny am Kragen seiner Lederjacke gepackt und ihm seine Faust ins Gesicht geschlagen hatte.

„Hast du mit meiner Schwester geschlafen?", schrie er seinen Freund an. In seinem Blick loderte ein heißes Gebräu aus Wut und der geringen Hoffnung auf ein Nein, doch Johnny schubste Shane nach hinten und stand von der weinroten Couch auf, die hier oben für die faulerem Partygäste platziert waren.

Wie zwei wilde Stiere standen die beiden plötzlich Kopf an Kopf auf der Platform aus Metall, starrten sich an und schnauften, als würde der jeweils andere mit einem roten Tuch wedeln, auf das sie sich jede Sekunde stürzen würden.

Von überall her zogen die beiden die Blicke auf sich. Einige Menschen standen empört auf, andere zückten ihr Handy, um zu filmen. Unten hatte glücklicherweise noch niemand Notiz von den Geschehnissen direkt über ihren Köpfen genommen, alle waren noch am Tanzen. Hier oben begann allerdings das Getuschel. Plötzlich zeigte jeder mit dem Finger auf die beiden.

lavendertea [beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt