Kapitel 10

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Violet sucht vergebens mit ihrer Hand an der Wand einen Lichtschalter. „Arthur? Wo bist du? Ich sehe hier nichts.", sagt sie etwas nervös in die Dunkelheit. Plötzlich legen sich zwei Hände von hinten um ihre Taille. Erschrocken schreit Violet auf und dreht sich um. Im Licht, dass durch den Türspalt kommt, erkennt sie Arthur's Gesicht. Er lächelt, doch hat Tränen in den Augen. „Was ist los?", fragt Violet ihn mitfühlend. „Es ist nur...Ich...", er lacht. Dabei umfasst er noch stärker Violet's Taille. Arthur versucht das Lachen zu unterdrücken: „Ich...I...Ich dachte du könntest..." Schon wieder beginnt er laut zu lachen. Seine Hände verkrampfen sich noch mehr. „Arthur! Du tust mir weh!", sagt Violet und fasst an seine Hände. Arthur lässt von ihr ab und hockt sich hin. Violet tut es ihm gleich und streicht Muster über seinen Rücken. Langsam beruhigt sich Arthur wieder. „Ich dachte du könntest das dunkle Loch in meinem Herzen füllen. Entschuldige, wenn ich dir zu nah getreten bin.", sagt er nun deutlich. „Und? Hast du was gefühlt?", fragt Violet ihn verständnisvoll. Arthur durchfährt seine Haare mit beiden Händen und starrt dabei auf den Boden. Kurz ist es ruhig zwischen den Beiden. „Du würdest es nicht verstehen...", haucht Arthur. Violet steht auf, geht um ihn herum und setzt sich direkt vor ihn. Sie blickt tief in seine Augen: „Arthur, wenn es jemand verstehen kann, dann ich."

Arthur's Augen erweitern sich ein bisschen. Doch er lächelt nur und schaut wieder zu Boden. Violet legt ihre Beiden Hände an sein Gesicht und richtet seinen Kopf wieder nach vorne aus: „Hast du was gefühlt?" Dies sagte sie mit einer bebenden Stimme. Arthur starrt sie einfach nur an. Eine Träne rollt ihm die Wange runter zu Violet's Fingern. „Ich habe was gefühlt. Ich kann es nur nicht zuordnen.", beantwortet er ihre Frage. Violet nickt ihm verständnisvoll zu und erhebt sich wieder: „Dann gebe ich dir mal bedenk Zeit." Sie geht wieder aus dem dunklen Raum und setzt sich vor den Fernseher.

„Violet. Violet!", flüstert Arthur. Violet erwacht und erschreckt sich kurz. Arthur hockt vor ihr und lächelt sie an: „Du bist auf der Couch eingeschlafen. Es ist schon spät. Ich w...wollte dich fragen ob du bei...bei mir schla...schlafen willst? Die Heizungen sind aus und es wird kalt." Er lacht zwischendurch bei den Sätzen. Violet kratzt sich an den Kopf und gähnt. Verwirrt guckt sie sich um und sieht die Dunkelheit draußen. „Wie...Wie spät ist es?", fragt sie. „Ungefähr um eins.", antwortet Arthur ihr und grinst sie immer noch an. Violet guckt ihn an. „Ist es wirklich eine gute Idee bei ihm zu schlafen? Vielleicht hat er jetzt drüber nachgedacht und weiß was er will! Aber weiß ich es denn eigentlich? Nein. Ich habe nicht darüber nachgedacht, was ich jetzt genau fühle. Wie auch? Ich kenne ihn doch erst seit einem Tag. Und das noch nicht mal richtig! In Menschen schlummern viele Geheimnisse. Man kann sich selbst bei den engsten Verwandten nie sicher sein, ob man sie richtig kennt. Wie soll ich mir also sicher sein, dass ich Arthur möchte? Und trotzdem...Ich habe bei ihm ein gutes Gefühl. Wieso?! Wieso fühle ich mich bei einem Mörder mit seelischen Schäden und psychischen Krankheiten wohler, als bei all den anderen Menschen dort draußen?! Bin ich vielleicht genau so krank, merke es jedoch nicht?!" „Über was denkst du nach?", reißt Arthur Violet aus ihren Gedanken. Sie schüttelt leicht ihren Kopf: „Äh...Was? Ach so. Ähm, ich habe nur über mich selbst nachgedacht." Sie versucht zu lächeln, ist aber zu müde. „Und wie lautet nun deine Antwort auf meine Frage?", fragt Arthur, fast schon so aufgeregt wie ein kleines Kind. Violet guckt ihn an und lächelt. „Er ist ja so süß, wenn er sich freut. Er strahlt dann so eine Lebensfreude aus! Es ist verrückt." „Ja, ich möchte bei dir schlafen.", antwortet sie schließlich. Arthur grinst und springt auf: „Super! Ich bereite alles vor." Und schon ist er wieder verschwunden.

Violet guckt ihm erstaunt nach. „Das war das erste Mal, dass ich ihn WIRKLICH grinsend gesehen habe! Ich glaube, er mag mich doch sehr dolle...Und das stört mich echt gar nicht."

Violet kommt in das Zimmer, was vorher dunkel war. Nur standen nun überall Kerzen. „Wow...Er...nimmt das auf jeden Fall sehr ernst." Etwas unbeholfen geht sie mehr in den Raum rein. Auf dem Bett liegen Zettel aneinander mit etwas Geschriebenen. Violet versucht die unordentliche Schrift zu entziffern. „'Hab einen guten Schlaf, Violet'" Violet lächelt. Da hört sie hinter sich Schritte. Sie dreht sich um und vor ihr steht Arthur. Etwas verlegen blickt er nach unten und schaut dann langsam auf. „Gefällt es ihr? Oder habe ich was falsch gemacht?! Ich will sie nicht vergraulen!" Violet lächelt ihm entgegen. „Ihr gefällt es!" Erfreut lächelt Arthur sie zurück an. „Dürfte ich?", fragt er und hält ihr seine Hand hin. Violet nickt und legt ihre Hand in seine. Er führt sie zum Bett und nimmt für sie die Decke beiseite. Er gibt ihr ein Zeichen, dass sie sich hinlegen kann. Violet nickt ihm grinsend zu und setzt sich ins Bett. Vorsichtig deckt Arthur sie zu und geht dann auf die andere Seite des Bettes. Er beginnt damit die Kerzen auszupusten. Violet beobachtet ihn dabei genau. „Ich habe auf einmal ein ganz unwohles Gefühl...Es ist immer noch ein fremder Mann! Er könnte sonst was machen!" Trotz Zweifel bleibt Violet liegen und beobachtet Arthur weiter.

Als er fertig ist legt er sich neben sie und deckt sich ebenfalls zu. Er blickt zu Violet: „Gute Nacht!" „Ähm, ja...Gute Nacht. Schlaf gut!", antwortet Violet ihm und legt sich mit dem Rücken zu ihm. „Ich habe Angst...Wieso habe ich plötzlich Angst?!"

Trotz ihrer Angst schläft Violet nach kurzer Zeit ein.

„Ich spüre, dass sie angespannt ist. Wieso schläft sie bei mir, wenn sie Angst vor mir hat?! Wieso lügt sie sich selbst und mich an?!" Arthur's Blick verfinstert sich. Nervös greift er auf seinen Nachttisch und zündet sich eine Zigarette an. Schon fast übermütig zieht er von dem Lungenkrebs-Verursachenden-Gift. Er entspannt etwas. Nachdenklich blickt er an die Decke. „Vielleicht hat sie ja generell Angst vor Männern, nach all dem, was ihr Vater ihr angetan hat."

Arthur bleibt noch lange diese Nacht wach und denkt nach. Als dann langsam die Vögel anfangen zu zwitschern, schläft er endlich ein. Seine noch glühende Zigarette fällt zu Boden und brennt ein kleines Loch in den Teppich.

JOKER Die Geschichte der Violet Summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt