Kapitel 8

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„Ich weiß nicht wohin mit mir...Was soll ich denn jetzt machen?", fragt Violet in den Raum. Arthur schaut sie tief an: „Löse dich von all deinen Problemen. Von all den Ketten, die dich zurückhalten du zu sein. Bekämpfe das Chaos mit Chaos." Violet schielt zu ihm rüber. „Es klingt verlockend aber..." „Ich sehe die Zweifel in dir. Du musst erst mit dir ins Reine kommen, bevor du die Ketten lösen kannst.", sagt Arthur schon etwas abwertend und steht auf. „Wohin geht er? Was macht er? Komm zurück! Nein...Warte...wieso denke ich das?"

Arthur geht in Violet's Zimmer und sucht alles mit seinen Augen ab. Dann nickt er und geht zur Wohnungstür. Er blickt zu Violet: „Ich werde gehen. Ich muss noch eine Menge erledigen." „Moment...was muss ich eigentlich erledigen?" Violet steht auf und geht auf ihn zu: „Du gehst?! Aber..." Arthur legt seinen Zeigefinger auf ihre Lippen. „Pscht. Ich war nie hier, verstanden?", haucht er ihr zu. Er öffnet die Tür und blickt ein letztes Mal zu Violet. „Schade, dass wir nicht mehr zusammen machen konnten. Aber ihre Zweifel werden sie immer zurückhalten, sie selbst zu werden. Sie muss mit sich selbst erstmal klarkommen. Noch eine Last wie mich, kann ich ihr nicht zumuten." Arthur geht mit schweren Beinen die Treppen runter. Violet guckt ihm hinterher und schließt dann langsam die Tür. „Er geht einfach. Er hat mich doch dazu gebracht, meinen Vater zu töten! Oder...Er war es gar nicht. Ich selbst war es. Es schlummerte schon immer in mir. Er hat mir nur die Augen geöffnet.

Ich verstehe immer mehr. Der Joker setzt sich wie ein Parasit in einem fest und lässt einen die Wahrheit erkennen. Ich...Ich bin kein Monster. Ich bin ein Clown. Ich bin ein Joker. Ich gebe denen, die es verdient haben, ihre gerechte Strafe. Und es stimmt: Ich fühle mich so frei. Obwohl es doch irgendwo moralisch verwerflich ist. Ich fühle mich frei! Als könnte ich alles tun, was ich will!

Die Violet die alles ertragen hat, ohne ein Wort zu sagen...Diese Violet existiert nicht mehr. Durch das Auflehnen gegen meinen Vater, lehnte ich mich auch gegenüber mir selbst auf. Gegen dieses Falsche-Ich. Doch jetzt...Jetzt kann ich, ich sein! Jetzt BIN ich, ich!"

Violet lehnt ihren Kopf gegen die Tür und beginnt zu weinen. Immer lauter und stärker. Verzweifelt sinkt sie zu Boden. „Ich kann nicht mehr...Ich kann das nicht mehr!", schreit sie in ihre Hände. Es vergehen einige Minuten. Langsam beruhigt sich Violet wieder. Mit zittrigen Beinen steht sie auf. Ohne genauen Plan geht sie in ihr Zimmer. Emotionslos blickt sie runter zu der Leiche ihres Vaters. „Dieser Geruch..." Violet geht zu ihrem Rucksack, hebt ihn hoch und stellt ihn auf ihr Bett. Sie läuft durch ihr Zimmer und packt alles Mögliche ein. Klamotten, Stifte, ihr Notizbuch, ihren Stoffbär, Zigaretten und ein Feuerzeug. Sie streift ihre Jacke über und setzt ihren Rucksack auf. Ein letztes Mal schaut sie runter zu ihrem toten Vater: „Mach's gut, alter Mann." Violet geht in die Küche und packt in einen Beutel Essen und zwei Alkoholflaschen. In ihren Gedanken geht sie eine Liste von Dingen ab, die sie noch brauch.

„Ich muss Arthur finden. Ich muss einfach! Ich brauche etwas in meinem Leben, woran ich mich halten kann. Und das ist er! Er ist alles, was mir übrigbleibt. Obwohl ich ihn erst seit gestern kenne, fühlt es sich so an, als wäre er schon immer bei mir gewesen. In jedem steckt halt ein Joker. Bei manchen tiefer als bei anderen. Er muss nur vorgelockt werden." Violet schließt die Wohnungstür hinter sich und schließt ab. Hochmotiviert rennt und springt sie die Treppen hinunter. Ein Lächeln macht sich auf ihrem Gesicht breit. An der Haustür trifft sie auf ihre alte Nachbarin von nebenan. „Guten Tag, Mrs. Smith!", trällert Violet. „Ah, Guten Tag Violet! Viel Spaß in der Schule!", antwortet diese und lächelt freundlich. „Danke!", ruft Violet noch beim Rausgehen. „Ich werde nicht in die Schule gehen. Ich suche Arthur so lange, bis ich ihn finde! Mal überlegen...wo könnte er sein? Vielleicht da, wo ich ihn das erste Mal getroffen habe!" Violet hüpft freudig los in Richtung Supermarkt.

Angekommen bei der dunklen Gasse, stellt Violet ihren Beutel ab. „Hallo? Arthur?", ruft sie. Doch sie erhält keine Antwort. Noch nicht mal ein Husten. Sie geht etwas in das Dunkel. Keine Spur von Arthur. Enttäuscht blickt Violet hoch. „Da! Ein Zettel!" Sie erblickt an der Wand einen Zettel in ihrer Augenhöhe. Hoffnungsvoll geht sie zu diesem, und liest: „Wenn du noch nach einem Ort für die Leiche aus schau hältst, such mich hier..." Violet ließt sich die Adresse in Gedanken vor. „PS: Diese Nachricht zerstört sich von selbst." Hinter dem letzten Wort ist ein Smiley gekritzelt. Violet lächelt. „Das ist von Arthur! Da bin ich mir zu 100% sicher!!" Sie holt ihr Feuerzeug aus ihrer Jackentasche und zündet das Blatt an, wie Arthur es gewollt hat. Dann geht sie wieder zu ihrem Beutel zurück und läuft erfreut weiter zu U-Bahn-Station.

Violet kommt bei einem alten Mehrfamilienhaus an. Sie tritt an die Tür und sucht eine Klingel mit dem Namen „Fleck". Die einzige, die sie findet ist eine, mit durchgestrichenem Namen. Bei den anderen steht deutlich ein anderer Name drauf. Violet klingelt etwas zögerlich bei der Klingel mit dem durchgestrichenem Namen. Sie wartet kurz. Ein summen ertönt. Violet drückt gegen die Tür und kommt in einen leeren Eingangsbereich. „In welchem Stock ist er wohl?" Violet blickt zum Fahrstuhl. Sofort verschnellert sich ihr Herzschlag. „Ich hasse Fahrstühle. Sie machen mir Angst." Violet beschließt, die Treppen zu nehmen. Minuten vergehen. Da kommt sie endlich an einer Tür vorbei, mit durchgestrichenem Namensschild. „Hier muss es sein!" Entschlossen klopft Violet an die Tür. Sie hört ein paar dumpfe Geräusche von innen. Und trotzdem schien für sie die Welt gerade zu verstummen. Ihr Herz schlägt aufgeregt immer schneller. Langsam öffnet sich die Tür vor ihr. Sie erblickt ihr bekannte blaugrüne Augen und einen Mund, der sich zu einem Lächeln formt.

JOKER Die Geschichte der Violet Summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt