Kapitel 6

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„Hier!", sagt Violet erfreut und hebt eine Haarnadel aus einer kleinen Dose auf. Sie geht zu Arthur, der auf ihrem Bett sitzt, und nimmt wieder seine Hände in ihre. Sie brauch ein paar Sekunden, doch dann gehen die Handschellen auf. Violet hält noch kurz die Hände von Arthur fest und guckt sie an. „Er hat so große, starke, raue Hände...Zumindest im Vergleich zu meinen." Sie schüttelt ihren Kopf und lässt ab von ihm. Beide starren sich einfach nur an. „Wieso hast du keine Angst vor mir?", fragt Arthur Violet. „Weil...Ich keine Hoffnungen mehr hatte. Ich habe ein ganz komisches Leben...Nie eine richtige Struktur gehabt. Und dann kamst du. Es war, als hättest du das Chaos von mir genommen, und der ganzen Stadt gegeben. Zugegebenermaßen habe ich dich am Anfang nicht gemocht. Durch dich habe ich meinen Job verloren. Doch plötzlich gefiel mir dieses...denken. Dieses handeln.

Ich weiß einfach nicht genau wieso, aber...Ich habe mich nicht mehr allein gefühlt, mit meinen Problemen.", erzählt Violet und blickt runter auf ihre Hände. „Wieso sagst du das?! Du bist so ein Weichei." „Ich habe mich genau so gefühlt. Doch irgendwann, da hat man keine Lust mehr der Fußabtreter für alle zu sein. Keiner dankt dir, obwohl du so viel tust. Du willst dich einfach von diesen Ketten lösen. Nein, du MUSST es!", sagt Arthur und sieht dabei das erste Mal nicht zufrieden aus. Violet blickt wieder zu ihm. „Er versteht mich ja so gut! Er sagt genau das, was ich denke! Als könnte er meine Gedanken lesen. Ich...Ich fühle mich das erste Mal in meinem Leben verstanden."  „Wie heißt du eigentlich?", fragt sie Arthur plötzlich. „Violet. Violet Summer.", antwortet sie. Arthur nickt und lässt seinen Blick durch Violet's Zimmer streifen. „Wie hast du es geschafft, raus zu kommen?", fragt Violet Arthur. Er guckt sie an: „Ich hatte nichts zu verlieren..." Violet blickt ihn fragend an. „Was meint er wohl damit? Dass er sich raus"getötet" hat?" „Darf ich dich mal was fragen, Violet?", raunt Arthur, und steht vom Bett auf. Violet nickt. „Wie lange lebst du schon...hier?", fragt er und schaut aus dem Fenster. „Seit fast 17 Jahren.", entgegnet sie. Arthur knackt sein Genick: „So jung..."

Eine Stunde später sitzen Violet und Arthur wieder zusammen auf dem Bett, an der Wand lehnend und rauchen eine Zigarette. „Nein, wirklich! Ich hab' als Clown gearbeitet!", sagt Violet und grinst. „Ich auch.", entgegnet Arthur und erwidert ihr Lächeln. „Und wieso hast du aufgehört?", fragt sie ihn und zieht von ihrer Zigarette. Arthur schaut nachdenklich an die Wand und kratzt sich an der Unterlippe: „Ich hatte einen Kollegen. Er gab mir eine Waffe. Und im Kinderkrankenhaus ist sie mir rausgefallen." „Oh. Das tut mir leid. Hast du deinen Job gemocht?", fragt Violet mitfühlend. „Naja...Ich wollte immer Komödien werden. Und als Clown habe ich die Menschen ja auch unterhalten. Aber für immer wollte ich natürlich nicht dort arbeiten.", erzählt er und zieht von seiner Zigarette.

„Was willst du jetzt machen?", fragt Violet ihn und setzt sich auf. Arthur schaut nachdenklich nach unten. Langsam wandert sein Blick an Violet hoch und stoppt bei ihren Augen. „Ich weiß es nicht. Ein bisschen Spaß haben vielleicht...", antwortet er. „Bei anderen Typen würde das eklig klingen...Bei ihm klingt es einfach ganz normal." „Du kannst heute Nacht hier schlafen. Es wird durchregnen.", sagt Violet und lächelt. Arthur blickt sie plötzlich mit finsterem Blick an: „Was stimmt nicht mit dir?" Violet schreckt auf. „Was...was meint er?! Ich bin doch nur...nett! Ich...Ich..." Sie guckt ihn mit großen, fragenden Augen an: „Ich...was?" „Du hast keine Angst vor mir. Du hilfst mir. Du willst mich bei dir schlafen lassen. Du redest mit mir, als wäre ich dein bester Freund. Was stimmt nicht mit dir? Alle anderen...h...hassen Arthur Fl...", er beginnt wieder laut zu lachen. Violet schaut etwas verwirrt zu ihm. Arthur hält sich die Hand vor den Mund und fährt mit der anderen Hand durch seine Haare. „Schon wieder dieses Lachen...Es scheint viel qualvoller zu sein, als weinen." Violet rutscht näher zu Arthur und umarmt ihn.

„Was macht sie? Wieso macht sie es? Das ist..."  Langsam hört Arthur's Lachkrampf auf und er muss husten. Als auch das vorbei ist, blickt er zu Violet runter. „Sie ist noch komischer als ich. Das mag ich an ihr." Langsam lässt Violet von ihm ab und lächelt ihn an. „Dankeschön...", flüstert Arthur. „Kein Problem.", erwidert Violet und lächelt noch breiter. „Es war als...hätte sie mir eine Pille eingeworfen. Sie ist...viel...zu...lieb."

„Ich mach mich jetzt fürs' Bett fertig. Du kannst ja hier schlafen. Ich gehe ins Schlafzimmer meines Vaters.", sagt Violet und geht aus der Tür. Arthur steht auf und sieht sich im Zimmer um. Er geht zu Violet's Rucksack und sieht das Notizheft rausgucken. Er nimmt es vorsichtig heraus und blättert es durch. „Sie hat auch Witze aufgeschrieben... ‚Was ist gelb und schwimmt nicht? Ein Bus voller Kinder.'" Arthur lacht leicht und blättert weiter.

Violet schaltet den Fernseher aus und geht nochmal zu ihrem Zimmer. Sie sieht, wie Arthur in ihren Notizen blättert. Erschrocken dreht er sich um zu ihr. „Was machst du da?", fragt sie ihn und geht auf ihn zu. „Ich...Ich wollte nur...", stammelt Arthur. „Ist schon okay. Sind nur meine Gedanken auf Papier.", raunt Violet und nimmt sich ein paar Zigaretten, ein Feuerzeug und einen Stoffbären vom Bett. Sie geht wieder zur Tür: „Gute Nacht, Arthur." Dieser dreht sich zu ihr und lächelt: „Dir auch eine gute Nacht! Ach, und, Violet! Danke." Violet nickt ihm zu und verschwindet aus dem Zimmer. Arthur legt das Notizbuch wieder zurück in Violet's Rucksack und zündet sich eine Zigarette an. „Das erste Mal in meinem Leben, versteht mich eine Person. Die Demonstranten verfolgen zwar meine Ziele aber...Sie ist das, was ich mir immer erträumt hatte. Wie Sophie...ach, Sophie..." Arthur schließt seine Augen und tänzelt etwas. „Sie war so perfekt...Wie eine Blume im kalten Winter. Doch...Sie war nicht da. Sie wohnte zwar neben mir aber...Wir waren nie zusammen. Weil ich, Arthur, ein kranker Typ bin, in ihren Augen." Er hört auf zu tanzen und blickt in sein Gesicht, in der Spiegelung des Fensters. „Ich bin...krank." Er macht das Licht aus und legt sich ins Bett. „Der Geruch...Es riecht so...vertraut. Dabei habe ich diesen Geruch noch nie vorher gerochen."

JOKER Die Geschichte der Violet Summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt