-6- EIN MENSCH

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„Was wird das wenn es fertig ist?"
fragte ich als Erica mir eine Augenbinde aufsetzte.
„Du bist wirklich ein Sturkopf."
Vorsichtig umhüllte sie meinen Körper in einen weichen Stoff und zog an meinen Haaren herum.

„Ich will ja nicht respektlos sein Erica, aber ich hab keine Zeit für Experimente!"
Sie seufzte genervt aus.

Aus dem nichts begann sie mich um die eigene Achse zu drehen um mich zu betrachten.
Ich hörte sie einen freudigen Laut ausstoßen bevor sie mir die Augenbinde vom Gesicht riss und mich vor den langen Spiegel im Wohnzimmer zog.

Mein Gehirn schien für kurze Zeit nicht mitspielen zu wollen. Im Spiegelbild erkannte ich Erica die beide Hände auf die Schultern eines Mädchens gelegt hatte.

Das Fremde Mädchen trug ein rotes Kleid mit Puffärmeln und einer riesigen Schleife am Rücken. Ihre langen Haare waren zu einem langen Zopf geflochten, welchen sie elegant über der Schulter trug.

Ihre braun grünen Augen waren weit aufgerissen und ihr Mund war leicht geöffnet.

"Was zum?!" entfuhr mir und sah Erica verwirrt an.

"Du siehst aus wie deine Mutter." Flüsterte sie damit ihre Stimme nicht brach, da sie den Tränen nahe war.

Ich schenkte ihr ein Lächeln und richtete mich wieder an mein Spiegelbild und ich musste ihr Recht geben.

Ich sah in ihre Augen.
Ich schluckte.

Ich spürte wie eine Träne meine Wange runter rollte und meine Tante mich in ihre Arme riss.

"Ist ja gut Schätzchen,
du musst langsam
Los sonst fährt die Kutsche zum Palast ohne dich." Schniefte sie und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.

"Ich hab dich lieb." wisperte ich und löste mich aus ihrer Umarmung.

Die Kutsche stand auf dem Marktplatz die mit einer Menschenmenge bestückt war.

Neugierige Blicke durchbohrten mich als ich einen Wächter meine Einladung in die Hand drückte und er mir in die Kutsche half.

Durch das kleine Fenster erkannte ich Victor und Lukas am Rande stehen.
Während Victor ein einfacheres "Viel Spaß" rief formte Lukas ein "Viel Glück stirb nicht" mit seinen Lippen.

Aufmunternde Worte, dachte ich mir nur und wandte mich den anderen beiden Mädchen zu dir auch in unserem Dorf lebten.

Die eine war Lyria Shawn
17 Jahre alt
Auszubildende Krankenschwester und Mutter eines kleinen Sohnes.
Ihren Geliebten hatte bis jetzt niemand getroffen.
Manche munkelten ob sie vielleicht eine Affäre  mit einem Werwolf hatte, da ihr Bursche übernatürliche Kräfte besaß, jedoch war niemand mutig genug um sie darauf anzusprechen.

Niemand außer mir.
Ich war schon immer die Ansprechperson für jeden gewesen, weshalb es mich kaum wunderte als Lyria vor meiner Tür stand.

Ihr Liebhaber ist wirklich ein Werwolf, jedoch hat dieser Frau und Kinder und weigert sich Lyrias Kind als Seins anzuerkennen.

Das Spiel mit Feuer und EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt