sunlight - Sonnenlicht (Kürbistumor)

539 29 28
                                    

Er hielt den erschlaften Körper in seinen Händen, Blut tropfte auf den Boden, während er es gierig aus seinem Opfer heraussaugte.
Plötzlich ein heftiger Schmerz ein Schulter, er zuckte zurück ließ den Körper achtlos fallen und starrte an den Himmel, wo das Nachtschwarz langsam einem dunklen rot-orange wich und die Sonne ankündigte.
Er leckte sich das Blut von den spitzen Zähnen, drückte sich eng an die Hauswand und suchte mit seinen Augen die Umgebung ab.
Umso näher der Tag rückte, umso mehr bildeten sich die messerscharfen Zähne zurück und Minuten später war er nicht mehr als ein blasser Junge mit auffällig grünen Augen und dem dringenden Bedürfnis, der Sonne zu entkommen.
Er rannte dicht an den Häusern entlang, aber er hatte den Zeitpunkt verpasst, an dem die Brücke über den Fluss in den dahinterligenden Wald noch im Schatten lag.

Nun konnte er nicht mehr in sein sicheres Versteck zurück und sich dort gemütlich von der nächtlichen Jagt erholen und dennoch musste er aus der Häuserschlucht irgendwie weg. Wenn man ihn beid er Leiche fand oder in der Nähe davon und man ihn auch nur eine Sekunde durch Sonnenlicht schliff, würde er sofort auffliegen und das würde nicht gut für ihn ausgehen.
Sein Vater würde ausrasten, wenn er erfuhr, dass erneut Menschen von ihrer Existenz erfahren hatten und dass er daran Schuld war! Die Straßen füllten sich langsam mit Menschen und er musste sich alle Mühe geben, im Schatten zu bleiben und sich auffällig fortzubewegen. Wenn er nicht bald etwas fand, wo er den Tag über unterkommen konnte, würde er irgendwo einbrechen müssen.

"Au!" Manu war mit jemandem zusammengekracht, er hatte ihn völlig übersehen und außerdem war er so müde, dass er sich kaum konzentrieren konnte.
Der andere, ein junger Mann mit hellbraunen Haaren und einem verlegenen Grinsen im Gesicht, daß die Hände abgestützt auf dem Boden und sah ihn an.
Manu legte den Kopf schief, musterte ihn und hsitl ihm dann zögernd die Hand hin. Machten Menschen das so?
Sein Gegenüber ergriff die Hand und ließ sich hochziehen, wobei Manu seine unmenschliche Kraft unterschätzte und ihn mit einem Ruck so schnell hochzog, dass der Braunhaarige gegen seine Brust taumelte.
Manu trat sofort einen Schritt nach hinten, sorgsam darauf bedacht, den Schatten nicht zu verlassen. Es war wärmer geworden und Manuel konnte Regen riechen, aber die Wolken waren noch zu weit weg, um ihm einen Heimweg zu bieten. So war er den Sonnenstrahlen ausgesetzt, vorerst jedenfalls.

"Ähm…entschuldigung", murmelte Manu nun selbst etwas verlegen.
Der andere lachte nur. "Kein Problem, ich bin Patrick, aber du kannst mich Palle nennen", er streckte ihm die Hand entgegen und Manu ergiff sie ein wenig unsicher. "Manuel, aber Manu reicht", murmelte er und Paluten schüttelte ihm die Hand. Dann sah er an ihm herab. "Du hast Blut auf deinen Sachen, bist du verletzte?" Auf einmal schwang Sorge in Patricks Stimme mit und Manu sah erschrocken auf seinen dunklen Pullover herab. "Nein, ich hatte nur…ähm…Nasenbluten. Nichts weiter", er lachte gekünstelt und sah auf den Boden. Palle schien das misszuverstehen.
"Ach das muss dir nicht peinlich sein, passiert eben!"
"Ja ich…gehe dann jetzt mal", er drehte sich um und stand direkt am Ende des Schattens, woraufhin er sich wieder umdrehte und Palle ansah. "Vielleicht lieber den anderen Weg."
"Du kannst dich auch kurz bei mir Waschen, ich wohne direkt hier. Ich leihe dir auch ein Shirt, wenn du willst."

Manu überlegte kurz. Patrick schien sehr nett zu sein und als Mensch war er auch keine Gefahr für Manu, aber die Gesellschaft eines Menschen war ihm unangenehm und er musste sich am Tag ausruhen. Wie sollte er das alles hinbekommen, ohne aufzufallen?
Dennoch nickte er und Patrick lief einen einzigen Häuserblock in Kölns Straßen weiter, sah Manu kurz fragend an, als dieser praktisch mit der Häuserwand veschmolz und die schmale Straße im Schatten eines großen Baumes hektisch überquerte, aber Manu hatte nur gelächelt und ihm keine Antwort gegeben. Er war wirklich froh, dass Patrick nicht nachfragte und auch einfach hinnahm, dass Manu praktisch ins Innere des Hauses flüchtete, als Palle die Tür aufschloss.

"Ich wohne im zweiten Stock", erklärte Patrick und Manu folgte ihm eilig die Treppe nach oben. Immerhin war er hier dem Sonnenlicht nur nahe der Fenster ausgesetzt und konnte sich ansonsten frei bewegen.
Laut gähnte er und streckte sich leicht, Palle lachte auf. "Warst wohl zu lange wach?"
"Ja, so könnte man es sagen", murmelte Manu schief grinsend und entging Patricks verwirrtem Blick, indem er nach dem Bad fragte und sich dort ersteinmal duschte.

Als er fertig war und das eiskalte Wasser abdrehte, stieg er aus der Dusche und wurde plötzlich rot. Er hatte vergessen, sich Sachen zu nehmen und so stand er splitterfasernackt im Bad, griff sich eines der Handtücher und band es sich um die Hüften.
Dann öffnete er die Tür einen Spalt und rief leise: "Patrick? Ich…kannst du mir kurz was zum Anziehen geben?"
Patrick kam zu ihm, riss die Tür auf und blieb dann erschrocken stehen, ehe er völlig rot anlief und sich alle Mühe gab, ihm in die Augen zu starren. "Oh äh…was?"
Manu wurde ebenfalls ganz rot im Gesicht und krallte die Hand vor Scham in die Tür. "Was zum Anziehen?"
"Oh…ja! Natürlich, entschuldige!" Patrick drehte sich um und verschwand in einem anderen Zimmer, ehe er mit frischen Sachen zurückkam und sie ihm in die Hand drückte.
Dann verließ er beinahe fluchtartig das Badezimmer und Manuel schloss die, bevor er sich mit hektischen Bewegungen anzog.

Danach ging er zu Patrick in die Küche, der etwas zu Essen kochte und Manu musste sich zusammenreißen, nicht die Nase zu rümpfen. Wie konnten Menschen so etwas essen? Es stank zum Himmel und dieser grüne Brei, den Patrick da neben die gelben Knollen und die…nun…waren das mal Eier gewesen? klatschte, sahen aus seiner Perspektive auch nicht wirklich essbar aus.

Patrick stellte alles auf den Tisch. "Hast du Hunger? Du kannst gerne mitessen."
"Ich ähm…nein. Nein, danke, ich habe erst vorhin…gegessen, es passt wirklich nichts rein, aber…sehr nett von dir, wirklich", druckste Manu herum, doch Palle drückte ihn auf einen Stuhl und stellte ihm einen Teller mit Essen vor die Nase. "Ach was, so satt kann man gar nicht sein."

"Was…ist das?", wollte Manu leicht skeptisch wissen und versuchte gar nicht mehr, sich herauszureden. Er würde wohl nicht darum herumkommen, das Essen zu probieren.
Patrick sah ihn an, als käme er vom Mond. "Du kennst Spinat mit Rüherei nicht? Was isst man denn bei euch zu Hause?"
"Das…ist schwer zu erklären", winkte Manu ab, Palle aber schien langsam ihm gegenüber skeptisch zu werden und starrte in die Ecke, in der er die blutverschmierten Sachen Manus abgelegt hatte, um sie später zu waschen.
"Manu? Was isst man bei euch zu Hause?", wiederholte er, stand auf und ging einen Schritt zurück. "Du isst soetwas nicht, du meidest Sonnenlicht, warst offenbar nachts draußen und das Blut…woher kommt es?"
"Ich…nichts Patrick. Bei mir zu Hause isst man nichts, man trinkt nur." Mehr musste er nicht erklären, Patrick starrte ihn aus angsgeweiteten Augen an und ging noch einen Schritt zurück.
"Das kann nicht sein! Das ist nicht wahr, soetwas gibt es nicht", murmelte er vor sich hin und lehnte sich an die Wand hinter sich.
"Patrick, ich…es tut mir Leid…ich…du darfst es nicht wissen…Palle."

"Was? Nein, Manu bitte!"
Manu ging auf Patrick zu, bis er ganz dicht vor ihm stand, griff ihn am Kinn und sah, wie der Mann vor ihm aus Angst zitterte und sich in seinen Augen Tränen bildeten.
"Bitte nicht", hauchte er Manu entgegen, doch dieser kam ihm unaufhaltsam näher.

Dann legte er seine Lippen auf Patricks, schloss selbst die Augen und fing Palle auf, der bewusstlos in seinen Armen zusammensank.
Sein Körper hatte die plötzliche Todesangst und den darauffolgenden Kuss nicht wegstecken können und so war der Braunhaarige in die Ohnmacht geglitten.

Manu hob ihn hoch, als würde er nichts wiegen und legte ihn dann auf der Couch ab, ehe er die Gunst der Stunde - den aufkommenden Regen - nutzte und so schnell er konnte aus der Wohnung verschwand.

Youtube OS 240er ProjektWo Geschichten leben. Entdecke jetzt