forest - Wald (Mexi, Basti)

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Als Mexi den Wald betrat, stand die Sonne hoch am Himmel und er konnte den Gestank der menschlichen Stadt riechen. Seine tiefgrauen Augen glitten aufmerksam zwischen den hohen Bäumen entlang, die vordersten Krallen zuckten nervös und er klopfte damit unbewusst auf den Boden.
Das Maul ein winziges Stück weit geöffnet atmete er erneut tief ein und der wohlige Geruch von Fleisch drang in seine Nase.
Sofort drehte er den Kopf in die Richtung, aus der der Geruch kam, dann den Rest seines Körpers und Sekunden später sprintete er drauf los.

Basti hockte regungslos zwischen den Büschen und starrte durch sein Fernglas. Vor ihm auf der Lichtung hatte sich eine ganze Familie von Rehen gesammelt, die friedlich fraßen.
Er war häufig hier draußen, um die Tiere zu beobachten und so langsam wusste er, an welchen Plätzen er nach ihnen suchen musste.
Dann plötzlich hob eines der Tiere den Kopf, starrte erschrocken in den Wald und senkte den schmalen Schädel nach einigen Sekunden wieder, die Ohren aber zuckten weiter nervös umher. Leise kroch Basti ein Stück nach vorn, um in die gleiche Richtung sehen zu können wie das junge Tier, aber außer Blättern und Büschen erkannte er nichts.
Etwas weiter ab der Stelle aber schob sich ein schlanker Schatten an den Ästen vorbei und als er genau das wahrnahm, zog er sich sofort tiefer in die Büsche zurück. Was auch immer das war, es war definitiv kein friedfertiges Reh!
Auf den ersten Blick hatte es ausgesehen, als würde es auf nur zwei Beinen laufen und es war nicht so viel größer, als er selbst, wenn er schätzen müsste.

Mexi hatte seine Beute längst ausgemacht, aber eine flüchtige Bewegung auf der anderen Seite hatte seine Aufmerksamkeit von den Rehen abgelenkt und ehe er sich versah, stoben die Tiere in Windeseile davon.
Unzufrieden knurrend umrundete er die Lichtung weiter, stoptte und hob den Kopf, um erneut nach Geruchsspuren zu suchen. Da war es! Dieser seltsame, süßliche Duft von etwas, dem er noch nie begegnet war!
Ohne Hektik, aber voller Vorfreude, schritt er vorwärts, sog ab und an tief die Luft ein und folgte der blassen Duftspur am Rande der Lichtung entlang.

Basti hatte mitbekommen, dass die seltsame Kreatur sich in seine Richtung bewegte, aber er wusste nicht, wie er sich hier aus dieser Situation hinausmanövrieren konnte.
Sekunden später knarzte Holz hinter ihm und er drehte sich schwer schluckend um, um zu sehen, was ihn hier im tiefen Wald suchte.
Es handelte sich um eine zweibeinige schuppige Kreatur mit langen Armen und scharfen Krallen.
Das Tier - war es denn überhaupt eins? - überragte ihn knapp, starrte ihn aus durchdringend gelben Augen an und legte den kopf schief, als würde es scharf nachdenken müssen.

Ganz leise strichen Mexis Federn über die Blätter, der schlanke Körper schob sich ohne Probleme vorwärts und seine Schritte waren beinahe lautlos. Sein Hunger war inzwischen ganz seiner unstillbaren Neugier gewichen und als er Momente später eine weitere Buschreihe durchkämmte, starrte er direkt in zwei furchtsame blaue Augen eines zweibeinigen Wesens.
Kurz blieb er stehen, musterte die Kreatur vor sich, er wunderte sich, dass sie weder Krallen, noch große Zähne oder Panzerplatten oder irgendeine Art von Verteidigung besaß und trotzdem nicht wegrannte. Genau genommen war es das perfekte…Mittagessen.
Dennoch zögerte Mexi und es nervte ihn schon fast, dass das seltsame Geschöpf vor ihm in eine Art Schockstarre verfiel, anstatt um sein Leben zu rennen! Er wollte es jagen! Wieso lief es nicht?! Seiner Kehle entwich ein tiefes Knurren und er reckte den Kopf näher zu seinem Gegenüber hin.

Basti schluckte, seine Finger zitterten und sein Blick zuckte nervös umher, als die Kreatur noch etwas näher an ihn herankam. Schon als das Vieh aus dem Busch gesprungen und kaum zwei Meter von ihm entfernt gestoppt hatte, war ihm das Herz stehen geblieben.
Es war allgemein bekannt, dass solche Wesen in ihren Wäldern hausten, aber sie waren so selten, dass Basti es für unmöglich gehalten hatte, einer davon zu begegnen.
Als effiziente Jäger bekannt besiedelten sie eigentlich ein festes Jagtrevier und keines der bekannten lag in der Nähe!
Er biss sich auf die Lippe und widersand dem Drang, die Augen zu schließen. Stattdessen machte er sich groß und versuchte irgendwie ebenbürtig zu wirken. Auf keinen Fall durfte er weglaufen! Er wäre so oder so viel zu langsam und gleichzeitig würde das nur den Jagtinstinkt eines Deinonychus wecken und seinen Tod besiegeln!

Irritiert beobachtete Mexi wie der Mensch - er hatte mal gehört, so nannte man diese federlosen, dürren Gestalten auf zwei Beinen - sich kn die Höhe streckte und ihm direkt in die Augen sah. Ein wenig beeindruckt plusterte auch Mexi sich auf, er überragte den Menschen knapp und sein Federkleid ließ ihn deutlich größer wirken, die Krallen und Zähne berdeutlichten wie gefährlich er war, aber der Mensch wich nicht zurück.
Fasziniert trat Mexi noch etwas näher, sog den Duft des Braunhaarigen nochmal ein und gurrte leise, bevor er eine Runde um ihn herumlief und ihn genauestens musterte.

Basti hingegen schlotterten die Knie und er vergaß zwischendurch zu atmen, das Blut rauschte durch seine Adern, er überlegte fieberhaft, wie er das hier überleben würde, aber ihm kam keine wirkliche Idee.
Aus einem inneren Instinkt heraus, streckte er langsam die Hand nach vorn in Richtung der Schnauze des Tieres, vielleicht einfach deshalb, weil er das mit Hunden auch so tat und das ganz gut klappte.

Als Mexi die Hand auf sich zukommen sah, knurrte er kurz auf, trat einen Schritt zurück, bevor er an der ihm dargebotenen Hand schnupperte. Hatte das irgendeinen Sinn? Er war jedenfalls wesentlich neugieriger, herauszufinden, was das hier wurde, als dass er ihn noch fressen wollte. Wann bekam man schonmal die Chance, so eine seltsame Kreatur aus der Nähe zu beobachten. Aufmerksam folgte er der Handbewegung mit den Augen und folgte ihr einmal komplett um den sich drehenden Menschen herum, ohne mehr Abstand aufzubauen. Er konnte den Herschlag des Blauhaarigen vor sich hören und ein leises Brummeln, dass wohl am ehesten einem Lachen gleichkam, verließ seine Kehle. Ein Beutetier, das versuchte sich zu behaupten und seine Angst zu verstecken…wie niedlich. Spielerisch schnappte er  ach der Hand, aber seine Zähne krachten knapp vor den ausgestreckten Fingern zusammen. Amüsiert beobachtete er, wie der Mensch einen Aufschrei unterdrückte und die Hand zurückzog, ihn nur noch wie paralysiert abstarrte.
Widerwillig grummelte Mexi, ging einen Schritt zurück und plusterte die Federn auf. Das lief so ar nicht, wie er es wollte! Er hatte sich jetzt in den Kopf gesetzt, dass man mit ihm spielte und wo er im ersten Moment noch wütend war, verstand er dann, dass er dem Menschen wohl zu sehr Angst gemacht hatte.
Als ging er einen Schritt zurück, rannte um ihn herum und sprang, plustere die Federn dabei noch mehr auf und sah ihn dann erwartungsvoll an.

Basti beobachtete das Schauspiel ungläubig, nicht wissend, was der Deinonychus von ihm wollen konnte, aber er streckte die Hand dennoch erneut aus und ein weiteres mal drehten sie sich im Kreis.
Dann erschütterte ein lauter Knall den Wald, eine Kugel krachte dicht neben dem Deinonychus in altes Holz und das Raubtier rannte sofort verschreckt davon.
"Junge! Ist alles in Ordnung?! Komm sofort da weg!", brüllte ein Mann ihn an, zerrte ihn Richtung Ausgang des Waldes, aber Basti war so überfordert, dass er der Kreatur wortlos hinterherstarrte.
"Hat er dich gebissen?!"
"Was? Nein. Er hat…mit mir gespielt", murmelte er zurück, löste sich aus dem festen Griff und ließ den Mann dann einfach stehen.


Mexi:
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