Er drehte den dunkelblauen Saphir wie jeden Abend in seinen Händen, während auf die hohen Wellen starrte, die an den scharfkantigen Steinen im flachen Wasser brachen. Wie jeden Abend veobachtete er den Sonnenuntergang, sah in der Ferne vereinzelte Segelschiffe am Horizint dahintreiben und hölzerne Fischerbote mühsam zwischen den Felsen durchnavigieren, bis sie das sichere Ufer erreichten und ihren Fang von Deck brachten.
Er zog den dicken Umhang aus feinstem Silberfuchsfell enger, um sich gegen die eisige Winterkälte zu schützen, als er sich bewegte, knirschte der Schnee unter seinem Gewicht. An seiner Seite baumelte ein eisernes Schwert mit dem Emblem des Königs, das ihn als Mitglied der Armee auszeichnete. Ein paar silbrige Narben zogen sich über seine Hände, erinnerten ihn an die Kämpfe, die er schon bestritten hatte.Er löste den Blick vom Meer und der Abendsonne, betrachtete den Edelstein in seiner Hand und seufzte leise. Seit mehreren Wochen verbrachte er jeden Abend damit, aufs endlose Wasser hinauszustarren und kehrte jede Nacht allein in die steinernen Kasernengemäuer zurück. Wie oft hatte er in den letzten Jahren schon hier gestanden und wie oft war es Basti gewesen, der die Dämmerung an seiner Stelle hier gestanden und auf seine Rückkehr gewartet hatte?
Seit ihr König beschlossen hatte, man sollte mehr Bewegung in die Armee bringen und ständig die Regimente gewechselt wurden und auf ihren langen Wegen die Grenzsicherung gleich mit übernahmen, kamen sie viel seltener dazu, zusammen in einen Kampf zu ziehen und gemeinsam wieder in das kleine Fischerdorf unweit der Hautpstadt und des Palastes zurückzukommen.
So war es für sie beide etwas besonderes geworden, einander mehr als ein paar Tage am Stück zu sehen, doch nichteinmal die ständige Sorge, wochenlanges Bangen und Hoffen und die dauerhafte Angst, der jeweils andere käme nicht zurück, brachte sie auseinander.Viele Seemeilen entfernt fiel scheppernd eine Rüstung auf hölzernen Boden. Der Wind rauschte und die Wellen tobten, aber Basti ließ sich davon nicht stören. Bedächtig glitten seine Finger die eiserne Klinge entlang, dann griff er ein Tuch und begann, das Blut von seinem Schwert zu wischen.
Immer wieder glitt sein Blick zu dem dunklen, violett glänzenden Stein, den er wie einen kostbaren Schatz auf einem seidenen Tuch trapiert hatte.
Jeder auf dem Schiff wusste, was er ihm bedeutete und so hatte sein Kapitän ihn auch nicht davon abgehalten, das Schlachtfeld danach abzusuchen, bevor sie zurücksegelten.
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine schmalen rauen Lippen. Bald würden sie in der Ferne Land sehen und er wusste, dass sein Geliebter auf ihn wartete.
Drei lange Wochen hatte es gedauert, bis sie das Festland erreicht hatten, auf dem sie ihre Truppen unterstützen sollten, einen ganzen monat hatte er in harten Kämpfen ums Überleben seine Kameraden sterben sehen und jede einzelne Sekunde ohne Veni hatte sich unendlich lang angefühlt. Es kam ihm vor, als wäre er nicht dieses Jahr im Herbst abgereist, sondern als sei er ein ganzes Jahrzehnt ziellos umhergeirrt, wohl wissend, was ihm fehlte, aber ohne jede Chance zurückzukehren, bevor die Zeit vorbeigegangen war.
Sein Stein war das einzige, was ihn noch mit Veni verband abseits seiner unzähligen Gedanken, die seinen Geist wie steigendes Flutwasser füllten.Als er die Reinigung seiner Waffe beendet hatte, erhob er sich schwerfällig, um den kleinen, muffigen Raum, der widerlich nach Metall stank, zu verlassen. Das Seidentuch, in den sein ganz persönlicher, kostbarer Schatz eingebettte war, ließ er in die tiefen Taschen seiner warmen, kratzigen Wollhose gleiten.
"Land! Land in Sicht!", gröhlte eine tiefe, kehlige Stimme durch die hölzernen Dielen des obersten Decks zu ihm durch, sodass er ohne achzudenken aufsprang und die instabile Treppe nach oben stürmte.
Über ihm glitzerten die Sterne, er spürte die Wärme des Steins, den er fest umklammert hielt, die eisige Kälte der Nacht um ihn herum und das Gefühl ufassbarer Erleichterung, aber auch Aufregung und Vorfreude.
Am Horizont glitzerten Steilklippen im Licht des fahlen Wintermondes und je näher sie kamen, desto bekannter wurden ihm die scharfkantigen Silhouetten.
In wenigen Studen - spätestens zu Sonnenaufgang - würden sie auf die kleinen Beibptte steigen und die letzten Meter zur Küste auf diese Weise zurücklegen, damit ihr riesiges Schiff nicht zwischen den Felsriffen zerschellte.
Basti hatte nichteinmal bemerkt, wie er - den Stein unruhig zwischen seinen Fingern drehend - bis zur Gallionsfigur nach vorn gegangen war und hätte ihn das Brausen der Wellen, welche unaufhörlich gegen den Schiffsbug hämmerten, nicht in die Realität zurückgeholt, wäre er vermutlich auf den filigran geschnitzten Kopf einer hölzernen Kuh gestiegen.Die peitschenden Winde verursachten eine Gänsehaut auf seinem ganzen Körper, doch er weigerte sich, seinen Posten zu verlassen. Hohe, graue Wolkentürme verdeckten den Mond, nur die Öllaternen, die im Wind schaukelten und dabei uneimlich quietschten und knarzten, tauchten das Schiff in schwachen Feuerschein.
"Wie lange noch"?, wollte er wissen, obwohl er selbst wusste, dass es mindestens noch 3 Stunden dauerte und der Wellengang ihren Weg erschwerte.
"Bis Sonnenaufgang", erwiderte ihr Kapitän und musterte ihn abschätzig. Basti ignorierte den tadelnden Blick des älteren stämmigen Mannes, mit dem er schon viele Male gesegelt war. Diesmal sah der Kapitän davon ab, Basti nach drinnen zu schicken, denn er wusste, dass es sowieso keinen Sinn hatte und dass der junge Soldat bei der erstbesten Gelegenheit aus den Kajüten verschwand, um vom Krähennest aus in die Richtung der nun in Dunkelheit gehüllten Felsklippen zu starren, bis sie anlegten und Basti als erster in eines der Ruderbotte sprang und zum Festland übersetzte.Die nächsten Stunden vergingen wie in Zeitlupe, ohne dass Basti sich rührte. Es war zu einer Art Ritual geworden, dass er hier stand, sobald die Küse in Sicht kam und mit jeder zurückgelegten Meile wuchs die Sehnsucht in seinem Herzen.
"Lasst den Anker runter! Die Beiboote ins Wasser!", befahl der Kapitän, die gesamte Mannschaft setzte sich augenblicklich in Bewegung, jeder einzelne froh wieder zu Hause zu sein.
Er hörte das Platschen des Wassers, als zwei kräftige Männer den Anker nach unten ließen, während die anderen die Segel einholten. Basti folgte ihrem Kartographen - einem älteren Herrn mit ergrautem Haar und kurzem Bart, der nicht viel sprach und immer so aussah, als würde er schwer überlegen - zu einem der Beiboote, ließ es ins Wasser und wartete ungeduldig, bis dieser über die Reling in das wacklige Holzgerüst gestiegen war, bevor er selbst wesentlich eleganter hinabfolgte und das Ruder ergriff.Trotz seiner Erschöpfung und der Kälte, die während der Nacht durch seinen dicken Mantel gerkochen war, begann er sofort damit, das Boot
Richtung Ufer zu rudern. Drei weitere Soldaten und der Kartograph saßen ebenalls bei ihm und während der alte Mann dafür sorgte, dass sie alle gefährlichen Stellen umschifften, halfen die anderen beim Rudern.
Sie sprachen kein Wort, lauschten nur den gelegentlichen Anweisungen des Kartographen und ruderten, dass ihnen der Schweiß von der Stirn tropfte. Oben an den Steilklippen standen unzählige Menschen, Freunde und Familien der Soldaten, die gekommem waren, um sie zu begrüßen und als sie endlich anlegten und er das Ruder ins Boot legen konnte, glitten seine Finger in seine Tasche und schlossen sich um den Edelstein.Ungeachtet der fröhlich jauchzenden Massen und den eiskalten Flocken, die auf ihn herabrieselten schritt er zielstrebig einen schmalen, vereisten Weg die Steilklippen nach oben.
Kaum hatte er die letzte Stufe genommen wurde er in kräftige Arme geschlossen und drückte sich in den weichen, dunklen Mantel seines Gegenübers. Einen Moment lang atmete er den wohligen Duft seines Gegenübers ein, bevor er den Kopf hob und Veni in die dunklen Augen sah.
"Ich habe dich vermisst", murmelte er leise, obwohl er wusste, dass es Veni genauso ergangen war und obwohl es bei Weitem nicht das erste mal gewesen war, dass sie so lange voneinander getrennt gewesen waren.
"Wie lange?"
"9 Wochen." Veni lächelte leicht und drückte Basti kurz seine Lippen auf. "Lass uns reingehen."
Basti folgte ihm in die hölzerne, gut beheizte Hütte, legte den Mantel ab und nahm das kleine Seidentuch samt Edelstein heraus, bevor er es über dem Kamin ablegte, direkt neben einen strahlend blauen Saphir, den Veni dort platziert hatte.
Er brauchte den Stein jetzt nicht mehr, zumindest nicht, solange sein kostbarer Schatz wieder bei ihm war!Der OS entstand durch einen Deal mit Summertime1412 und es werden auch noch 2 weitere OS kommen, die aus solchen Deals entstanden sind. Als Gegenleistung muss sie die ersten Kapitel ihrer neuen Fanfiction hochladen (ich arbeite noch dran, mehr Deals zu bekommen xD)
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Youtube OS 240er Projekt
Fanfiction240 Oneshots zu verschiedensten Stichworten und verschiedensten Youtubern. Dieses Projekt bestreite ich gemeinsam mit @lonavy und @Summertime1412! Wir werden jeden zweiten Tag einen OS hochladen. Die Liste der Stichworte finden ihr im ersten Kapite...